Die Bundesanwaltschaft hat in Dresden Anklage gegen die mutmaßliche NSU-Unterstützerin Susann E. erhoben. Der seit längerem bestehende Tatverdacht gegen E. habe sich nach neueren Erkenntnissen weiter erhärtet, teilten die Ermittler in Karlsruhe mit.
Weil sie der Rechtsextremistin Beate Zschäpe ihre Identität geliehen haben soll, hat die Bundesanwaltschaft Anklage zum Oberlandesgericht (OLG) Dresden gegen die mutmaßliche NSU-Unterstützerin Susann E. erhoben. Der seit längerem bestehende Tatverdacht gegen E. habe sich nach neueren Erkenntnissen weiter erhärtet, teilten die Ermittler am Mittwoch in Karlsruhe mit. Sollte das OLG Dresden die Anklage zulassen, kommt es zu einem zweiten Strafprozess um die rechtsextreme Gewaltserie der Zelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU).
E. ist die Frau von André E., der im Münchner NSU-Prozess im Jahr 2018 rechtskräftig als Unterstützer zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt wurde. Die Bundesanwaltschaft hatte für E. sogar zwölf Jahre Haft gefordert, denn die Ankläger sahen in ihm den wichtigsten Helfer des NSU-Trios. Sein eigener Verteidiger nannte ihn einen „Nationalsozialisten mit Haut und Haaren“. Der hohen Strafmaßforderung folgte das OLG aber nicht.
Zschäpe wurde in dem Mammutprozess als Mittäterin der NSU-Mordserie zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt, außerdem stellte das OLG die besondere Schwere der Schuld fest. Mit Zschäpe wurden vier NSU-Helfer zu Strafen zwischen zweieinhalb Jahre und zehn Jahren verurteilt, alle Urteile sind rechtskräftig.
Die Bundesanwaltschaft ermittelte neben den fünf Angeklagten aus dem ersten Prozess parallel weiter gegen neun mutmaßliche NSU-Helfer. Von diesen neun Verfahren wurden allerdings sechs inzwischen eingestellt, wie eine Sprecherin der Anklagebehörde auf Anfrage sagte.
Susann E. ist Tatverdächtige in den den drei laufenden Verfahren
Susann E. ist Tatverdächtige in den den drei laufenden Verfahren. Sie befindet sich trotz der nun erfolgten Anklage weiter auf freiem Fuß. Gegen sie bestehe der hinreichende Tatverdacht der Unterstützung einer inländischen Terrorvereinigung sowie der Beihilfe zu einer schweren räuberischen Erpressung mit Waffen, erklärte die Bundesanwaltschaft.
E. soll spätestens seit 2007 gewusst haben, dass das NSU-Trio Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos im Untergrund lebte. Sie soll in der Folge ihre Krankenkassenkarte Zschäpe zur Verfügung gestellt haben, damit diese zum Arzt gehen konnte. Außerdem soll sie ihre Personalien für das Bestellen von Bahncards zur Verfügung gestellt sowie Zschäpe und Böhnhardt zu einem Abholtermin für ein Wohnmobil in Eisenach gefahren haben.
Das NSU-Trio verübte zehn Morde, zwei Bombenanschläge und ein gutes Dutzend Überfälle. Bei dem letzten Überfall, zu dem E. den Fahrdienst geleistet haben soll, wurden Böhnhardt und Mundlos von der Polizei verfolgt. Sie sollen sich mutmaßlich durch Suizid einer drohenden Festnahme entzogen haben.
Nach dem Tod ihrer beiden Mittäter versandte Zschäpe im November 2011 eine Reihe von Bekennerschreiben, mit denen sich der NSU selbst enttarnte. Die von 2000 bis 2007 andauernde Mordserie des NSU - Böhnhardt und Mundlos erschossen aus Ausländerhass neun Migranten und außerdem eine Polizistin - war bis zu dieser Selbstenttarnung nicht als rechtsextremistisch motiviert erkannt worden.
Der NSU-Prozess förderte ebenso wie mehrere parlamentarische Untersuchungsausschüsse eine Reihe Ermittlungspannen zutage. Nach wie vor gibt es eine Vielzahl offener Fragen, wer dem über Jahre in Chemnitz und Zwickau im Untergrund lebenden Trio geholfen haben könnte.
Eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft verwies darauf, dass es neben den konkreten Ermittlungsverfahren gegen mutmaßliche Helfer auch noch ein gegen Unbekannt gerichtetes sogenanntes Strukturermittlungsverfahren zum NSU gebe. Hier habe sich noch gegen niemanden konkret ein Tatverdacht ergeben. Da Mord nicht verjähre, laufe dieses Verfahren weiter.