Wohnungsbau am Stöckach in Stuttgart – doch solche Bilder werden seltener. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Die Krise im Wohnungsbau schlägt sich in Stuttgart auch in einer steigenden Zahl unverkäuflicher Objekte nieder. Doch profitieren davon auch Mieter?

Der Immobilienmarkt in Stuttgart bricht noch stärker ein als in Baden-Württemberg insgesamt. Schon das zweite Jahr in Folge ist absehbar, dass sich die Zahl der gebauten Wohnungen fast halbiert. Dies besagt die aktuelle Studie des Marktforschungsinstituts des Immobilienverbandes Deutschland (IVD) Süd. Dennoch sind wegen der Zurückhaltung der Käufer die Preise zurückgegangen - sowohl für Grundstücke als auch für Häuser und Eigentumswohnungen. Nur Mieter haben von dem Trend bisher nichts. Ihre Kosten steigen in der Stadt weiter ungefähr im Trend vergangener Jahre.

Das zweite Jahr in Folge schlechte Zahlen

Nach einem schon schlechten Jahr 2022, in dem die fertiggestellten Wohnungen um 41,3 Prozent zurückgegangen sind, sieht es in diesem Jahr in Stuttgart nicht besser aus. Wenn man die Zahl der Baugenehmigungen zum Maßstab nimmt, liegen  diese 2023 mit minus 42,7 Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 2022 weiterhin in diesem Negativtrend. Zum Vergleich: In Baden-Württemberg lag das Minus bei den Baugenehmigungen im selben Zeitraum bei etwa einem Viertel. Der entscheidende Auslöser sei die „wilde Zinswende“, wie es Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts, nennt. Zudem gebe es die Verunsicherung durch hohe Energiekosten und den energetischen Sanierungsbedarf.

Die einzige positive Nachricht: Der Trend nach unten hat sich jüngst nicht weiter beschleunigt, sondern es gibt Anzeichen einer gewissen Stabilisierung: „Nach einem wilden Abknicken der Kurven im Jahr 2022 hört man nun wieder Atemgeräusche.“

Preise kommen ins Rutschen

Die Preiskorrektur beim Wohnungseigentum ist unterdessen in Stuttgart in vollem Gange. „Der Markt hat sich von einem Verkäufer- zu einem Käufermarkt gedreht“, sagt Kippes.Seit dem Herbst 2022 gehen die Preise sowohl bei Eigentumswohnungen als auch bei Häusern deutlich zurück – und dieser Rückgang betrifft inzwischen alle Marktsegmente. Auch Grundstücke in der Stadt werden inzwischen deutlich billiger. Allein zwischen Frühjahr dieses Jahres und Herbst sanken die Preise für Eigentumswohnungen und Häuser im Durchschnitt um etwa fünf Prozent. Bei Baugrundstücken gab es vor allem im Herbst 2022 und im Frühjahr 2023 Rückgänge von jeweils etwa zehn Prozent. Seitdem hat sich der Trend abgeflacht.

Käufer warten ab

Das Ganze findet auf einem Markt statt, der von einem großen Abwarten auf allen Seiten gekennzeichnet ist. Auch die Zahl der Immobilien, die zurzeit angeboten werden, aber trotz zurückgegangener Preis unverkauft bleiben, ist deutlich gestiegen. Im ersten Halbjahr 2023 standen beispielsweise zwei Drittel mehr Häuser in Stuttgart zum Verkauf als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. „Preislich fanden Verkäufer und Käufer noch nicht zusammen“, heißt es in der Untersuchung. Ein neues Marktgleichgewicht auf niedrigerem Preisniveau glaubt IVD-Experte Kippes noch nicht in Sicht. „Es kann sein, dass wir ein Plateau erreicht haben. Wieder anziehende Preise sehe ich jedenfalls in absehbarer Zeit nicht.“

Mietsteigerung im langfristigen Trend

Für Mieter gibt es allerdings keine so guten Nachrichten. Die Mieten setzen in Stuttgart ihren langjährigen Aufwärtstrend fort, zuletzt gingen die Steigerungen sogar wieder nach oben. Stephan Kippes relativiert dies allerdings: „Die Zuwächse bei den Mieten liegen immer noch unterhalb der Inflationsrate“, sagt er. Die Mieten seien in den Boomjahren mit absoluten Niedrigzinsen zwischen etwa 2019 und 2022 in Stuttgart auch nicht so deutlich gestiegen wie die Preise rund um das Wohneigentum. Allerdings dürfte angesichts der schrumpfenden Bautätigkeit der Druck in diesem Bereich wachsen. Wer zurzeit nicht kaufen kann, der sucht nämlich verstärkt eine Mietwohnung.