Jan Steiner an seinem ehemaligen Arbeitsplatz beim KSV Foto: Archivfoto: Rudel - Archivfoto: Rudel

Im Streit um die fristlose Entlassung von Judo-Cheftrainer Jan Steiner durch den KSV Esslingen ist es beim Gütetermin in Esslingen am Dienstag nicht zu einer Einigung gekommen.

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EsslingenNach 50 Minuten sagte Richter Elmar Giesing: „Es ist gescheitert.“ Der KSV Esslingen und der Anfang November fristlos entlassene Judo-Cheftrainer Jan Steiner kommen nicht zusammen. Eine Einigung gab es am Dienstag bei einem Gütetermin in Esslingen nicht. Der Vereinsvorstand war bereit, das Arbeitsverhältnis zum Jahresende 2018 als beendet zu erklären. Steiner, der die Kündigungsschutzklage eingereicht hatte und sich durch seinen Anwalt vertreten ließ, wollte keinen Kompromiss. „Er sagt, ich ziehe das hier durch“, sagte sein Anwalt Oliver Wengert. Das heißt, dass sich beide Parteien am 9. Mai vor dem Arbeitsgericht Stuttgart wiedersehen werden.

Vor zwei Tagen erfuhren Steiner und sein Anwalt erstmals, was dem Trainer vorgeworfen wird und was damit der Grund für die fristlose Kündigung ist. Es sind zwei Dinge: Steiner bezeichnet sich als „Sportwissenschaftler“, der KSV bezweifelt, dass er sich so nennen darf. „Steiner ist der Meinung, weil er sechs Semester an einer sportwissenschaftlichen Fakultät mit Abschluss ‚staatlich geprüfter Trainer Universität Leipzig’ studiert hat, darf er sich so nennen“, sagte Wengert. Das Problem ist: Den Abschluss in der ehemaligen DDR gibt es heute nicht mehr. „Die Frage ist, wie die Bezeichnung ‚Sportwissenschaftler“ zu definieren ist’, sagte Richter Elmar Giesing.

Der zweite Vorwurf ist, Steiner hätte in einem Antrag bezüglich Breitensport und Reha falsche Angaben gemacht, um eine Förderung zu erlangen. „Jan Steiner sagte mir, man habe geschaut, wer im KSV die Qualifikation habe, dann habe man die jeweilige Bescheinigungen der entsprechenden Personen angehängt und den Antrag gestellt“, sagte Wengert. Steiner sage selbst, er habe nicht alle Qualifikationen, die auf dem Antrag verlangt werden, vor allem nicht die Lizenz als Trainer für den Breitensport. KSV-Vorstandsmitglied Alexander Gniffke ist jedoch der Auffassung, dass Steiner allein alle Anforderungen auf diesem Formular hätte erfüllen müsse. Was in diesem Formular nun verlangt wird, konnte am Gütetermin nicht geklärt werden. Auch nicht, ob das Ganze ein Missverständnis war. „Wenn sich bewusste Falschangaben unmittelbar auf das Arbeitsverhältnis auswirken – in diesem Fall wenn es um Förderungsvoraussetzungen und finanzielle Mittel geht –, dann ist das ein Grund für eine fristlose Kündigung“, sagte Richter Giesing. Die Beweislast liegt hierbei beim Arbeitgeber.

Außerdem ist unklar, ob in Steiners Fall überhaupt der Kündigungsschutz gilt. Dieser greift erst, wenn mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt sind. Wengert hat eine Liste von 45 Personen, die beim KSV arbeiten, er komme damit auf mehr als zehn Stellen. Der KSV-Vorstand verweist wiederum darauf, dass dies fast alles Ehrenamtliche seien. Die Beweislast liegt bei Wengert. Sollten es tatsächlich zehn Beschäftigte sein, muss auch für die ordentliche Kündigung, die bis zum 31. März erfolgen würde, ein Grund vorliegen.

Lebenslauf nicht vorgelegt

Im Mai 2017 wählten die KSV-Mitglieder eine neue Vereinsvorsitzende – Claudia Thomas statt Otfried Roser – und entschieden sich damit auch für eine neue Ausrichtung des Vereins: mehr Breiten- statt Leistungssport. „Ein Gespräch des Vorstandes über die neue sportliche Ausrichtung hat mit Steiner nie stattgefunden“, sagte Anwalt Wengert, „sondern man hat relativ früh, als man der Meinung war, er spurt nicht so richtig, von ihm verlangt, seinen Lebenslauf vorzulegen.“ Diesen hatte Steiner bei seiner Einstellung unter Roser nicht vollständig vorlegen müssen. Diesmal habe sich Steiner geweigert. „Dann gab es die ersten mehrseitigen Abmahnungen“, sagte Wengert.

So zerrüttet, wie das Verhältnis ist, ist schwer vorstellbar, dass Steiner wieder beim KSV wird arbeiten wollen, auch wenn der Prozess positiv für ihn ausgehen sollte. „Jan Steiner erhofft sich – auch wenn er es in dem Prozess vielleicht nicht bekommt – dass sein Ruf und seine Reputation als Trainer wieder hergestellt werden und er nicht wie der Hund vom Hof gescheucht wird“, sagte Wengert. „Sein Leben ist Judo.“

Eltern wollen Versammlung

Unterdessen streben die vier Elternvertreter eine außerordentliche Mitgliederversammlung an. „Die Kommunikation mit dem Vorstand ist gescheitert“, sagte Elternsprecher Markus Bellenberg. Nach dem ersten Treffen im Dezember zwischen Elternsprechern und Vorstand habe es kein weiteres gegeben. Zudem habe der Vorstand nicht dabei unterstützt, mit den Elternsprechern ein Stimmungsbild zu erstellen. Dieses sollte klären, ob es, wie vom Vorstand behauptet, nur einzelne Eltern sind, die gegen die Entlassung Steiners und den Verlust weiterer Jugendtrainer protestieren. Zehn Prozent der stimmberechtigten Mitglieder müssten unterschreiben, damit eine außerordentliche Mitgliederversammlung zustande komme. „Mehr als 30 Unterschriften haben wir schon“, sagte Bellenberg. Der KSV hat 850 Mitglieder, wieviele davon stimmberechtigt sind, wissen die Elternvertreter nicht. „Wir wollen den Verein nicht übernehmen“, sagte Bellenberg. „Wir wollen, dass die Mitglieder ein Gehör bekommen, eine Kommunikation herstellen.“