Die VfB-Fans äußern immer konkreter ihren Unmut – auch über die Vereinsführung. Foto: dpa - dpa

Es zeigen sich immer mehr Risse beim Stuttgarter Bundesligisten. Zuerst das 2:2 gegen Freiburg, dann tritt Aufsichtsrat Guido Buchwald zurück. Das Auswärtsspiel in Düsseldorf ist ein Scheideweg – für viele Beteiligten.

StuttgartWer am Montagmorgen nach dem 2:2 gegen den SC Freiburg auf den Trainingsplatz des VfB Stuttgart schaute, sah Spieler, die schon fleißig Meriten gesammelt haben in ihrer Karriere. Mario Gomez, der Ex-Nationalspieler. Holger Badstuber, der WM-Dritte von 2010. Gonzalo Castro, der Dauerbrenner der Bundesliga. Daniel Didavi, der feine Techniker. Das könnte beruhigend wirken. Doch beruhigend ist rein gar nichts derzeit beim VfB Stuttgart. 15 Punkte nach 20 Spielen, Relegationsrang 16, gegen den Sportclub den Sieg in der Nachspielzeit noch hergeschenkt – und davor eine Leistung gezeigt, die auch nicht gerade darauf hindeutet, dass die Siegesserie in Kürze beginnen wird.

Zwar sagte Trainer Markus Weinzierl am Montag: „Es waren auch positive Sachen zu sehen, in den letzten beiden Spielen hat man was erkennen können.“ Doch die Entwicklung zum Guten schreitet auch unter dem seit Oktober 2018 amtierenden Coach so langsam voran, dass es sogar mit dem Erreichen der Relegation eng werden könnte, wenn die Schritte nach vorn nicht zügig deutlich größer werden. „Die Spiele werden weniger, die Situation wird nicht einfacher“, sagte am Sonntag Kapitän Christian Gentner. Was also tun? Ein erneuter Trainerwechsel gilt mithin als letzte Patrone der Vereine im Keller, vermutlich wird der Markt längst sondiert. Sollte dieser Schritt nötig werden, steht aber auch die Zukunft von Michael Reschke mehr denn je infrage – unwahrscheinlich, dass der Sportvorstand innerhalb von lediglich 13 Monaten einen dritten Chefcoach verpflichten dürfte. Den von ihm zusammengestellten und im Winter ergänzten Kader hat am Sonntag bei „Sky“ Ex-VfB-Profi Thomas Berthold verbal auseinandergenommen: „Da stimmt hinten und vorne nichts.“

Berthold nimmt Kader auseinander

Das ist pauschal und populistisch, deckt sich allerdings mit dem Tabellenbild. Das auch Markus Weinzierl bekannt ist. Also suchte der Coach mühsam die positiven Dinge zusammen. Die „gute“ rechte Seite mit Benjamin Pavard und Alexander Esswein., die Moral der Mannschaft, die meist funktionierende Viererkette, die zwei „verdienten“ Tore gegen Freiburg, die aufsteigende Form von Nicolas Gonzalez. Fraglich, ob das reicht, um das Blatt noch nachhaltig zu wenden.

Der Trainer hat nach den Aufgeregtheiten des Sonntagabends den Blick auf das gelenkt, was er beeinflussen kann. Also nicht auf die strittigen Schiedsrichterentscheidungen – Gelb-Rot für Mario Gomez, fünf Minuten Nachspielzeit. Sondern auf die eigene Leistung. „Wir sind selbst schuld“, sagte Weinzierl und betonte: „Wir machen Kleinigkeiten falsch, diese Kleinigkeiten summieren sich.“ Zum Beispiel auf diese Zahl: 16-mal ist der VfB in dieser Saison in Rückstand geraten. Zudem ist auffällig, dass die Mannschaft auch nach 13 Spielen unter dem früheren Augsburger und einer Wintervorbereitung mit nahezu allen Spielern kaum Automatismen erkennen lässt. So hatte der VfB gegen den SC Freiburg zwar deutlich mehr Ballbesitz und verhinderte meist gefährliche Konter, dennoch war das Offensivspiel lange ausrechenbar und statisch.

Zuspiele sind unsauber, wie fast durchgängig bei Santiago Ascacibar. Laufwege der Kollegen scheinen unbekannt. Die Entscheidung – Dribbling oder Abspiel – fällt meist so spät, dass kein Überraschungsmoment mehr zu erzielen ist. Das änderte sich durch die Hereinnahme von Daniel Didavi – ein wenig. Weshalb es für Weinzierl „eine Überlegung“ ist, den Zehner künftig als Sechser aufzubieten, um die Zentrale spielstärker zu machen.

Es wäre eine weitere Umstellung, von denen der Coach schon einige versucht hat – speziell nach dem ernüchternden Rückrundenauftakt gegen den 1. FSV Mainz 05. Vorwärts geht es fußballerisch dennoch nur langsam, tabellarisch gar nicht. Was auch das Konto des Trainers belastet. Gegen Weinzierl spricht schon jetzt seine Bilanz.