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StuttgartSSV, SSV, SSVEhh, SSV, SSV, SSVEhh“ – wenn die Bundesliga-Wasserballer des SSV Esslingen auf Torejagd gehen, ist Gerhard Dierolf nicht zu überhören. Der 79-Jährige ist der lautstarke Ein-Mann-Fanblock der Mannschaft. Aber er ist weit mehr als das. Längst nicht nur Fan, sondern Macher. Einer der wichtigsten beim SSVE, und das seit vielen, vielen Jahren. Die Jungs im Wasser – wie auch die Spielerinnen des Frauen-Teams – sind auch deshalb eine besondere Herzensangelegenheit für Dierolf, weil er fast alle von ihnen in der Jugend ausgebildet hat. Am Donnerstagabend wurde Gerhard Dierolf bei einer Gala des Landessportverbandes Baden-Württemberg im Stuttgarter Porsche-Museum für sein Lebenswerk geehrt. Und war, nachdem er die Urkunde und eine gerahmte Karikatur des Metzinger Künstlers Oscar Barrientos überreicht bekommen hatte, so gerührt, dass er erst einmal ganz leise war.

„Es macht mich schon ein bisschen stolz,“, sagte Dierolf dann, „aber in die Aufgabe rutscht man rein, der SSV Esslingen ist einfach mein Verein.“ Was er mit den 3000 Euro Preisgeld machen wird, hatte er schnell entschieden: „Einen kleinen Teil nehme ich für mich und gehe mit meiner Frau schön Essen. Der Großteil geht an die Jugendarbeit des SSVE.“

Alle an diesem Abend waren sich einig: Dierolf hat den Preis verdient. „Gerhard Dierolf ist Trainer, Mentor, Visionär, Macher und ein leidenschaftlicher Fan. Wer ihn in den rund 50 Jahren beim SSV Esslingen erlebt hat, weiß, wovon ich spreche“, sagte Kultus- und Sportministerin Susanne Eisenmann. „Menschen wie ihn, die dafür leben, braucht der Sport. Die Ehrung seines Lebenswerks ist mehr als angemessen.“ Die SSVE-Vorstandsvorsitzende Carola Orszulik, früher selbst Bundesliga-Spielerin unter Trainer Dierolf, freute sich mit ihm. „Ich finde an Gerhard herausragend, dass er sportlichen Erfolg will, aber immer den Menschen sieht. Das ist ihm brutal wichtig“, sagte sie. „Und er gibt jedem eine zweite und auch dritte Chance.“

Dierolf hat den SSVE in den vergangenen Jahrzehnten im Trainerbereich geprägt wie kein anderer. Dabei schwamm er längst nicht immer mit dem Strom. Willensstark und direkt ist er. „Er ist in der Sache hart und dabei eher schwäbisch-rustikal in seinem Ausdruck“, erklärte Orszulik. „Aber das konnte ihm nie jemand krumm nehmen. Er fährt nie den sanften Weg, ist aber auch nie nachtragend.“ Während einer Trainingseinheit kann er in einzelnen Situationen deutlich sein Missfallen zum Ausdruck bringen, um sich am Ende mit den Worten zu verabschieden: „Es macht echt Spaß mit euch.“ Sein Trainer-Credo beschreibt er so: „Dass sich jeder ein Ziel setzt und versucht, das Ziel zu erreichen.“

Zunächst war Dierolf beim SSVE als Schwimmer aktiv. In der Brustdisziplin war er mehrfach württembergischer Meister, sein Vereinsrekord über 100 Meter von 1963 (1:11,9 Minuten) hat bis heute Bestand. Aber irgendwann nahm er den Ball in die Hand und stieg für seinen SSVE unter anderem in der Bundesliga ins Becken. Nachdem er bereits im Jahr 1972 seine aktive Karriere beendet hatte, fand er seine Aufgabe darin, mit jungen Menschen zu arbeiten. Viele Nationalspieler hat er hervorgebracht, wie Patrick Weissinger, Heiko Nossek, Hannes Glaser, Zoran Bozic und seine Kinder Steffen und Katrin. „Der Gerhard ist eine Legende“, sagte Weissinger. Dass Steffen Dierolf, der seine Karriere vor zwölf Jahren beendet hat, bei der Ehrung dabei war, freute Vater Gerhard besonders.

Wie oft er mit seinen Teams württembergischer, süddeutscher oder deutscher Meister wurde, weiß Dierolf wohl selbst nicht. Auch die Esslinger Bundesliga-Männer und -Frauen sowie württembergische Auswahlteams trainierte er einige Jahre lang. Aber auch die, die es nicht ganz nach oben schafften, förderte er und vermittelte ihnen Freude am Sport. Und tut es immer noch. Seit gut zwei Jahren offiziell „nur“ noch als Co-Trainer. „Jeder, der beim SSVE in der Jugend Wasserball gespielt hat, hatte ihn als Trainer. Wirklich jeder“, erklärte Orszulik.

Und es kommen weiter welche nach. Einige von den Nachwuchssportlern, die heute unter Gerhard Dierolf zu Meisterschafts- oder Pokalendrunden antreten, werden später Bundesligatore werfen. Und hören, wie ihr ehemaliger Mentor sie mit lauten „SSV, SSV, SSVEhh, SSV, SSV, SSVEhh“- Rufen anfeuert.

Neben Gerhard Dierolf wurden vom LSV Justus Wolf (Para Ski alpin) aus Stäfa in der Schweiz als Trainer und Alice Thoma (Geräteturnen) aus Meßkirch als Trainerin des Jahres geehrt. Klaus Endress (Boule/Pétanque) aus Mannheim erhielt einen Sonder-, die Leichtathletik-Abteilung des SSV Ulm 1846 einen Ehrenpreis.