In Altbach war es am vergangenen Freitag zu der Handgranaten-Attacke gekommen. (Archivbild) Foto: 7aktuell.de/Kevin Lermer/7aktuell.de | Kevin Lermer

Drei junge Männer hat die Polizei am Mittwochmorgen bei einer Razzia in Ludwigsburg festgenommen. Die Hintergründe sind verwirrend, aber klar ist – die Aktion steht im Zusammenhang mit dem Handgranatenangriff auf einem Friedhof in Altbach.

Die Polizei hat am Mittwoch in Ludwigsburg im Zusammenhang mit dem Angriff auf eine Trauergemeinde am vergangenen Freitagmittag in Altbach mehrere Personen festgenommen – und inzwischen weitere Details zu den Verdächtigen genannt. Nach Angaben des Landeskriminalamts handelt es sich um drei Männer im Alter von 19, 20 und 21 Jahren. Sie waren Gäste der Beerdigung am Freitag und sollen den Angreifer verfolgt und so schwer verprügelt haben, dass er ins Krankenhaus musste.

Am vergangenen Freitag hatte mutmaßlich ein 23 Jahre alter Iraner eine Handgranate aus jugoslawischer Produktion auf die Besucher der Beerdigung in Altbach geworfen. Zehn Trauernde wurden dabei verletzt, einer davon schwer – und die Folgen hätten wohl noch weit gravierender sein können. Denn die Granate war an den Ast eines Baumes geprallt und von dort abgefedert. Nur dadurch wurde nach Einschätzung von Ermittlern ein Blutbad unter den mehreren Hundert Besuchern der Beerdigung verhindert. In einem Umkreis von 12 bis 18 Metern wirkt eine Explosion der M75-Granate tödlich, in einem Umkreis bis zu 54 Meter verletzt und verstümmelt sie Opfer.

Die Hintergründe des Angriffs auf die Trauergäste sind weiterhin unklar. Beerdigt wurde in Altbach ein 20-jähriger Mann mit kenianischen Wurzeln, der am 3. Juni nachts in der Nähe des Altbacher Bahnhofs ums Leben gekommen war. Zur Finanzierung seines Begräbnisses waren auf sozialen Medien Spendenaufrufe erfolgt. Ebenso wurde Freunde und Bekannte des Mannes eingeladen, an der Trauerfeier auf dem Friedhof des etwa 6500 Einwohner großen Städtchens teilzunehmen. Ermittlern des Polizeipräsidiums Reutlingen war zuvor bereits aufgefallen, dass dem Aufruf vor allem über die Plattform Tiktok Personen folgen würden, die sie der organisierten Kriminalität im Raum Ludwigsburg zuordnen.

Das Motiv des Iraners für den Granatenangriff ist ebenfalls noch unbekannt

Nach der Explosion verfolgten etwa 50 Besucher der Trauerfeier den Beschuldigten, stellten und schlugen ihn. Schon zu Boden gegangen malträtierten sie den Verdächtigen weiter. Er wurde zunächst mit dem Rettungshubschrauber schwer verletzt in eine Klinik geflogen, später wurde Haftbefehl gegen den Mann erlassen. Am Mittwochmorgen dann durchsuchte ein großes Aufgebot aus Spezialkräften und spezialisierten Kräften des Polizeipräsidiums Einsatz sowie Kriminalpolizisten mehrere Häuser und Wohnungen im Raum Ludwigsburg. Die bei der Razzia festgenommenen Männer sollen den mutmaßlichen Handgranatenwerfer geschlagen haben.

Das Motiv des Iraners für den Granatenangriff ist ebenfalls noch unbekannt. Es drängt sich jedoch der Verdacht auf, dass die Tat im Zusammenhang mit einer Serie von Schüssen im Großraum Stuttgart in den vergangenen Monaten steht – und in diese Richtung könnte auch die Tatwaffe deuten. Zum Ende des ersten Jahrzehnts der 2000er-Jahre war eine Schiffsladung der im früheren Jugoslawien hergestellten Handgranaten M75 und des baugleichen Typs M93A nach Skandinavien gelangt. Der Sprengkörper ist seitdem europaweit bei Banden und Clans beliebt, die damit gewaltsam Konflikte austragen. Könnte der Altbacher Handgranatenwurf einer solchen Gruppe zugeordnet werden, wäre dies gleichbedeutend mit einer ganz neuen Dimension der Clankriminalität in Baden-Württemberg. Bislang konnten Ermittler keine Auseinandersetzungen zwischen Clans im Südwesten nachweisen.

Sie haben suizidale Gedanken? Hilfe bietet die Telefonseelsorge. Sie ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr unter 0 800 / 111 0 111 und 0 800 / 111 0 222 und unter https://ts-im-internet.de/