Am Flughafen Stuttgart wurden 2022 zwar mehr Passagiere gezählt als in der Corona-Hochzeit 2020 und 2021, aber deutlich weniger als vor der Pandemie. Foto: Horst Rudel

Die Coronakrise hat der Luftfahrt einen Einbruch beschert. Die Erholung davon verläuft im europäischen Ausland schneller als in Deutschland. Stuttgarts Flughafenchef nennt die Gründe dafür und sagt, welche Verbindungen nicht wiederkommen werden.

Die Flughafen-Gesellschaft Stuttgart (FSG) hat es auch im Jahr 2022 nicht aus den Miesen geschafft. Der Ertrag vor Steuern lag allerdings wieder in der Gewinnzone. Das neue Führungsduo Ulrich Heppe und Carsten Poralla zeigte sich bei der Vorlage der Geschäftszahlen für das vergangene Jahr nachdenklich.

Fluggastzahlen weit unter der Vor-Corona-Zeit

Rund sieben Millionen Menschen sind im vergangenen Jahr am Manfred-Rommel-Flughafen auf den Fildern unterwegs gewesen. 2021 waren es 3,6 Millionen gewesen. 2019, im letzten Jahr vor der Corona-Pandemie verzeichnete der Stuttgarter Flughafen noch 12,7 Millionen Passagiere. Ulrich Hepper, der Sprecher der FSG-Geschäftsführung, sagte, man bewege sich mit diesen Zahlen leicht über den selbst gesteckten Zielen. Für 2023 peilen er und sei Co-Geschäftsführer Carsten Poralla ein Wachstum um 20 Prozent auf dann 8,3 Millionen Passagiere an.

Für die Anrainer des Flughafens ist vor allem die Zahl der Flugbewegungen, von der für sie potenziell eine Lärmbelästigung ausgeht, entscheidend. Die ist 2022 auf knapp 86 000 angestiegen und lag 2021 noch bei rund 62 000.

Weiterhin rote Zahlen

Für das zurückliegende Jahr blieb das Ergebnis am Flughafen trotz Erholungskurs beim Passagieraufkommen in den roten Zahlen. Am Jahresende stand ein Verlust von 16,1 Millionen Euro (2021: 24,7 Millionen Euro). Die Schulden erhöhten sich im Jahr 2022 um eine auf 145 Millionen Euro.

Heppe wies darauf hin, dass die Erholung der Luftfahrt im europäischen Ausland dynamischer verlaufe als in Deutschland. „In Portugal und Griechenland ist man schon wieder auf Vor-Corona-Niveau“. In Deutschland sei man erst bei 80 Prozent des Passagieraufkommens verglichen mit den Zeiten vor dem pandemiebedingten Einbruch. „Andernorts verdienen die Airlines einfach mehr Geld“, sagte Heppe. Die Flughafenbetreiber treffe daran keine Schuld. Bei den Entgelten an den Airports bewege man sich im Bereich der europäischen Konkurrenz. Die in Deutschland erhobenen staatlichen Gebühren und Steuern würden den Unterschied machen. „Deutschland muss da aufpassen, dass es nicht die Wettbewerbsfähigkeit verliert“, mahnte Heppe. Ende April hatte der irische Billigflug-Pionier Ryanair öffentlich die Kostenstruktur in Deutschland beklagt, die ein Wachstum des Unternehmens im deutschen Markt erschwere.

Zumindest bei den innerdeutschen Flügen zeichnet sich in Echterdingen ab, dass das Vorkrisenniveau nicht so schnell oder gar nicht mehr erreicht war. Stellvertretend nannte Heppe Ziele wie Leipzig, Hannover und Dresden, die vom Stuttgarter Flugplan verschwunden sind und wohl auch nicht wieder zurückkämen. Lediglich bei den Zielen Hamburg und Berlin, die zu erreichen mit der Eisenbahn lange dauert, gibt es weiterhin regelmäßige Flüge. „Aber während es früher fast stündlich nach Berlin gegangen ist, haben Sie heute vielleicht noch drei bis vier Flüge am Tag“. Vor allem das Geschäftsreiseverhalten habe sich in der Pandemie geändert und werde wohl so bleiben.

Die Bundeshauptstadt ist nur noch auf Rang 4 der meist nachgefragten Ziele ab Stuttgart. Im vergangenen Jahr wollten dorthin gut 272 000 Passagiere. An der Spitze stehen die beiden Istanbuler Flughäfen mit zusammen mehr als 670 000 Fluggästen, gefolgt von Antalya in der Türkei und Palma de Mallorca. Hamburg belegt Platz fünf. Barcelona, London, Izmir, Wien und Amsterdam komplettieren die zehn nachfragestärksten Ziele, die von Stuttgart aus angeboten werden. Eine Ausweitung des Streckennetzes in den fernen Osten stehe zwar auf der Agenda, ist aber kein Vorhaben, das sich in kurzer Zeit realisieren lasse.

Stadt und Land müssen zuschießen

Deutlich konkreter ist da schon der Vorsatz der Flughafengesellschaft bis zum Jahr 2040 die Netto-Treibhausgasneutralität zu erreichen. STRzero heißt die Strategie, die in den kommenden Jahren vor allem Gebäudesanierungen nach sich ziehen wird. „Das Terminal 1 ist zwar erst 30 Jahre alt und sieht noch sehr modern aus. Energetisch ist das aber eine sehr lange Zeit“, sagte der für die Infrastruktur zuständige Flughafen-Geschäftsführer Carsten Poralla.

Zwei Milliarden Euro werden wohl für das Erreichen des Klimaziels ausgegeben werden müssen. 70 Prozent davon will die FSG alleine aufbringen, die restlichen 30 Prozent müssen die beiden Eigner des Flughafens, das Land Baden-Württemberg und die Landeshauptstadt Stuttgart zuschießen.

Die grundsätzliche Bereitschaft dazu haben sie erst im Februar mit dem Abschluss einer Zukunftsvereinbarung bekundet. Erste Zuwendungen von Stadt und Land sollen im Jahr 2027 fließen.