Die Immobilienfinanzierung sollte sicher aufgestellt werden. Denn bis der Kredit getilgt ist, dauert es lange. Foto: picture alliance/dpa-tmn/Christin Klose

Vor dem Kauf einer Immobilie ist ein ehrlicher Kassensturz nötig. Dabei zählen neben dem Nettoeinkommen auch fortlaufende Ersparnisse und Eigenkapital. Wie man seine Kreditsumme ermittelt.

Stuttgart - Angesichts steigender Mieten denkt sich so mancher, dass er das Geld lieber in ein Eigenheim investieren könnte. Das wäre gleichzeitig eine gute Altersvorsorge. Vor der Suche nach dem Traumhaus sollten aber unbedingt die finanziellen Möglichkeiten ausgelotet werden. Reicht das Geld, um einen Baukredit zu finanzieren? Wie lässt sich ermitteln, welche Kreditsumme mit den eigenen Einkünften und Ersparnissen finanzierbar ist?

„Die bisherige Miete ist ein wichtiger Bestandteil der Finanzierung, wird aber allein nicht reichen“, meint Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Oft wird die Warmmiete als Maßstab genommen. Verfügbar ist aber eigentlich nur die deutlich geringere Kaltmiete. Der Grund: Betriebskosten, die in der Warmmiete enthalten sind, fallen ja auch im neuen Haus an.

Klare Kostenaufstellung bringt Klarheit

Der erste Schritt, um die eigene monatliche Liquidität zu ermitteln, ist die Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben. Auf der einen Seite stehen das Nettoeinkommen, eventuelle Kapitalerträge und sonstige Einnahmen wie Kindergeld. Auf der Ausgabenseite stehen die Lebenshaltungskosten plus Aufwendungen für Versicherungen, Rücklagen für Anschaffungen oder Urlaub. „Einnahmen minus Ausgaben – das ergibt die monatliche Liquidität“, erklärt Nauhauser.

Es gibt Faustformeln, wonach die Kreditrate nicht mehr als zum Beispiel 30 oder 40 Prozent des Nettoeinkommens ausmachen sollte. Doch von solchen Faustformeln hält der Verbraucherschützer nicht viel. Die Konsumgewohnheiten seien eben sehr unterschiedlich, entsprechend muss die Rate individuell festgelegt werden.

Max Herbst von der FMH Finanzberatung rät, rund 35 Prozent des monatlichen Nettoeinkommens der Familie für die Finanzierung einzuplanen. „Und zwar sollte ausschließlich das Nettoeinkommen, nicht aber das verfügbare Einkommen genommen werden. Gerechnet wird also ohne Kindergeld, Überstunden und 13. Monatsgehalt.“

Ein wichtiger Baustein für eine Immobilienfinanzierung ist der monatliche Überschuss. Um die mögliche Höhe ihrer Kreditrate herauszubekommen, sollte man sich ansehen, was man fortlaufend gespart hat. „Der Betrag, der am Jahresende effektiv übrig ist plus die Kaltmiete, liefert rechnerisch einen Anhaltspunkt für die Höhe der maximal möglichen Kreditrate pro Jahr“, so Nauhauser. Die Banken schauen schon auch danach, wie viel der Kunde monatlich spart, weiß Max Herbst. „Hat der Kunde in den letzten drei Jahren regelmäßig monatlich 500 Euro auf die hohe Kante gelegt, betrachten sie das durchaus als Beitrag zu einer sicheren Ratenfinanzierung.“

Aber Sparen allein genügt nicht. Ohne Eigenkapital ist die Anschaffung einer Immobilie heute kaum noch möglich. Wer eine größere Summe in die Immobilienfinanzierung einbringt, muss weniger Kredit aufnehmen. Also sollten alle Erbschaften, Schenkungen und anderen Einnahmen berücksichtigt werden. „Wenigstens die Kaufnebenkosten sollten damit abgedeckt werden“, sagt Max Herbst. Da sich eine Immobilienfinanzierung über viele Jahre hinzieht, ist es wichtig, nicht nur die aktuelle Liquidität zu kennen, sondern auch die künftigen finanziellen Verhältnisse als Eigentümer abzuschätzen, meint Niels Nauhauser.

Dabei sind folgende Fragen wichtig: Welche zusätzlichen Ausgaben entstehen? Wie hoch ist das Hausgeld? Wie viel Geld brauche ich für Versicherungen, Steuern und Rücklagen für Reparaturen? Werden Nebenkosten für Strom und Heizung in der Immobilie höher sein als bisher? Ändern sich die Kosten für die Anfahrt zur Arbeitsstätte?

Es ist sinnvoll, möglichst schnell zu tilgen, gerade jetzt, wo die Zinsen noch niedrig sind, so die Stiftung Warentest. Kredite mit sehr geringen monatlichen Raten haben oft lange Laufzeiten. In solchen Zeiträumen steigt das Risiko, dass die Zinsen steigen.

Eine höhere Tilgung lohnt sich

Wer heute insgesamt etwa vier Prozent an Zinsen und Tilgung einplant, braucht sich auch in Zukunft kaum Sorgen zu machen, dass höhere Zinsen den Finanzierungsplan vollständig durchkreuzen, meint Herbst. Vorausgesetzt, der Tilgungsanteil ist von Anfang an groß, zum Beispiel 2,5 Prozent neben 1,5 Prozent Zinsen. Dann werden die Schulden vom ersten Tag an weniger.

Endet dann nach 15 Jahren die Zinsbindung, und der Zinssatz steigt, muss nur die Restsumme, etwa 60 Prozent des Ursprungsdarlehens bei diesem Beispiel, mit dem höheren Zinssatz finanziert werden. Auch dann sollte aber die Tilgung möglichst hoch sein, damit der Kredit nicht zu lange läuft.

Wird nur wenig getilgt, baut sich der Schuldenberg nur langsam ab. „Wer mit der früher üblichen Ein-Prozent-Tilgung kalkulieren wollte, müsste eine Finanzierungszeit von etwa 65 bis 70 Jahre einplanen.“

Wichtig ist, Flexibilität einzuplanen, rät die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Schließlich können sich die Lebensverhältnisse ändern, etwa, wenn Kinder kommen. „Die Finanzierung sollte sich nach dem Leben richten und nicht das Leben nach der Finanzierung“, betont auch Herbst. Lieber zeitweise etwas weniger tilgen, aber dafür die Ausbildung der Kinder verbessern, ist sein Rat. „Die Tilgungsraten lassen sich bei den meisten Banken und Versicherungen öfters anpassen.“