Viele Menschen versammelten sich beim politischen Aschermittwoch, um zu demonstrieren. Foto: dpa/Silas Stein

Teils gewalttätige Ausschreitungen am Aschermittwoch rückten Biberach in die Schlagzeilen. Die oberschwäbische Stadt will dieses Bild von sich nicht stehen lassen und der Ministerpräsident auch nicht.

– Ein Hubschrauber kreist über der Biberach an der Riß, die Gigelberghalle ist abgeriegelt, zahlreiche Polizisten sind im Einsatz: Die Sicherheitsvorkehrungen sind hoch, als Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Freitagabend nach Biberach kommt. Die teils gewalttätigen Ausschreitungen am politischen Aschermittwoch der Grünen in der Stadt wirken nach, sie rückten den Ort bundesweit in die Schlagzeilen. 

Dieses Bild von sich will die Stadt nicht stehen lassen. Ministerpräsident Kretschmann und Innenminister Thomas Strobl (CDU) folgten einer Einladung von Oberbürgermeister Norbert Zeidler und Landrat Mario Glaser (beide parteilos) zum politischen Abend nach Biberach. Die Ausschreitungen sollten eingeordnet werden, es ging um politische Streitkultur. 

Die Ereignisse am Aschermittwoch, das sei nicht Biberach. „Das war ein Ausreißer“, sagte Kretschmann am Freitagabend. Nach seinen Worten hatten die Krawalle nichts mit demokratischem Protest und den Interessen der Bauern zu tun - und rein gar nichts mit Biberach. Es sei nur darum gegangen, Wut herauszulassen, Wut anderer anzustacheln, andere zum Schweigen zu bringen, kritisierte er.

Die Biberacher Innenstadt stand am Nachmittag im Kontrast zu Polizeiaufgebot und Sicherheitsmaßnahmen. Neben der Gigelberghalle steht ein Zirkuszelt, in dem eine Pferdeshow stattfand. Eine lange Einkaufsnacht zog zahlreiche Menschen an, viele saßen in Cafés am Marktplatz. „Die Leute sind ja entspannt hier“, sagte der Mittzwanziger Thomas. „Hier kommt man nicht zusammen und schlägt um sich“, meinte seine Freundin Anna. Die Folge der Ausschreitungen dürfe gerade nicht sein, dass solche Veranstaltungen nicht mehr in Biberach stattfinden, fand die Biberacherin Lena Akok. Hans Peter Landthaler kam zum politischen Abend, er sei auch am 14. Februar vor der Stadthalle gewesen, als der Protest eskalierte. „Das war für mich ein bisschen verstörend“, schilderte er. „Ich finde es gut, dass der Ministerpräsident heute kommt.“ 

Für Oberbürgermeister Zeidler steht der politische Aschermittwoch in krassem Gegensatz zur Lebensart in der Stadt. Biberach stehe seit dem 14. Februar weniger für eine weltoffene Stadt, „seitdem steht der Name unserer Stadt sinnbildlich für ein neues Niveau undemokratischer Unkultur“, sagte er. Doch die Krawalle seien eine gesellschaftliche Entwicklung, die sich in der Stadt entladen habe. 

Innenminister Strobl erklärte auf dem Podium am Freitagabend, dass die Erfahrungen vom Aschermittwoch in künftige Einsatzplanungen bei Veranstaltungen in ganz Baden-Württemberg einfließen würden. Er hoffe nicht, dass große Polizeiaufgebote wie an diesem Abend zur neuen Normalität würden.

Eine Protestaktion vor der Stadthalle war damals so eskaliert, dass die Grünen ihre geplante Veranstaltung unter anderem mit dem Ministerpräsidenten Kretschmann und Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) aus Sicherheitsgründen kurzfristig absagten. Mehrere Polizisten waren verletzt worden, die Beamten setzten auch Pfefferspray ein. Mehr als 40 Ermittlungsverfahren laufen inzwischen laut Staatsanwaltschaft Ravensburg inzwischen im Zusammenhang mit den Ausschreitungen. Die Tatvorwürfe reichen demnach von Widerstand gegen und tätlichen Angriffen auf Vollstreckungsbeamte über schweren Landfriedensbruch bis hin zur öffentlichen Aufforderung zur Begehung einer Straftat.