Mein Mitbewohner Lasse und ich, beide 25, haben ein Wochenende in häuslicher Quarantäne verbracht. Foto: Xenia Wahl

Mein Mitbewohner war eine Woche lang in Südtirol Skifahren und kam hustend zurück. Weil die Region nun ein Corona-Risikogebiet ist, verbrachten wir ein Wochenende in häuslicher Quarantäne.

Esslingen - Die ganze Zeit war es sehr weit weg, nun ist das Coronavirus auch bei uns angekommen. Und mit „bei uns“ meine ich: direkt in meiner WG. Mein Mitbewohner, 25, ist ein Verdachtsfall, er wurde unter häusliche Quarantäne gestellt. Und mit ihm – ich.

Alles fing damit an, dass er zum Skifahren nach Südtirol gefahren war. Zu diesem Zeitpunkt war die Region noch kein Risikogebiet. Deshalb machten wir uns keine Sorgen, als er eine Woche später mit leichten Erkältungssymptomen zurückkam. Husten, Schnupfen, nichts Außergewöhnliches nach dem Wintersport. Und überhaupt – das habe er schon gehabt, bevor er losgefahren sei. Okay, dachten wir, das kann kein Corona sein.

Diese Einstellung änderte sich ins Gegenteil, als das Robert-Koch-Institut (RKI) vergangenen Donnerstag die norditalienische Urlaubsregion als Risikogebiet eingestuft hat. Immer mehr Infizierte sind zuvor in Südtirol gewesen. Vielleicht dann doch mal testen lassen.

In häuslicher Quarantäne

Damit begann für mich Tag eins der Sippenhaft. „Herr Berner, bleiben Sie besser zu Hause“, hieß es aus der Redaktion. Die Kollegen hatten schließlich von meinem skibegeisterten Kumpel mitbekommen. Durch meine eigenen Scherze.

Mein Mitbewohner hatte jedoch nichts zu Lachen. An wen wendet man sich, wenn man so eine Nachricht bekommt? An den Arzt? Keine gute Idee. Mal vom Andrang hysterischer Erkältungspatienten abgesehen – die Chance, sich tatsächlich mit dem Coronavirus zu infizieren, ist in einem Wartezimmer sicherlich am besten. Also hielt er sich an die offiziellen Empfehlungen: Arzt anrufen, sich zum Gesundheitsamt weiterschicken lassen und viel Geduld aufbringen – Hotline überlastet. Irgendwann kam er durch. Er solle sich im Katharinen Hospital Stuttgart testen lassen, lautete die Anweisung. Und das tat er auch.

Der Abstrich

„Die Stimmung war komisch“, erzählte er. Direkt vor der Klinik seien Zelte aufgebaut worden, daneben stehe ein Laster des Katastrophenschutzes. „Ein Mitarbeiter vom Roten Kreuz fragte mich: ‚Na? Auch beim Skifahren in Südtirol gewesen?‘. Alles wirkte improvisiert“, berichtete mein Mitbewohner. „Im Wartezelt war es kalt und windig. Ich kam rein und da saßen  15 andere Menschen.“ Alle hätten einen Mundschutz getragen und keiner Symptome gezeigt. „Niemand hat gehustet – also außer mir. Ich hatte das Gefühl, das sind gesunde Menschen, die sich vorsichtshalber durchchecken lassen“, sagte mein Mitbewohner.

Nach eineinhalb Stunden Wartezelt wurde der Abstrich gemacht. Eine Ärztin ordnete solange Quarantäne an, bis er das Ergebnis habe. Und das könne zwei bis drei Werktage dauern. Zur Erinnerung: alles geschah an einem Freitag.

Wunderbar, ein Wochenende in Balkonien also. Immerhin gibt das RKI an, dass das Coronavirus mittels Tröpfchen übertragen wird und in einigen Fällen sehr milde bis gar keine Symptome auslöst. Ergo: Ich könnte es haben, merke es bloß nicht. Deshalb machte ich die Quarantäne solidarisch mit. Und mal im Ernst, wir hatten ein tolles Wochenende. Wir haben renoviert, gekocht, gepicknickt im frisch renovierten Zimmer und den Keller aufgeräumt – haben  also kein ablaufgefährdetes Dosenbier mehr. Montagmittag kam dann der Anruf vom Gesundheitsamt: mein Mitbewohner ist bloß erkältet.