Von James Rodriguez werden viele Tore erwartet. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Tilmann Mehl

München - Die Bayern haben sich endgültig vom Rest der Liga entfernt. In Jahren des Umbruchs sei der Rekordchampion zufrieden, „selbst wenn wir dann zwei Jahre lang nur Meister werden sollten“, sagte Patron Uli Hoeneß. Die Schale als schnöde Bedürfnisbefriedigung. Dass die Münchner ihren mittlerweile fünf in Folge errungenen Meisterschaften auch noch die Nummern sechs folgen lassen, scheint trotz der Abgänge von Philipp Lahm und Xabi Alonso klar.

Ist denn wirklich niemand in der Lage, die Bayern zu verdrängen?

Doch. Sowohl Leipzig als auch Dortmund haben gezeigt, in einzelnen Spielen den Münchnern dann überlegen sein zu können, wenn sie ihre Spielidee konsequent umsetzen. An so etwas wie einem übergeordneten Plan nämlich fehlt es den Bayern unter Ancelotti. Der kann eine Mannschaft wunderbar führen, möglicherweise auch auf die wenigen Saisonhöhepunkte vorbereiten - die sieht er aber eher in der Champions League. Sollten also Leipziger und Dortmunder trotz der Champions-League-Belastung in der Liga unnötige Punktverluste verhindern, ist etwas möglich.

Dann wird es aber wohl eng für Ancelotti, oder?

Ja. Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge schätzen ihren Trainer - hängen aber nicht wirklich an ihm, so wie sie beispielsweise bei Heynckes taten. Dass die Münchner Ancelottis Wunschspieler James Rodriguez verpflichteten, ist ein Vertrauensbeweis. Hoeneß setzte den Trainer aber auch unter Druck, als er sagte, James kam einzig aufgrund des Anratens Ancelottis. Sollte die Meisterschaft in Gefahr geraten, wird der Italiener sein zweites Vertragsjahr nicht erfüllen.

Kann James überhaupt die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllen?

Erst einmal nicht. Der Kolumbianer hat sich bei der 0:3-Pleite gegen den FC Liverpool eine Oberschenkelverletzung zugezogen und wird den Münchnern zum Saisonstart fehlen. Und dann, wenn er wieder fit ist? Sollte er beständig treffen. Das aber wird schwierig. Schließlich sind auf den Außenbahnen Franck Ribéry und Arjen Robben gesetzt. Auf den Platz hinter der Spitze Robert Lewandowski balgt sich James mit Thomas Müller. In der Vorbereitung ließ der Bayer im Vergleich zur schwachen vergangenen Saison einen Formanstieg erkennen. Diese Art Luxusproblem wünscht sich nun aber jeder Trainer.

Wie ist es nach den Abgängen von Philipp Lahm und Xabi Alonso eigentlich um die Hierarchie in der Mannschaft bestellt?

Die kann sich erst in den kommenden Monaten herauskristallisieren. Klar ist, dass Manuel Neuer eine tragende Rolle einnehmen wird. Ob er aber auch eine Mannschaft ähnlich souverän wie Lahm führen kann, muss sich erst noch zeigen. Auch Müller ist dafür vorgesehen, auf die Mannschaft einzuwirken. Er muss sich allerdings erst einen Stammplatz erkämpfen, um auch tätig werden zu können. Mit Mats Hummels gibt es einen Spieler, der prädestiniert dafür ist, ein Team intern zu lenken. In der Öffentlichkeit tritt aber immer wieder Jerome Boateng mit offensiven Äußerungen auf, er wolle eine Führungsrolle einnehmen. Bis sich eine neue Hierarchie gefunden hat, wird es intern möglicherweise einige Reibereien geben.

Was können die Bayern denn im Optimalfall alles aus der Saison mitnehmen?

Titeltechnisch natürlich das Triple. Das ist aber eher unwahrscheinlich. Wichtiger aus Sicht der Münchner ist, sich für die kommenden Jahre zu wappnen. Sollte sich Joshua Kimmich als passabler Nachfolger Lahms als Rechtsverteidiger beweisen, wäre schon viel gewonnen. Wenn sich dann auch noch zeigt, dass Kingsley Coman auf einer Seite das Loch stopfen kann, dass Ribéry und Robben in absehbarer Zeit hinterlassen, wäre die Saison als voller Erfolg zu werten. Die Krönung wäre, dass 41-Millionen-Neuzugang Corentin Tolisso zusammen mit Arturo Vidal und Thiago ein harmonisierendes Dreieck bilden, das auf beiden Seiten des Spielfeld wirkmächtig auftritt.

Zu- und Abgänge

Zugänge: Corentin Tolisso (Olympique Lyon,41,5 Millionen Euro), Kingsley Coman (Juventus Turin, 21 Millionen Euro, zuvor ausgeliehen), Niklas Süle (TSG 1899 Hoffenheim, 10 Millionen Euro), James Rodriguez (Real Madrid, Leihe, 10 Millionen Euro), Serge Gnabry (Werder Bremen,8 Millionen Euro), Sebastian Rudy (TSG 1899 Hoffenheim,ablösefrei).

Abgänge: Medhi Benatia (Juventus Turin, 17 Millionen Euro, zuvor ausgeliehen), Douglas Costa (Juventus Turin, 6 Millionen Euro Leihgebühr), Serge Gnabry (TSG 1899 Hoffenheim, 1,2 Millionen Euro Leihgebühr), Holger Badstuber (VfB Stuttgart, ablösefrei ), Tom Starke (Karriereende), Xabi Alonso (Karriereende), Philipp Lahm (Karriereende).