Die EU will die E-Mobilität vorantreiben. Doch es hakt gewaltig beim Ausbau der nötigen Lade-Infrastruktur.
Der Satz ist das Mantra der E-Mobilität: „Laden muss so einfach werden wie tanken!“ Auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) führt diese Worte fast beschwörend im Munde, wenn er über den Ausbau der Lade-Infrastruktur in Deutschland redet. Doch hinkt der Wunsch der Wirklichkeit weit hinterher. Bis Ende des Jahrzehnts soll es in Deutschland eine Million öffentliche Ladepunkte geben. Aktuell sind es gerade einmal rund 70 000.
Zusätzlich verschärft wird die Lage dadurch, dass die Verkaufszahlen für E-Autos steil ansteigen. Das heißt, dass sich immer mehr Fahrzeuge eine Stromtankstelle teilen müssen. Rund 833 000 Fahrzeuge mit Elektroantrieb sind in Deutschland 2022 neu zugelassen worden. Das entspricht einem Plus von 22 Prozent gegenüber dem Vorjahr, wie das Kraftfahrt-Bundesamt berichtet. Bei 470 500 Fahrzeugen handelte es sich um reine Elektroautos, was einem Plus von 32,2 Prozent entspricht.
Ein großes Durcheinander beim Bezahlen
Nicht nur Lücken in der Lade-Infrastruktur, auch ein gewisses Durcheinander beim Bezahlen an den Ladesäulen sind für manche Autofahrer ein Argument, sich gegen ein E-Auto zu entscheiden. So ringt die EU noch darum, welcher Preis beim Laden angezeigt wird. Das Parlament hatte sich darauf geeinigt, dass die Kosten pro Kilowatt angezeigt werden. Die Vertreter einiger EU-Staaten beharren aber darauf, auch eine Auszeichnung pro Lademinute zuzulassen.
Die grüne Verkehrspolitikerin Anna Deparnay-Grunenberg hält das für keine gute Idee. „Wir dürfen kein Ladepreis-Wirrwarr zulassen“, fordert die Europaparlamentarierin. „Ladepreise an E-Ladesäulen müssen klar, transparent und für die Verbraucher vergleichbar sein.“ Ein wesentlicher Schritt in Richtung Vereinfachung wird im Juli dieses Jahres getan. Dann tritt die Ladesäulenverordnung in Kraft. Das bedeutet, dass nach dem Laden des E-Autos überall mit einer Kredit- oder Debitkarte gezahlt werden kann. Das heißt, die Säulen müssen über ein Kartenlesegerät und ein PIN-Pad zur Eingabe der Geheimnummer verfügen.
Viele Autofahrer haben Ladeverträge
Soweit die Theorie. Denn den Anbietern wurde eingeräumt, dass sie ihre bestehenden Säulen nicht teuer nachrüsten müssen. Das sei kein Problem, so die Argumentation der Unternehmen, da die meisten E-Autofahrer in der Regel Ladeverträge hätten und mit speziellen Karten oder per App laden würden. Zu den vehementen Kritikern gehörte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Eine Verpflichtung zum Einbau von Kartenlesegeräten in allen Ladesäulen schade dem Ausbau der E-Mobilität, erklärte Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. „Klar ist, die Kosten für den Einbau und den Betrieb der veralteten Technologie werden auf den Ladepreis umgelegt und verteuern so den Ladestrom. Das kann nicht im Sinne der Verbraucher sein.“
Konkret bedeutet diese Regelung, dass es nach dem Juli 2023 ein Nebeneinander des neuen und alten Systems geben wird. Kritiker halten das für keine gute Lösung, vor allem wenn die Autofahrer nicht im Vorfeld erkennen könnten, ob sie mit Kreditkarten bezahlen können oder eine spezielle Ladekarte benötigen.
Dem halten Befürworter entgegen, dass die einschlägigen Navigations-Apps der E-Autofahrer nicht nur anzeigen würden, ob eine Säule belegt ist, sondern durchaus auch die möglichen Bezahlfunktionen ausweisen könnten.