Klare Zielsetzung und kleine Schritte führen zum Erfolg bei guten Vorsätzen. Foto: dpa/Arno Burgi

Sind die Neujahrsvorsätze schon gescheitert? Eine Achtsamkeitstrainerin aus Nürtingen gibt Anregungen, wie man gute Vorsätze gezielt und mit Freude umsetzen kann.

Mit dem neuen Jahr kommen auch die guten Vorsätze. Egal ob es darum geht, mehr Sport zu treiben, eine gesündere Ernährung anzustreben oder endlich das Rauchen aufzugeben: Die ersten Wochen des Jahres sind für einige die Zeit, um Veränderungen in Angriff zu nehmen. Doch oft scheitern diese Vorsätze schon nach kurzer Zeit. Warum ist das so? Wie kann man diese Ziele auch tatsächlich erreichen? Die 31-jährige Wirtschaftspsychologin und Achtsamkeitstrainerin Mandy Schlegel aus Nürtingen klärt auf, woran das frühzeitige Scheitern liegen könnte.

Kleinere Ziele Einer der Gründe sei, dass sich viele zu hohe Ziele stecken, sich deswegen überfordert fühlen und vor einem unerklimmbaren Berg stehen, sagt sie. Vor allem wenn man sich beispielsweise von heute auf morgen vornimmt, täglich eine Stunde Sport zu treiben, obwohl Bewegung bisher kein Bestandteil des Alltags war. Da sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Einzelne schnell frustriert aufgibt, sagt Schlegel. Ein besserer Ansatz sei es, mit einer kleinen täglichen Bewegungseinheit zu beginnen und diese schrittweise zu steigern. „Das Wichtigste ist, überhaupt erst mal mit seinem Vorsatz zu beginnen und diesen mithilfe eines Zeitrahmens von drei bis fünf Minuten in den Alltag zu integrieren“, sagt die Achtsamkeitstrainerin. Das bedeute zum Beispiel auch, den Beruf mit dem Ziel in Einklang zu bringen: öfter mal die Treppe laufen, statt den Fahrstuhl im Firmengebäude zu nutzen.

Kein Druck Ein weiteres Problem sei, dass oft vergessen werde, auf das sogenannte Wohlfühlglück zu achten. „Das kurzfristige Glück sollte nicht grundlegend von den nachhaltigen Zielen untergraben werden“, sagt Schlegel. Gerade deswegen sei es wichtig, dieses schnelle Glücksgefühl auch für die langfristige Zielsetzung beizubehalten. „Viele denken, dass man sich disziplinieren und den Fokus nur auf die gesetzten Ziele legen müsse, um erfolgreich zu sein.“ Doch das sei ein Trugschluss. „Wenn wir uns selbst zu sehr unter Druck setzen und uns nicht erlauben, dieses temporäre Gefühl von Glück zu empfinden, werden wir schnell demotiviert und geben auf“, sagt Schlegel. Wer unter der Woche nicht auf Süßigkeiten verzichten wolle, könnte das durch mehr Bewegung im Alltag ausgleichen.

Gewohnheiten Maßgeblich für das Erreichen der Ziele sei es, sich seiner Verhaltensweisen bewusst zu werden und diese zu reflektieren. „Die meisten unserer Gewohnheiten laufen unbewusst ab, das macht sie auch so stark“, sagt die 31-Jährige. Denn wir alle haben Gewohnheiten, die uns nicht guttun und die uns davon abhalten, gesetzte Ziele zu erreichen. Diese könne man jedoch an den festgelegten Vorsatz anpassen. Dazu solle eine passende Alternative für sich selbst gefunden werden. Wer bisher jeden Abend vor dem Fernseher eine Tüte Chips gegessen hat, könne exemplarisch die Gewohnheit auf einen Tag in der Woche begrenzen oder die Snacks durch eine gesündere Variante wie Gemüsechips ersetzen.

Nicht überfordern Wenn es um die Formulierung von Neujahrsvorsätzen geht, sei es am besten, sich auf nur ein Vorhaben zu konzentrieren. „Grundsätzlich ist es gut, sich als intrinsische Motivation für das neue Jahr Ziele zu setzen, besser ist es jedoch, einen Vorsatz auf ein Wort herunterzubrechen“, sagt Schlegel. Vorsätze würden sich gut in eine Art Titel oder Überschrift für das Jahr bündeln und in das tägliche Leben integrieren lassen. Die Zielsetzung solle dabei so klein wie möglich gehalten werden. „Wenn das Jahr unter dem Begriff ‚gesündere Ernährung‘ steht, dann könnte man beispielsweise starten, indem man einen Tag in der Woche einplant, an dem nur vegetarische Gerichte gegessen werden.“

Selbstreflexion Wichtig ist es zudem, Ziele anzustreben, die messbar und erreichbar sind. Statt „bis zu einem gewissen Datum möchte ich ein Sixpack erreichen“, sei es sinnvoller, es so zu formulieren: „In diesem Jahr möchte ich sportlicher werden.“ Außer Acht gelassen werden dürfe dabei auch nicht, dass die meisten Vorsätze nicht unbedingt die eigenen Veränderungswünsche wiedergeben, sondern eher aus gesellschaftlichen Erwartungen entstehen würden. „Ziele, die von Freunden oder der Familie übernommen wurden, werden generell schneller fallen gelassen als persönlich festgelegte Absichten“, sagt Schlegel. Je mehr man ein Vorhaben für sich persönlich als sinnvoll einstuft, umso leichter sei es auch dranzubleiben. Selbstreflexion zum Jahresende sei die Grundlage dahinter: „Der Ausgangspunkt ist immer, sich zu hinterfragen, was in meinem Leben genauso bleiben darf und warum mir das gesetzte Ziel auch wirklich wichtig ist.“

Begrifflichkeiten im Detail

Wohlfühl- und Werteglück
Von Werteglück ist die Rede, wenn man seine persönlichen Ziele und Werte kennt, die auch langfristig angestrebt werden. Dabei kann es sich beispielsweise um Gesundheit oder persönliche Entwicklung handeln. Das Wohlfühlglück dagegen beschreibt ein temporäres Gefühl von Glück, das durch angenehme und erfüllende Erfahrungen und Umstände verursacht wird. Ein kurzfristiges Glücksgefühl kann zum Beispiel ein Spaziergang an einem sonnigen Tag sein.

Intrinsische Motivation
Bezieht sich auf die innere Zufriedenheit und Befriedigung, die eine Person aus einer Tätigkeit oder Aktivität zieht. Es ist eine Art von Motivation, die aus eigenem Interesse entsteht und nicht durch äußere Belohnungen oder Strafen beeinflusst wird. Sie kann dazu beitragen, dass Ziele auf lange Sicht auch wirklich verfolgt werden.

Brauch zum Neujahr
Bis heute überdauert die Tradition, sich gute Vorsätze fürs neue Jahr zu setzen. Schon im Römischen Reich gab es Anfang des Jahres bei einem Fest zu Ehren des Gottes Janus Bräuche, die den heutigen Neujahrsvorsätzen ähnelten. Ebenso hätten die Beamten im alten Rom am ersten Tag des Jahres ihren Eid an den Kaiser erneuert.