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OstfildernDie letzten beiden Spielminuten waren angebrochen. Im hochemotionalen Bundesliga-Derby zwischen den Handballerinnen des TV Nellingen und der Neckarsulmer SU hatte Nellingens Szimonetta Gera eben zum 34:34 augeglichen. Die 580 Zuschauer hielt es in der Sporthalle 1 nicht mehr auf den Plätzen.

Während TVN-Trainer Ralf Rascher unbeweglich am Spielfeldrand stand, tobte auf der anderen Seite der Neckarsulmer Coach Pascal Morgant. Er schleuderte eine Wasserflasche ins Eck und bekam dafür eine Zweiminutenstrafe. In Unterzahl traf Neckarsulm erneut zur Führung, Rascher nahm 38 Sekunden vor dem Schlusspfiff seine dritte Auszeit. Nellingen hatte den letzten Angriff – erneut Gera traf zum 35:35 (13:21)-Ausgleich. Ein Unentschieden, das sich für die Nellingerinnen wie ein Sieg anfühlte.

Ein Fast-Sieg im Abstiegskampf, im Derby, beim Wiedersehen mit dem Nellinger Ex-Trainer Morgant. Für ihn war es eine Rückkehr an seine alte Wirkungsstätte. Fünf Jahre hatte er die Hornets trainiert, mit ihnen den Aufstieg in die Bundesliga geschafft. Auch für die ehemalige Nellingerin Louisa Wolf, die mit Morgant zur NSU gewechselt hatte, war es ein Wiedersehen. Die Spielmacherin konnte jedoch nur zusehen, da sie sich kürzlich erst das Kreuzband gerissen hat.

Morgant wollte Revanche für das Hinspiel. In der Neckarsulmer Ballei hatten die Nellingerinnen die NSU mit 25:22 geschlagen. Und es sah auch so aus, als ob Morgant auf einem guten Weg war: Nach 20 Minuten lag die NSU mit 13:7 vorne. Doch ein Doppelpack von Nellingens Kreisläuferin Stefanie Schoeneberg brachte die Hornets auf 11:14 (23.) heran. Roths Paraden im Neckarsulmer Tor sowie Fehlwürfe der Nellingerinnen ließen die Gäste bis zur Pause auf 21:13 davonziehen. Die zukünftige NSU-Torhüterin Sarah Wachter erwischte keinen so guten Tag und wurde nach 28 Minuten im Nellinger Tor durch Celina Meißner ersetzt.

„Wir müssen uns fragen, warum wir in der ersten Hälfte – und da hab ich für mich noch keine Erklärung – Dinge in der Abwehr nicht umgesetzt haben, die wir klar trainiert hatten“, sagte Rascher. „Wir wollten aggressiv drauf gehen und gegen den Kreis verteidigen, das hat überhaupt nicht funktioniert. Dazu kam, dass wir ganz viele freie Würfe verballert haben. Ich kann es mir nur mit der Nervosität erklären.“

Diese war nach Wiederanpfiff vergessen. Die Nellingerinnen stürmten aufs Neckarsulmer Tor, ruckzuck hatten sie innerhalb von vier Minuten auf 18:21 verkürzt. Zudem setzten sie auf eine Manndeckung der starken Neckarsulmerin Nele Reimer.

Morgant gefiel das nicht: „In der ersten Hälfte haben wir mit dem nötigen Biss agiert, nach der Pause kommen wir schlecht raus. Wir bringen uns selbst in Unruhe, setzen uns selbst unter Druck und rennen die ganze Hälfte mit diesem Druck herum.“

Dann hagelte es innerhalb von kurzer Zeit zweimal Zeitstrafen für die Hornets: Padutsch und Vivien Jäger mussten vom Feld, die Nellingerinnen spielten eineinhalb Minuten nur zu fünft. Nach einem Siebenmeter für die Neckarsulmerinnen, den Ana Pavkovic zum 23:18 verwandelte, kochten die Emotionen über, vor allem bei den Zuschauern.

Entschieden war noch nichts, die Hornets kamen durch Padutschs sehenswerten Tempogegenstoßtreffer zum 21:23 (41.), dann zog Neckarsulm wieder auf vier Tore davon (26:22/45.). Im wilden Hin und Her in der Schlussphase zeigten die Nellingerinnen ihren Kampfgeist. „Das, was die Spielerinnen nach der Halbzeit geleistet haben, wie sie gemeinsam gekämpft haben, das gibt mir unglaublich Mut für die nächsten Wochen und Monate“, lobte Rascher, der mit Nellingen nun einen Tabellenplatz gut gemacht hat und Drittletzter (7:25 Punkte) hinter der NSU (9:23) ist. „Ich bin jetzt erstmal durch“, ergänzte Rascher glücklich-erschöpft.

Morgant dagegen war enttäuscht und haderte: „Letztendlich war das Unentschieden wahrscheinlich gerecht, aber ich hätte mir gewünscht, dass wir einen Schritt weiter wären, was die Cleverness und die klarere Chancenverwertung angeht. Wir hatten gute Möglichkeiten und machen am Ende das Ding nicht mehr.“

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