Die Beifahrerin sorgt für Herausforderungen im Straßenverkehr. Noch schwieriger wird die Fahrt mit Promille-Brille. Foto: Ines Rudel

Beim Fahrtraining der Johanniter können Jugendliche im Kreis Esslingen auch ohne Führerschein am Simulator gefährliche Situation hinter dem Steuer trainieren – sogar Trunkenheitsfahrten.

Eine Schülerin der achten Klasse der Esslinger Zollberg Realschule überfuhr vergangene Woche in Plochingen mit dem Auto einen Hund, bog kurz danach falsch ab und fuhr daraufhin über eine rote Ampel. Sie war abgelenkt, da sie mit der Beantwortung einer Kurznachricht beschäftigt war. Eine Polizeistreife war zufällig hinter ihr und stoppte die Fahrt. Bei der anschließenden Kontrolle stellte sich heraus, dass sie betrunken war und unter Drogeneinfluss stand. Eine gültige Fahrerlaubnis konnte die Minderjährige auch nicht vorweisen. Die einzige Konsequenz, die sie erwartete: Sie hatte etwas gelernt.

Die Schülerin nahm mit ihrer Klasse am UPS-Road-Code-Workshop der Johanniter teil, der vergangenen Donnerstag im GARP-Bildungszentrum in Plochingen stattfand. Dabei handelt es sich um ein virtuelles Fahrsimulationstraining, das die zukünftigen Autofahrer für die Gefahren im Straßenverkehr sensibilisieren soll.

Gefährliche Ablenkungen durch Smartphones

Laut einer Bilanz der Polizei Reutlingen gab es im vergangenen Jahr 933 Verkehrsunfälle im Kreis Esslingen, an denen junge Erwachsene beteiligt waren. Das sind mehr als sieben Prozent aller Verkehrsunfälle im Kreis. Ablenkungen durch Smartphones oder Freunde und mangelnde Fahrpraxis sind oft die Unfallursache. Eine repräsentative Umfrage der Bundesarbeitsgemeinschaft „Mehr Sicherheit für Kinder“ ergab, dass 44 Prozent der befragten Jugendlichen durch das Lesen von Chats oder durch lautes Musikhören schon einmal einen Beinahe-Unfall erlebt haben. Diesem Verhalten will der Workshop vorbeugen. Das Seminar und das Simulationsprogramm stammen aus den USA. Seit 2017 bieten die Johanniter die Schulungen auch im Kreis Esslingen an.

Zwei Bildschirme stehen im Klassenzimmer. Daran angeschlossen sind Lenkräder. Unter dem Pult befinden sich Gas- und Bremspedal. Der Beifahrer hat Zugriff auf ein Touchpad, auf dem Radiosender und Navigation eingestellt werden können. Auf Knopfdruck queren Fußgänger oder Tiere unerwartet die Fahrbahn. Wird man in der virtuellen Welt von der Polizei angehalten, erscheint eine Videosequenz. Eine Frau redet dem vermeintlichen Verkehrssünder auf eindrucksvoll theatralische Weise in das Gewissen: „Du hast dich betrunken hinter das Steuer gesetzt. Es erwartet dich eine Gerichtsverhandlung. Deine Eltern sind enttäuscht von dir.“

Neben Praxis wird auch Theorie vermittelt

Ünal Keresteci, ein Ausbilder bei den Johannitern, leitet das Seminar und erklärt: „Mit dem Programm können Regen-, Nacht und Schneefahrten simuliert werden. Zwischen den praktischen Teilen am Simulator schieben wir immer wieder Theorieteile – ähnlich wie in der Fahrschule.“ Diese seien natürlich weniger beliebt als die Testfahrten am Computer, aber notwendig. „Wir wollen die Jugendlichen zu defensiven Fahrern und Mitfahrern machen. Es geht darum, ihnen praktisch aufzuzeigen, welche Gefahren es gibt und welche Auswirkungen Ablenkungen auf die Sicherheit haben können.“

Unterteilt in acht Gefahrenquellen wie mangelnde Fahrerfahrung und rücksichtsloses Fahren, werde das Besprochene durch die Simulation erlebbar gemacht. Durch den Einsatz einer Promille-Brille könne selbst eine Alkoholfahrt im sicheren Umfeld des Klassenzimmers ausprobiert werden.