Holger Badstuber tut dem VfB Stuttgart gut. Foto: Getty - Getty

Es deutet sich an, dass der Verteidiger nach nur einem Jahr in Stuttgart am Saisonende weiterzieht

StuttgartHat es eine so offensichtliche Win-win-Situation in der Bundesliga-Geschichte des VfB Stuttgart eigentlich schon einmal gegeben? Schließlich war da einmal ein leidgeprüfter, ehemaliger Weltklassefußballer mit einer Krankenakte dick wie eine Häuserwand, der beim Versuch, sich mittels eines Engagements beim FC Schalke 04 wieder im Topsegment des Profifußballs zu etablieren, gerade erst ganz eindeutig gescheitert war. Dieser Spieler traf im vergangenen Juli also auf einen Traditionsclub, seine Jugendliebe, die ihrerseits auch schon bessere Sommer gesehen hatte. Doch beide einte die Sehnsucht nach schöneren Tagen. Und so schlossen die beiden Parteien einen Pakt auf Zeit. Dieser läuft nun am 30. Juni aus.

Doch schon jetzt ist es keine Frage: Der VfB Stuttgart und sein Defensivmann Holger Badstuber, sie haben sich in dieser am 12. Mai zu Ende gehenden Bundesliga-Saison mehr als gutgetan, denn das Duo hat sich in schwieriger Zeit gegenseitig Halt gegeben. Und so haben beide Parteien in dieser so offensichtlichen Vernunftehe auf dem Weg nach oben eindeutig ihre jeweiligen (Zwischen-)Ziele erreicht, denn unter dem Aufsteiger aus Bad Cannstatt müsste sich fünf Spieltage vor Schluss schon der Boden auftun, sollte er abermals in den Untiefen der zweiten Liga versinken. Und Badstuber, der hat trotz einiger Wehwehchen bisher stolze 22 von 29 Bundesliga-Spielen absolviert. Wer hätte das zu Saisonstart gedacht?

Im Film, so viel ist klar, wäre eine Fortsetzung dieser Erfolgsstory ein unbedingtes Muss. Im Fußball liegen die Dinge aber ganz offensichtlich ein wenig anders – denn da deutet vieles in der Liaison Badstubers mit dem VfB auf ein Beziehungsende hin. So ist es äußerst fraglich, ob sich beide Vertragspartner noch über eine Verlängerung des einjährigen, stark leistungsbezogenen Engagements des Verteidigers verständigen werden. „Ich werde mir alles anhören. Es wird ein offenes Gespräch“, so hat es Badstuber, der auch am Verhandlungstisch ein echter Charakterkopf ist, immerhin angekündigt. Dieser Tage vertieft der 29-Jährige an der Seite seines Beraters, des Münchner Anwalts Peter Duvinage, die Gespräche mit dem Stuttgarter Manager Michael Reschke. Dabei betonen beide Parteien nimmermüde und fast schon ein wenig angestrengt, wie offen und locker der gegenseitige Umgangston sei.

Das darf er auch sein: Schließlich hat sich unser Pärchen ja längst reinen Wein eingeschenkt. Die gegenseitige Wertschätzung ist weiter vorhanden – aber sie kennt ihre Grenzen. Da ist zum einen die Sichtweise von Holger Badstuber. „Wenn man einmal Champions League gespielt hat, will man das wieder erleben“, sagt der WM-Dritte von 2010, der mit dem FC Bayern München sechsmal deutscher Meister wurde. Also spricht der 1,90-Meter-Mann nach Spielen der Stuttgarter in seiner Analyse schon mal vom „VfB“ anstatt vom „Wir“ – und hat zuletzt ganz offen mit dem italienischen Serie-A-Club Lazio Rom fremdgeflirtet. Er habe von Lazio „schon sehr viel Gutes gehört“, sagte der Blondschopf der „Gazzetta dello Sport“, während ihn türkische Medien in Verbindung mit Fenerbahce Istanbul bringen.

Korkut verrät Meinung nicht

Dass sich ein Spieler derart zu Markte tragen darf, das ist zumindest in der laufenden Saison ungewöhnlich. Doch beim VfB sieht man Badstuber dies nach. Schließlich läuft der Vertrag aus – und selbst hat man sich dem alten Partner bisher ja auch nicht mittels einer dicken Gehaltserhöhung an den Hals geworfen, denn dieser Badstuber, der steht zwar weiter für Zweikampfstärke, Spielintelligenz und einen guten Spielaufbau, doch er zählt nicht mehr zu den schnellsten und wendigsten Verteidigern in der Liga. Also wägt auch der VfB sorgsam ab.

„Ich habe da eine klare Meinung. Michael Reschke kennt sie – aber die bleibt intern“, sagt daher Tayfun Korkut knapp auf die Frage, ob er sich für einen Verbleib des 29-Jährigen starkmacht. „Erfahrung und Qualität, diese zwei Komponenten sind eine ganz gute Paarung“, ergänzt der VfB-Cheftrainer dann noch. Überschwängliche Elogen auf einen hoch geschätzten Spieler hören sich allerdings anders an.

Also wird das Erfolgsgespann nach nur einem Jahr, nach einem gelungenen One-Year-Stand, wohl wieder getrennte Wege gehen. Es sei denn, keiner der beiden findet eine passendere Braut.

Korkuts Personalpuzzle

Am Samstag, wenn um 15.30 Uhr Hannover 96 zum Duell der Aufsteiger in Stuttgart zu Gast ist, muss Trainer Fayfun Korkut sein Team neu sortieren. Zum einen, weil Mittelfeldmotor Santiago Ascacibar nach seiner zehnten Gelben Karte aussetzen muss. Zum anderen, weil hinter dem Einsatz von Timo Baumgartl nach seiner Gehirnerschütterung nach wie vor ein Fragezeichen steht. Der Innenverteidiger konnte zuletzt alle Trainingseinheiten voll mitmachen. Weil man aber weiterhin kein Risiko eingehen wolle, wird über seinen Einsatz wohl erst am Spieltag entschieden. Die beiden Personalien Baumgartl und Ascacibar sind eng verknüpft. Für Korkut ergibt sich daraus ein Personalpuzzle: Sollte Baumgartl weiter ausfallen, wird Marcin Kaminski in der Innenverteidigung einspringen. Holger Badstuber wäre an der Seite von Dennis Aogo der erste Anwärter auf die vakante Position im defensiven Mittelfeld. Kehrt der 22-jährige Baumgartl hingegen zurück, wäre er in der Abwehrzentrale neben Benjamin Pavard gesetzt. Für Kaminski gäbe es dann keinen Platz in der Abwehr, genauso wenig wie für Badstuber – weil der 29-Jährige ohne Ascacibar auf der Sechser-Position unverzichtbar erscheint.