Viele Leute sind dazu bereit eine Weile zu fasten und etwa auf Alkohol zu verzichten. Frischer Minztee kann eine Alternative sein. Foto: dpa/Christin Klose

Manche verzichten auf Alkohol, andere auf Zucker oder Süßigkeiten. Die Fastenzeit ist auch für junge und alte Menschen in Stuttgart eine Zeit, in der sie ihren Konsum regulieren. Wir haben dazu eine Umfrage gemacht.

Auch in Stuttgart üben sich Menschen in der Fastenzeit in Verzicht und nutzen die Zeit, um sich neu zu justieren. Dabei sehen einige darin auch eine spirituelle Disziplin und nicht nur die Möglichkeit, mal weniger zu essen oder abzunehmen.

Anika Bank (31): Ich habe mit dem Fasten vor fünf Jahren angefangen und mache es seit dem fast jedes Jahr bis Ostern. In normalen Zeiten esse ich gerne viele Süßigkeiten und auch mal zwei Tafeln Schokolade am Tag. Daher verzichte ich vollständig auf Süßigkeiten. Manchmal fühlt sich der Zuckerkonsum für mich an wie eine Sucht und der komplette Verzicht zeigt mir, dass ich die Süßigkeiten eigentlich gar nicht brauche. Ich nehme das Fasten dann sehr ernst, auch wenn es in meinen Geburtstag oder den Urlaub fällt. Insbesondere die erste Woche ist immer besonders hart. Meine Freunde sind immer ein Unterstützung für mich. Ich hatte schon Geburtstagsfeiern, in denen mir Freunde eine Kerze in ein Laugenbrötchen oder eine Karotte gesteckt haben. Oder sie essen Süßes neben mir und entschuldigen sich dafür. Am Ende der Fastenzeit belohne ich mich dann gerne mit einer ungewöhnlichen Kost. Einmal habe ich mir beispielsweise eine neue Eis-Sorte mit Kokos gegönnt und als ich es gegessen habe, fand ich den Geschmack extrem intensiv und gar nicht wie ich es vor der Fastenzeit gewohnt war.

Michael Berger (68):Wenn die Fastenzeit beginnt, verzichte ich auf jede feste Nahrung. Ich ernähre mich dann nur von Gemüsebrühe, Molke, Buttermilch und Tee. Der Startschuss ist, wenn die letzten Reste im Kühlschrank verbraucht sind und wir praktisch kaum noch Lebensmittel im Haus haben. Die Fastenzeit ist für mich auch immer eine Gelegenheit, Dinge im Leben neu zu bewerten und alles auf Null zu setzen. Meine Familie ist katholisch und ich habe das damals bei meiner Mutter beobachtet, wie sie in der Fastenzeit nicht geraucht hat oder auf Fleisch verzichtet hat und ich habe das für mich so übernommen. Das Schöne ist immer, wenn sich das dann anfühlt wie bei den Langstreckenläufern, dass der Körper anfängt, Endorphine freizusetzen und man ist eigentlich ständig gut gelaunt. Ich habe dann auch mehr Zeit, wenn ich die Mahlzeiten am Tag auslasse. Nach der Fastenzeit mache ich dann meistens weiter mit Intervallfasten, wo ich auch nur zu bestimmten Uhrzeiten wirklich esse.

Selam Habtemariam (29): Ich bin zum Fasten über meine Mutter gekommen. Als Kind habe ich beobachtet, wie sie insbesondere vor Ostern auf Fisch, Fleisch und andere tierische Produkte verzichtet hat und seit ich 14 Jahre alt bin, mache ich das auch. Meine Familie ist Eritreisch-Orthodox und für uns hat auch immer die religiöse Bedeutung eine Rolle gespielt. Die Idee ist, dass wir irgendwann ohne jeglichen Besitz ins Paradies gehen werden und das Verzichten erinnert uns daran. Dass wir in der Fastenzeit weitestgehend vegan leben, ist heute für andere leichter zu verstehen. Die tiefere Bedeutung für uns ist jedoch nicht immer leicht, anderen Verständlich zu machen. Manchmal bemerken meine Mitmenschen nicht, dass ich für eine gewisse Zeit auf etwas verzichte. Das ist auch in Ordnung, aber ich bin stolz darauf. Das Fasten ist bei uns etwas wichtiges und findet mehrmals im Jahr statt. Wir haben Familienmitglieder, die jeden Mittwoch und Freitag fasten. Andere achten darauf, in der Zeit keine Schimpfwörter zu benutzen. Es geht dann immer auch darum, ein bewusstes Leben zu führen und bewusste Entscheidungen zu treffen. Insbesondere am Ende der Fastenzeit gehen wir dann auch gerne gemeinsam in die Kirche.

Sebastian Ruckaberle (32): Mit Beginn der Fastenzeit habe ich vor, 30 Tage lang auf Kohlenhydrate zu verzichten. Ich sehe das in erster Linie als Challenge, um herauszufinden, ob ich das überhaupt schaffen kann. In zweiter Linie will ich wissen, wie viele Kohlenhydrate mein Körper überhaupt braucht. Meine Motivation ist nicht religiöser Natur. Ich habe aber auch von anderen gehört, dass sie nach der Fastnacht beispielsweise auf Alkohol verzichten wollen und bin dadurch selbst auf die Idee gekommen, etwas Ähnliches auszuprobieren. Auf Zucker zu verzichten wird mir dabei weniger schwer fallen, aber ich esse gerne Pasta. Das werde ich schon eher merken. Ich hoffe, dass ich mich danach in meinem Körper wohler fühle und vielleicht nehme ich auch ein wenig ab. Das ist aber nicht meine Hauptmotivation. Mir geht es eher darum, mir anzugewöhnen, mich ausgewogener zu ernähren.

Schwester Nicola Maria Schmitt (61): Die Fastenzeit hat nicht immer etwas mit dem Verzicht Nahrung zu tun. Ich habe für mich beschlossen, dieses Jahr in der Zeit mehr in Resonanz zu gehen, also bewusster auf mein Gegenüber zu schauen und aufmerksamer zuzuhören, bevor ich mir meine Meinung bilde und mich auf diese Weise bewusster mit mir selbst und auch mit Gott auseinanderzusetzen. Als Schwester lebe ich in einer Gemeinschaft nach dem Grundsatz: Armut, Gehorsam und Ehelosigkeit. Das bedeutet, dass wir uns dazu entschieden haben, das ganze Jahr über mit wenig auszukommen. An Aschermittwoch und Karfreitag gibt es dann noch mal spezielle Kost, bei der wir auch auf Fleisch verzichten. Aber der Verzicht auf Essen findet bei uns immer statt.

Melanie Maier (35): Ich bin erstmals im Jahr 2008 auf die Idee gekommen, Alkohol, Kaffe, Süßigkeiten, Fisch und Fleisch sowie Fast Food zu fasten. Damals bin ich über fünf Monate durch Lateinamerika gereist und habe dort Lebensrealitäten kennengelernt, die wenig mit der zu tun hatten, die ich aus Deutschland gewohnt war. Das jährliche Fasten erinnert mich daran, dass es auf der Welt nicht immer selbstverständlich ist, im Überfluss zu leben und unbegrenzten Zugang zu Lebensmitteln zu haben. Es ändert meine Perspektive. Ich habe zwar keinerlei religiöse Motivation, aber ich nutze gerne die christliche Fastenzeit zum Verzichten, weil es dadurch auch manchmal einfacher ist, meinen Mitmenschen meine Motivation zu erklären. Irgendwann habe ich dann zusätzlich mit dem Heilfasten angefangen, wobei ich mich über mehrere Tage nur von Säften und Gemüsebrühe ernähre. Ich fand es interessant zu erkennen, dass man weniger Essen braucht, als man denkt. Ich glaube auch, dass die gesundheitlichen Vorteile des Fastens nach wie vor unterschätzt werden.