Gänswein war lange Privatsekretär und Vertrauter des deutschen Papstes Benedikt XVI. (Archivbild). Foto: dpa/Patrick Seeger

Er war der Vertraute von Papst Benedikt XVI., das Verhältnis zu Papst Franziskus galt aber als belastet. Im Juni wurde Gänswein aus dem Vatikan verbannt und zurück in sein Heimatbistum geschickt – dort sorgt er jetzt für eine außergewöhnliche Situation.

Der langjährige Papstsekretär Erzbischof Georg Gänswein ist in Freiburg angekommen. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Freitag. Am Morgen fuhren Umzugswagen vor dem Priesterseminar in der Altstadt vor, in das der 66-Jährige ziehen wird. Papst Franziskus hatte Mitte Juni verfügt, dass Gänswein bis Anfang Juli aus dem Vatikan zurück nach Freiburg in sein Heimatbistum ziehen müsse.

Der Deutsche war als Präfekt schon im Jahr 2020 dauerhaft von Papst Franziskus beurlaubt worden. Im Vatikan hatte er keine offizielle Funktion mehr. Gänswein musste seine Dienstwohnung neben dem Petersdom räumen und kehrt nun nach fast drei Jahrzehnten an der Kurie nach Deutschland zurück.

Gänswein arbeitete lange für Papst Benedikt XVI.

Gänswein war viele Jahre Privatsekretär und Vertrauter des deutschen Papstes Benedikt XVI. und kümmerte sich bis zu dessen Tod an Silvester 2022 um den emeritierten Pontifex.

Das Verhältnis zwischen dem heutigen Papst und Gänswein gilt seit vielen Jahren als belastet, weil sich Benedikt nach seinem Rücktritt häufig in kirchenpolitischen Fragen zu Wort meldete und den Kurs des Nachfolgers kritisierte. Dahinter vermuteten Beobachter den Einfluss Gänsweins, was dieser zurückwies.

Für Unverständnis und Empörung sorgte im Vatikan, dass der Deutsche kurz nach Benedikts Tod ein Buch über ihn herausbrachte und es offensiv bewarb. In dem Buch schildert er auch private Konversationen mit Franziskus.

In Freiburg jetzt außergewöhnliche Situation

In Freiburg entsteht nun eine ungewöhnliche Situation mit zwei Erzbischöfen: Stephan Burger (61) als Chef des Erzbistums und Gänswein als Rom-Rückkehrer. Beide wohnen rund zwei Minuten Fußweg voneinander entfernt in der Freiburger Altstadt unweit des Freiburger Münsters. Gänswein bezieht vorerst eine Wohnung im Priesterseminar, der Ausbildungs- und Wohnstätte angehender Priester.

Weiter unklar bleibt, welche Rolle Gänswein in Freiburg einnehmen wird. Das Erzbistum wurde zuletzt nicht müde zu betonen, der 66-Jährige kehre als Privatperson und vorerst ohne Funktion zurück in die Schwarzwaldhauptstadt. Für die ersten Wochen war ein Gespräch zwischen der Bistumsleitung und Gänswein anberaumt. Mit rund 1,8 Millionen Katholiken gehört das Erzbistum zu den größten der 27 Diözesen in Deutschland.

Als unwahrscheinlich gilt, dass Gänswein zu wichtigen kirchlichen Anlässen im Freiburger Münster predigen wird. Durchaus möglich ist aber, dass der 66-Jährige erneut Messen lesen wird - wie schon Mitte Mai, als er auf Stippvisite in Freiburg war und an zwei morgendlichen Gottesdiensten im Münster teilnahm.

Gänswein wurde 1995 in den Vatikan gerufen

Der zu den bekanntesten katholischen Geistlichen gehörende Erzbischof wurde in Riedern am Wald im Südschwarzwald geboren – als eines von fünf Kindern eines Schmieds und einer Hausfrau. In Freiburg studierte er Theologie. Dort wurde er im Mai 1984 auch zum Priester geweiht.

Gänswein war 1995 in den Vatikan gerufen worden, wo er ein Jahr später innerhalb der Kurie in die Glaubenskongregation kam. Dort war Joseph Ratzinger Präfekt und machte Gänswein 2003 zu seinem Assistenten. Nach der Wahl des bayerischen Kardinals zum Papst folgte ihm Gänswein in den Apostolischen Palast und wurde Privatsekretär. Auf Anweisung von Nachfolger Franziskus kümmerte sich Gänswein um den emeritierten Pontifex bis zu dessen Tod.