Das neue Hallenbad soll neben der Sporthalle entstehen. Foto: Werner Kuhnle (Archiv)

Die Diskussion in Marbach über die Schließung der bestehenden Sportstätte wird zunehmend von der Frage bestimmt, ob ein Ersatzbau zeitnah überhaupt realisierbar ist.

Man weiß nie, ob wegen irgendeiner Volte die Entscheidung doch noch vertagt wird. Aber nach menschlichem Ermessen wird der Marbacher Gemeinderat am Donnerstag darüber befinden, ob das Hermann-Zanker-Bad für alle Zeiten geschlossen – oder notdürftig saniert werden soll, damit der Betrieb nach einer rund zweijährigen Reparaturphase fortgeführt werden kann. Und zwar so lange, bis der geplante Neubau bei der Sporthalle steht.

In die Diskussion darüber drängt sich nun eine Frage mehr und mehr in den Vordergrund: Kann die finanziell angezählte Stadt den angekündigten Ersatzbau überhaupt schultern? Und darin gleich impliziert: Würde man den Bürgern nicht Sand in die Augen streuen mit der Aussicht auf eine zeitnahe Alternative, wenn die Kommune bei einer endgültigen Schließung der bisherigen Sportstätte in Wahrheit lange Zeit ganz ohne Hallenbad auskommen müsste?

Antrag auf Wiedereröffnung im nächsten Jahr

Erste starke Zweifel daran, dass die Stadt momentan zu einem solchen Kraftakt fähig wäre, hatte unlängst vor allem die Grünen-Fraktionschefin Barbara Eßlinger angemeldet. Unter die Bedenkenträger hat sich jetzt auch Puls eingereiht. „Es ist ausgesprochen fraglich, ob und wie die Stadt diese Kosten neben Kosten für die Gartenschau und anderen erforderlichen Investitionen tragen kann“, schreibt die Gemeinderatsgruppe in einem Antrag, in dem sie unter anderem fordert, das derzeit wegen diverser Mängel geschlossene Bad möglichst bis März 2023 wieder zu öffnen und bis dahin die sicherheitsrelevanten Probleme zu beseitigen.

Abhängig von Fördermitteln

Die Rathausspitze rät hingegen dazu, kein Geld mehr in das alte Gebäude zu stecken und sich stattdessen voll und ganz auf den Neubau zu konzentrieren. Allerdings kann auch Bürgermeister Jan Trost nicht verbindlich zusichern, dass dafür genügend Geld im Säckel liegen wird. „Entscheidend für die Stadt wird sein, dass es Fördermittel geben wird“, erklärt er. Mit welchem Zuschussvolumen dabei genau zu rechnen ist, vermag der Bürgermeister aktuell nicht zu sagen. „Die Förderprogramme für diesen Bereich sind sehr dynamisch. Es werden immer wieder Programme aufgelegt, oft mit kurzen Bewerbungsfristen, ähnlich war es bei den Schulsanierungen am FSG und dem Bildungszentrum“, erläutert er.

Zuschüsse sind kein Selbstläufer

Dass Fördermittel einen erheblichen Faktor bei der Finanzierung eines Hallenbads darstellen, zeigt der Blick nach Bad Wurzach. Die Stadt in Oberschwaben hat ähnlich viele Einwohner wie Marbach – und just im Oktober 2021 ein neues Hallenbad eingeweiht. Für die Sportstätte mit 25-Meter- und Kinderbecken waren rund 7,9 Millionen Euro fällig geworden. Der Bund habe circa 2,4 Millionen, also rund ein Drittel davon, beigesteuert, berichtet Pressesprecher Martin Tapper. Allerdings, das unterstreicht das Beispiel des geplanten Hallenbads in Stuttgart-Zuffenhausen, muss die Bewilligung von Fördergeldern kein Selbstläufer sein. „Ein Bundesmittelzuschuss beim Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung wurde am 18. Dezember 2018 beantragt, jedoch abschlägig entschieden“, berichtet Martin Thronberens, Pressesprecher der Stadt Stuttgart.

Die Anlage in Zuffenhausen soll über ein 25-Meter-Mehrzweckbecken mit Eltern-Kind-Bereich sowie eine Sauna und ein weiteres Becken verfügen, das vorwiegend von Schulen und Vereinen genutzt werden kann. Ganz grob seien die Kosten dafür auf rund 29 Millionen Euro geschätzt worden, erklärt Thronberens, der aber sofort nachschiebt, dass diese Summe wohl nicht reichen wird. „Es wird erwartet, dass die Kosten aufgrund der Inflation, höheren Energiepreise, Lohnsteigerungen oder steigenden Materialkosten in der weiteren Planung noch nach oben korrigiert werden müssen“, konstatiert er. Eine Entwicklung, mit der sich Stuttgart nicht exklusiv auseinandersetzen muss.

Insider: Marktlage so schwierig wie nie

Alleine vom dritten Quartal 2020 bis zum zweiten Quartal 2022 war bei Bauvorhaben außerhalb des Haus- und Bürosegments eine Preissteigerung von 35 Prozent zu verzeichnen. „Diese Entwicklung muss man im Blick haben. Die Preissteigerungen sind aktuell extrem“, sagt ein Fachplaner für Bäder, der lieber nicht namentlich zitiert werden will. „Momentan ist die Marktlage so schwierig wie nie. Preiszusagen bekommt man manchmal lediglich für Stunden, früher galten Richtpreisangebote mehrere Monate. Außerdem sind manche Bauteile nur schwer oder mitunter gar nicht erhältlich“, ergänzt er und verweist unter anderem auf Lockdowns und den Ukraine-Krieg als Ursachen.

Bauzeit von rund zwei Jahren

Prinzipiell möglich wäre es offenbar, das Bad in einem halbwegs überschaubaren Zeitraum zu realisieren. In Bad Wurzach startete die Grundsatzdebatte über Sinn und Unsinn eines neuen Bads zwar schon 2011. Zwischen dem Baubeschluss 2017 und der Eröffnung vergingen dann aber nur noch vier Jahre. Der Spatenstich erfolgte 2019. Der steht in Zuffenhausen noch aus, ist für 2024 geplant, der Betrieb soll 2026 starten. Die Termine stünden noch unter Vorbehalt, betont jedoch Pressesprecher Martin Thronberens, der zudem darauf hinweist, dass der Grundsatzbeschluss zum Bau der Anlage im November 2019 gefasst worden sei.

Stadt will in der Nachbarschaft Geld einsammeln

Was Marbach anbelangt, sei es ein realistisches Szenario, dass das neue Hallenbad in fünf Jahren eröffnet werden könne, erklärt der Bürgermeister. Die Kosten hingen von Faktoren wie der Größe ab, ließen sich derzeit noch nicht abschätzen. Klar ist aber schon, dass die Stadt Marbach dann auch in der Nachbarschaft Geld einsammeln will. „Da das neue Bad vermutlich überwiegend von Schulen genutzt wird, werden wir, wie in Freiberg bei der Oscar-Paret-Schule, ein Kostenbeteiligungsverfahren der Nachbarkommunen durchführen“, berichtet Trost.

Auf der Suche nach ökologischen Heizmodellen

Energiefresser
 Die Marbacher Stadtverwaltung will auch deshalb kein Geld mehr in die Sanierung des Bads stecken, weil es ein Energiefresser ist und Gas zum Betrieb braucht. Ein Neubau, betont Bürgermeister Jan Trost, solle möglichst energieeffizient ausfallen. Der Schwimmverein sage, dass sogar ein klimaneutraler Betrieb möglich sei.

Aufgabe
 Für die Zunft der Bäderplaner ist die grüne Energieversorgung eine der großen Zukunftsaufgaben. „Eine der schwierigsten Fragen ist die, wie Hallenbäder künftig beheizt werden sollen. Da brüten die Fachleute über neuen Konzepten, mit denen man unabhängig vom Gas ist“, sagt jemand, der in der Branche tätig ist, aber lieber ungenannt bleiben möchte.

Heizung Noch auf Gas aus einem Blockheizkraftwerk (BHKW) setzt man in Bad Wurzach, wo 2021 ein Hallenbad eröffnet wurde. Beim geplanten Hallenbad in Zuffenhausen soll indes komplett auf fossile Energie verzichtet, ja sogar mehr Energie erzeugt als verbraucht werden. „Die Energieerzeugung soll größtenteils mit Abwasserwärme und Hybridmodulen (PVT), kombiniert mit Wärmepumpen sowie mit Pellets betriebenen BHKW gewährleistet werden“, teilt die Stadt Stuttgart mit.