Mehrere hundert Menschen haben am Dienstagabend vor und im Schorndorfer Rathaus für die Erhaltung der Schwimmbäder in Schlichten und Buhlbronn demonstriert. Foto: Frank Rodenhausen

Zu Hunderten sind Bewohner aus Schlichten und Buhlbronn zum Schorndorfer Rathaus marschiert, wo in einer Sitzung die Schließung der Teilortbäder zur Disposition gestellt werden sollte. Entschieden ist noch nichts – aber es gibt eine klare Tendenz.

Die Botschaft hat sich wie ein Lauffeuer in den Ortschaften ausgebreitet: Um ihre größer werdenden Löcher in der Stadtkasse stopfen zu können, erwäge die Verwaltung in Schorndorf, dauerhaft das Wasser aus ihren Freibädern in Schlichten und Buhlbronn abzulassen. Am Dienstagabend sind deshalb mehrere hundert Menschen vor und in das Rathaus gekommen, um dagegen zu demonstrieren.

Familie Meier, die ihren richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, ist mit drei Generationen auf den Marktplatz angerückt. Die Mutter erklärt, dass sie im Schlichtener Freibädle das Schwimmen gelernt habe, und die Tochter stolz, dass sie in diesem Sommer dort das Seepferd erworben habe. Das Bädle sei weit mehr als ein Lernort fürs Überwasserbleiben, sagt die Oma: „Es ist eine Begegnungsstätte für Jung und Alt, eine Institution und ein Stück weit Schlichtener Identität.“ Ähnliches ist von Bewohnern aus Buhlbronn zu hören – und dass ein Ausweichen auf das zentral gelegene Oskar-Frech-Bad nicht nur wegen der Entfernung für die Bürger aus dem Teilort keine Alternative sei.

Es fehlen drei Millionen Euro

Drinnen im Ratssaal bemüht sich der Erste Bürgermeister Thorsten Englert zu erklären, wie es zu dem Papier gekommen ist, das jetzt die Leute erzürnt, die nicht nur die Gästereihen füllen, sondern teils auch den Fußboden. Die Stadt müsse sparen. Das liege am enormen Investitionsprogramm – 200 Millionen Euro bis zum Jahr 2030 – aber auch daran, „dass wir von Bund und Land ständig neue Aufgaben bekommen, die nicht auskömmlich finanziert sind“. Jetzt auch noch die Nebenwirkungen des Ukraine-Kriegs. Zudem stünden Risiken wie eine steigende Kreisumlage oder Tariferhöhungen im Öffentlichen Dienst an. Deshalb habe man sich in mehreren Klausurtagungen einer Aufgabenkritik unterzogen und verschiedene Freiwilligkeitsleistungen auf den Prüfstand gestellt – darunter auch die städtischen Bäderbetriebe.

Ein Kassensturz dort nämlich habe ergeben: Schon für das nächste Jahr fehlen der Stadt drei Millionen Euro, um ein ausgeglichenes Ergebnis zu erwirtschaften. Der Auftrag des Gemeinderats in diesem Zusammenhang habe deshalb gelautet, alle möglichen Optimierungsvarianten durchzurechnen und dem Gremium vorzulegen – ohne im Vorhinein etwas auszuschließen.

Mit der möglichen Schließung der Teilortbäder, die laut Berechnungen des Bäderbetriebes ein jährliches Einsparpotenzial von rund 200 000 Euro erbringen würden, hat die Stadtverwaltung offenkundig einen Nerv getroffen. Der Oberbürgermeister Bernd Hornikel betonte in der Sitzung des Technischen Ausschusses, dass er sich über das große öffentliche Interesse freue. Er sagte aber auch, dass er nach der Veröffentlichung der Tagesordnung übers Wochenende „mächtig angegriffen“ worden sei, teilweise auch unter der Gürtellinie. Der Diskussion nahm Hornikel vorweg, dass er persönlich gegen eine Schließung der Teilortbäder stimmen werde, dass aber jedem, der es ihm gleich tun wolle, klar sein müsse, was das koste, und dass dann Einsparungen an anderer Stelle nötig seien.

Auch aus dem Gremium waren letztlich fast ausschließlich Appelle für eine Erhaltung der Bäder in Schlichten und Buhlbronn zu hören. Letztlich entscheidet zwar die Vollversammlung des Gemeinderats, doch es dürfte davon auszugehen sein, dass dieses Thema vom Tisch ist.

Eine Mehrheit zeichnete sich hingegen für das ab, was der kaufmännische Geschäftsführer der Stadtwerke, Daniel Beutel, als einen „Sommerbetrieb“ bezeichnete. Laut dieser Variante soll das Hallenbad im Oskar-Frech-Bad im Sommer nicht mehr genutzt werden können, und auch die Sauna soll während der Freibadsaison geschlossen bleiben. Allerdings will die CDU-Fraktion prüfen lassen, unter welchen Umständen sich eine ganzjährige Öffnung der Sauna wirtschaftlich rechnen könnte. Daniel Beutel hingegen macht wenig Hoffnung, dass dies in einem realistischen Rahmen möglich sein kann. Seinen Berechnungen zufolge müssten die Eintrittspreisen dazu um fast 15 Euro angehoben werden.

Entscheidung am 17. November

Bis zur Gemeinderatssitzung am 17. November will die Verwaltung eine Beschlussempfehlung vorlegen. Es ist davon auszugehen, dass darin weder die Variante mit einer Komplettschließung der Bäderbetriebe für das Jahr 2023 noch ein dauerhafter Verzicht auf die Teilortbäder stehen wird.

Die Petition zur Erhaltung des Freibades Schlichten, die innerhalb von nur einem Tag fast 700 Unterstützer gefunden hatte, bleibt wohl sicherheitshalber noch einmal im Internet. Familie Meier hat sie selbstverständlich unterzeichnet.

Sparpotenzial bei städtischen Bädern

Schorndorf
 Nicht nur die Stadt Schorndorf hat Sparpotenzial bei ihren Bädern entdeckt, wie Daniel Beutel, der kaufmännische Geschäftsführer der örtlichen Stadtwerke, recherchiert hat. Im überwiegenden Fall geht es indes zurzeit um kurzfristige Maßnahmen, um im Winter der Energiekrise entgegen zu treten. Ein Auszug aus Beutels Liste.

Waiblingen
 Im Hallenbad wird das Außenbecken geschlossen. Die Temperaturen in den Schwimmbecken werden abgesenkt. Warmbadetage werden gestrichen. Montags bleibt das Bad für die Öffentlichkeit zu. Die Hallenbäder Hegnach und Bittenfeld schließen bis nach Ostern 2023.

Fellbach
 Im F3-Bad ist die Trockensauna geschlossen, es wird kein Frühschwimmen mehr angeboten, und die Badetemperatur ist abgesenkt.

Winnenden
 Im Außenbecken des Wunnebads wird es kein Winterschwimmen geben. Das Hallenbad  wird während der Sommermonate ganz geschlossen, die Wassertemperatur in den Freibadbecken um drei auf 23,5 Grad Celsius gesenkt.

Stuttgart
 Im Leuze, Mineralbad Berg und Solebad Cannstatt werden Parkentgelte für Badegäste unabhängig von der Badezeit von 1 auf 3 Euro erhöht. Es werden keine Warmbadetage mehr angeboten, im Leuze wird es kühler sein.

Schwäbisch Gmünd
 Im Hallenbad wird die Wassertemperatur um drei auf 29 Grad gesenkt. Die Sauna bleibt die ganze Saison geschlossen.

Aalen
 Im Hallenbad wird die Sauna aufgrund von Energieeinsparungsmaßnahmen geschlossen.