Erster Auftritt vor den Fans: Trainer Tim Walter kommt ins Robert-Schlienz-Stadion. Quelle: Unbekannt

Als Trainer ist Tim Walter schon viel weiter gekommen denn als Spieler. Und die zweite Liga soll nicht das Ende sein. Deshalb ist er jetzt beim VfB Stuttgart.

StuttgartSeine Frau und die drei Kinder bleiben, wo sie sind, im gewohnten Umfeld, in München. Tim Walter, der Trainer des VfB Stuttgart, trägt sie zweieinhalb Autostunden davon entfernt an seiner neuen Arbeitsstätte aber natürlich immer bei sich in Gedanken, im Herzen – und am linken Handgelenk. Denn das zieren selbst gemachte, bunte Armbändchen von seiner Familie, die er so gut wie nie abnimmt. „Manche haben Tattoos, ich habe die Bändchen von meinen Kindern und meiner Frau“, sagt der 43-Jährige.

Am Donnerstagnachmittag hatte Walter beim offiziellen Trainingsauftakt im Robert-Schlienz-Stadion seinen ersten öffentlichen Auftritt als VfB-Coach. Die knapp 4500 Fans konnten sich erstmals davon überzeugen, was für ein imposanter Typ nun die Mannschaft trainiert. In schwarzer kurzer Hose und schwarzem T-Shirt betrat er den Platz und wurde mit Applaus empfangen.

1,92 Meter ist Walter groß – und sein Ego lässt ihn noch ein bisschen größer erscheinen. Er strotzt geradezu vor Selbstbewusstsein. Arroganz wird ihm nachgesagt – er nennt es Überzeugt-Sein vom eigenen Tun. Sein Fußball, so sagt er, spiegle auch ihn selbst wider. Er strahlt Mumm aus, sucht immer lieber die Offensive, statt sich zu verstecken. „Meine Vorgehensweise ist, dass ich mutigen, attraktiven Fußball spielen lasse, der immer aktiv ist“, sagt Walter. Er redet mehr in der Ich-Form als andere Trainer, betont dabei aber regelmäßig das „Wir“: „Das große Ganze, der Verein steht immer im Mittelpunkt, das soll auch das Signal nach außen sein.“

Er legt Wert auf eine hohe Identifikation mit dem Club. Das ist auch im Zusammenhang mit ihm selbst ein interessanter Aspekt. Walter, in Bruchsal geboren und in Karlsruhe aufgewachsen, war zu seinen Zeiten als Jugendtrainer des Karlsruher SC ein erbitterter Gegner des VfB. Jetzt ist er selbst in Stuttgart. Wie das zusammenpasst? „Es ist nicht wichtig, wo man herkommt, sondern wo man hin will. Ich hatte schon immer diesen Anspruch, mich zu verbessern“, sagt er. „Der VfB hat mich ein Stück weit auch zu dem gemacht, was ich jetzt bin.“ Die Rivalität mit den starken Stuttgarter Jugendteams spornte ihn an. Walter betont: „Für mich ist der Mensch wichtig, die Herkunft jedes Einzelnen interessiert mich wenig.“

Als Trainer ist der 43-Jährige, der früher unter anderem für den ASV Durlach in der Verbandsliga auflief, schon viel weiter gekommen denn als Spieler. Mit dem Sportvorstand Thomas Hitzlsperger und dem Sportdirektor Sven Mislintat bildet er beim VfB nun ein Triumvirat, das zusammen den Neuaufbau in Stuttgart gestaltet. Die Meinung des Trainers ist bei seinen Vorgesetzten gefragt, Walter redet bei der Zusammenstellung des Spielerkaders ein gewichtiges Wörtchen mit. Sein Ziel lautet: „Wir wollen den Verein weiterbringen. Das heißt in dem Fall auch, dass wir aufsteigen wollen.“

Der Abstieg hat den VfB schwer getroffen. Auch Walter hätte natürlich nach Stationen als Trainer beim Karlsruher SC (Jugend/ 2013 bis 2015), beim FC Bayern München (Jugend und zweite Mannschaft/2015 bis 2018) und in der vergangenen Saison beim Zweitligisten Holstein Kiel lieber den Schritt in die Bundesliga vollzogen. Doch er trauert dem nicht hinterher, „weil ich mich für den VfB entschieden habe und nicht für die Liga“: „Klar ist es schöner, in der ersten Liga zu trainieren als in der zweiten. Aber der Verein hat so eine Strahlkraft und ist so groß, dass es egal ist.“

Um den Negativtrend der vergangenen Jahre umzukehren, setzen Hitzlsperger und Mislintat auf Walter. Beim Scouting des Neuzugangs Atakan Karazor stach ihnen die Kieler Spielweise ins Auge und damit auch der Coach des Tabellensechsten der vergangenen Zweitliga-Saison. „Unser Trainer sprüht vor Energie“, sagt Hitzlsperger. „Es ist Vollgas angesagt.“

Maffeo geht, Massimo kommt

Der einstige Rekordtransfer Pablo Maffeo verlässt den VfB wie erwartet in Richtung Spanien. Der 21-jährige Rechtsverteidiger wechselt für ein Jahr auf Leihbasis zum FC Girona, teilten die Stuttgarter am Donnerstag mit. Maffeo war vor einem Jahr für rund zehn Millionen Euro von Manchester City zu den Schwaben gewechselt, zuvor aber ebenfalls schon von City an Girona ausgeliehen gewesen. Aufgrund von Undiszipliniertheiten in den vergangenen Monaten hatte Maffeo nicht mal mehr mit der Mannschaft des VfB trainieren dürfen.

Zudem holt der VfB Leihspieler Roberto Massimo vorzeitig vom Zweitliga-Rivalen Arminia Bielefeld zurück. Der 18-jährige Offensivspieler war 2018 für 1,5 Millionen Euro verpflichtet und anschließend direkt bis 2020 an die Arminia verliehen worden.

Auch bei der Verpflichtung eines neuen Stammtorhüters nach dem Abschied von Ron-Robert Zieler befinden sich der VfB auf der Zielgeraden. „Der Wunsch ist, dass er im ersten Trainingslager dabei ist“, sagte Sportdirektor Sven Mislintat. Der Absteiger wird am Sonntagabend für knapp eine Woche ins österreichische Kitzbühel reisen.