Casinoabend mit den Konfirmanden: Beim Roulette auf dem Billardtisch darf gezockt werden. Foto: Dietrich - Dietrich

Im Jugendtreff „FunTasia“ im Esslinger Stadtteil Berkheim ist für jeden Jugendlichen etwas geboten. Auch in Zusammenarbeit mit dem Zollberger Jugendtreff „t1“ entstehen spektakuläre Freizeitangebote.

ES-BerkheimSeit Oktober 1996 heißt der Jugendtreff im Keller der Berkheimer Osterfeldkirche „FunTasia“. Dies ist das Ergebnis eines Namenswettbewerbs und steht für Fun – also Spaß – und Fantasy für junge Leute. Gegründet wurde der Jugendtreff aber 1981 als „Rombelkammer“. Nicht nur der Namen hat sich geändert: Die Wände, die vorher grün und blau gestrichen waren, sind seit kurzem weiß, Bewohner der Hoffnungshäuser haben beim Streichen geholfen.

Heute Abend sind viele Jugendliche in gediegener Kleidung, teils sogar mit Fliege gekommen. Das ist aber eine Ausnahme, genauso wie die Zusammensetzung der Jugendlichen: Die Konfirmanden sind zum Casinoabend eingeladen. Ihr Startkapital haben sie sich mit sozialen Projekten erspielt, die Spanne reicht von 175 bis 485 Punkten. Der Mindesteinsatz pro Spiel liegt bei fünf Punkten, es gibt Roulette, Black Jack, Bingo und Knobeln. Eine Spezialdisziplin ist das Kickern: Wer gegen die ehrenamtliche Mitarbeiterin Chantal Schönrock gewinnt, hat seinen Einsatz verdoppelt. Bei ihr haben die Konfirmanden eine reelle Chance – gegen Ligakicker Steffen Essers, ebenfalls Mitarbeiter und Trainer im FunTasia, hätten sie diese eher nicht. Natürlich wird nicht um echtes Geld gespielt, für den Konfirmanden-Casinokönig gibt es aber einen Preis.

Zusammenarbeit mit dem t1

Im normalen Programm sind die Besucher so gemischt wie eine Grundschulklasse, auch bei den Älteren sind Schulart, Religion und Co. ganz bunt. Die meisten kommen aus Berkheim, manche auch aus Ostfildern. Und vom Zollberg. Im Nachbarstadtteil betreibt das Evangelische Jugendwerk Esslingen mit dem t1 einen weiteren Treff. Beide arbeiten zusammen, dadurch können sie in den Ferien gemeinsam größere Funsport-Angebote auf die Beine stellen: vom Downhillbiken im Schwarzwald bis zum Bodyflying, dem simulierten Fallschirmsprung im Windkanal.

Die ganze Woche über dürfte der Jugendtreff etwa 100 verschiedene Jugendliche erreichen, schätzt Rebecca Viereg. Sie ist seit März 2018 als hauptamtliche Mitarbeiterin im Jugendtreff. Lars Gildner kam schon vor elf Jahren, beide teilen sich eineinhalb Vollzeitstellen. Die Kosten teilen sich die Stadt Esslingen, der Landkreis und der Träger. Für die Kinder und Jugendlichen ist außer den Lebensmitteln und den Ferienangeboten alles gratis.

Das Programm unterscheidet sich nach Alter, für die Jüngeren ist um 18 Uhr Schluss. Für Kinder der ersten bis fünften Klasse gibt es mittwochs den KidsClub, donnerstags ab 15.15 Uhr sind die Mädels der zweiten bis fünften Klasse unter sich. Donnerstags ab 12.25 Uhr bekommen Dritt- und Viertklässler für 2,40 Euro ein warmes Mittagessen, gekocht von den beiden Hauptamtlichen oder den FSJlern Judith Hallauer und Timo Raisch. Für die Älteren ab zwölf Jahren ist Dienstag-, Mittwoch- und Freitagabend geöffnet. „Fun & Sport“ in der Sporthalle der Rohräckerschule gibt es freitags nacheinander für die Kleinen und danach für die Großen.

Der Jugendtreff lebt von Beziehungen. „Kein Neuer bleibt eine halbe Stunde ungesehen“, sagt Gildner, „wir sprechen Neue sofort an.“ So startete der Mädchentreff anfangs schleppend, doch inzwischen hat sich eine feste Gruppe mit zehn bis 15 Mädchen gebildet. Dennoch bleibt es ein offenes Angebot: „Es kommen mal mehr, mal bloß fünf“, sagt Viereg. Eine Öffnungszeit nur für Jungs gibt es aktuell nicht, anders als im t1, doch die Idee ist da. Im Jugendtreff gibt es vieles, was die Besucher mögen, vom professionellen Kicker über die großen Matten zum Chillen bis zu schon etwas betagten Videospielen.

Die größte Veränderung war, dass die Schillerschule nur noch Grundschule ist. „Das merken wir gewaltig“, sagt Gildner. „Es ist schwerer, an neue Jugendliche ranzukommen. Wir machen daher Aktionen und Werbung auf der Straße.“ Partys gibt es nicht mehr so viele wie früher, denn Gildner hat festgestellt: „Essen verbindet, Musik trennt. Es gibt nicht mehr die eine Jugendkultur. Für ihre bevorzugte Musikrichtung gehen die Jugendlichen in ihren speziellen Club.“

Raum für den Begegnungstreff

Noch eines weiß Gildner: „Wir können maximal zwei, drei Cliquen gleichzeitig bedienen.“ Derzeit sei eine Clique auf dem Absprung, so gebe es Raum für Neue. Raum gibt der Jugendtreff auch dem Begegnungstreff, alle 14 Tage kommen Bewohner der Hoffnungshäuser und ihr Unterstützerkreis zusammen. „Dadurch sind wir im Stadtteil anders vernetzt.“ Durch die Kellerlage gebe es nie Lärm-Probleme. Wenn es mal eine Klage gebe, dann sei das wegen ganz anderer Jugendlicher draußen auf dem Platz.

Für die Konfirmanden beginnt nach den Sommerferien ein Trainee-Kurs. Ein Dreivierteljahr lang lernen sie alle 14 Tage die Grundlagen der Jugendarbeit: Wie erzähle ich gut? Was muss ich rechtlich beachten? Danach können sie nicht nur im Treff mitarbeiten, sondern auch an anderen Stellen in der Kirchengemeinde. Gildner lobt die Durchlässigkeit zwischen Jugendtreff und Kirche. Stolz ist er auch auf eine Erfindung des Jugendtreffs für alle Jugendhäuser in Esslingen, das Baden-Württemberg-Spiel „Durch die Zeit bewegt“. „Früher hieß das ‚Drei-Löwen-Jagd‘, aber die ÖPNV-Werbung hat sich geändert.“ In Fünfergruppen geht es einen Tag lang mit Bus und Bahn durchs ganze Land, um Aufgaben zu erledigen. Dann wird das FunTasia zur Einsatzzentrale, von dort werden online die Aufgaben verteilt. Ein gemeinsames Foto aus Friedrichshafen? Eine Durchsage im Zug, per Audioaufnahme dokumentiert? Wenn’s weiter nichts ist.