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Finanzen

Mit dem Eigenheim die nächste Immobilie finanzieren

Das Familienheim ist bezahlt, jetzt soll noch eine Eigentumswohnung her. Dafür wird das Haus beliehen. Mit der Absicherung im Rücken lässt sich die Finanzierung besser stemmen. Aber zu welchem Preis?

Mit dem Eigenheim die nächste Immobilie finanzieren

Wer schon eine Immobilie besitzt, kann für den Kauf eines neuen Objektes das alte beleihen. Das hat Zinsvorteile, aber auch Risiken. Foto: dpa/Christin Klose

Auch wenn die Preise für Wohnimmobilien im Schnitt zuletzt gesunken sind, das Preisniveau bleibt nach wie vor hoch. Zudem verteuern gestiegene Zinsen die Baufinanzierung. Wohl dem, der bereits eine Immobilie besitzt. Er kann sie als Sicherheit für den Neukauf beleihen. Bei Banken wird das gern gesehen: Denn kann der Kredit für das neue Objekt nicht mehr bedient werden, können sich Finanzinstitute mit der finanzierten und der zusätzlich beliehenen Immobilie an gleich zwei Sicherheiten schadlos halten.

Und zwar so: Die für den Neukauf aufzunehmende Darlehenssumme wird teilweise ins Grundbuch der möglichst schon entschuldeten Immobilie eingetragen. Dort rückt die Bank in der Regel an den ersten Rang, was dazu führt, dass ihre Ansprüche bei Zahlungsunfähigkeit des Kreditnehmers prioritär bedient werden.

Doch nicht nur die Bank profitiert. Haus oder Wohnung erneut zu belasten, verbessert auch die Darlehens konditionen für den Neuerwerb. „Mit einer Immobilie im Hintergrund fällt der Zinssatz erfahrungsgemäß niedriger aus“, sagt Helena Klinger vom Institut für Finanzdienstleistungen in Hamburg (iff). Ist die Grundschuld für das zu belastende Objekt noch nicht gelöscht und ist der Kredit für das vorhandene Objekt entweder ganz oder größtenteils getilgt, kann das neue Darlehen darauf eingetragen werden. Adrian Englschalk, Berater bei der Verbraucherberatung Niedersachsen, nennt zwei typische Ausgangsszenarien für Beleihungen. Entweder dienen sie als Ersatz für Eigenkapital beim Kauf der neuen Immobilie. Oder Eltern stellen Haus oder Wohnung zur Absicherung eines Darlehens zugunsten von bau- und kaufwilligen Kindern zur Verfügung. Diese Option ersetzt mitunter die innerfamiliäre Bürgschaft. Englschalk zufolge geben Banken Kindern den Rückgriff auf das Elternhaus vermehrt als Finanzierungstipp mit auf den Weg. Aus der Perspektive der Kinder sei dies sinnvoll. Eine Beleihung werde wie Eigenkapital betrachtet, der Zins sinke. Über die Summe und die Kreditlaufzeit könne so Geld gespart werden. Aus der Eltern-Perspektive sei die Lösung sehr bedenklich: „Platzt das Darlehen, hängt das beliehene Eigenheim mit drin.“ Im schlimmsten Fall wird es mit verwertet. 

Als Eigenkapital-Ersatz dienen die eigenen vier Wände, wenn Eigentümer in eine oder mehrere weitere Immobilien investieren, aber wenig aus eigener Tasche beisteuern wollen. Unter Profi-Anlegern, die einen größeren Bestand aufbauen, ist diese Art der Finanzierung gängig. Auch private Immobilienbesitzer nehmen immer öfter eine Hypothek aufs Haus auf. Banken und Bausparkassen gehen mit. Beleihungen „vorhandener Wohnobjekte im Rahmen geplanter Finanzierungen sind geübte Praxis“, heißt es bein Verband der Privaten Bausparkassen.

Kapitalanleger können aus der Belastung der alten Immobilie zusätzlich zu den Zinsvorteilen Steuervorteile generieren, wenn sie die frisch erworbene vermieten. „Dann lassen sich die Zinsaufwendungen von der Einkommensteuer absetzen“, sagt Frank Lösche vom Vermittler Dr. Klein. Doch: Wer sein Eigentum belastet, um sich neue Immobilien zuzulegen, riskiert das selbst genutzte Haus. Die Bank darf dieses bei Zahlungsausfall verwerten. Helena Klinger vom iff hat eine dritte Beleihungsoption im Blick: um Liquidität zur Modernisierung des Eigenheims zu beschaffen. Banken offerieren für den Zweck üblicherweise Annuitätendarlehen. Zu diesen könne bei Beträgen von etwa 50 000 Euro an aufwärts der Einsatz einer bereits bestehenden Grundschuld eine überlegenswerte Finanzierungsalternative darstellen, meint Klinger.

Wer beleihen will, sollte vor einer Entscheidung mehrere Lösungen und Angebote einholen. Bei stimmigen Rahmenbedingungen ist die Beleihung der eigenen Immobilie wegen der Zinsersparnis sinnvoll. Das wird mit dem Risikofaktor des potenziellen Verlusts der Immobilien erkauft. Beides sollte man gegeneinander abwägen. Monika Hillemacher


Bauspar-Boom hält an

Die Zinswende bescherte dem Bausparvertrag zuletzt eine Renaissance. Die Entwicklung verliert aber etwas Geschwindigkeit.

Bausparverträge stehen bei den Menschen in Deutschland nach wie vor hoch im Kurs. Für das 2023 erwarte man ein Plus von etwa 15 Prozent - sowohl bei der Anzahl der Neuverträge als auch bei der Bausparsumme, sagte der Vorstandsvorsitzende des Verbands der Privaten Bausparkassen, Bernd Hertweck. Genaue Zahlen liegen noch nicht vor.

Die Institute können somit auf hohem Niveau zulegen - auch wenn die Entwicklung etwas an Tempo verliert: Im Jahr 2022 hatten die privaten Bausparkassen ungefähr 895 000 Verträge über eine Summe von ungefähr 59,4 Milliarden Euro abgeschlossen. Beim Volumen hatte das im Vergleich zum Jahr 2021 einem Zuwachs von 47 Prozent entsprochen, die Zahl der Neuverträge war um 15 Prozent gestiegen.

Zinsabsicherung als Kernmotiv

Den Landesbausparkassen (LBS) lag noch keine Prognose für das gesamte Jahr 2023 vor. Von Januar bis September setzte sich jedoch auch bei den Bausparkassen der Sparkassen die positive Entwicklung im Neugeschäft fort. Sie schlossen nach eigenen Angaben in dieser Zeit ungefähr 382 000 neue Bausparverträge mit einem Volumen von 24,9 Milliarden Euro ab. LBS-Verbandsdirektor Axel Guthmann bezifferte den Zuwachs bei der Anzahl der Verträge auf 7,7 Prozent. Das Bausparsumme legte - ebenfalls im Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum - um 4,4 Prozent zu. Für das Gesamtjahr 2022 war der Zuwachs bei Verträgen und Bausparsumme noch deutlich zweistellig. Die Gründe für den Boom des Finanzprodukts sind unverändert: „Eigenkapitalaufbau in Kombination mit Zinsabsicherung und Vorsorge für die Heizwende waren die entscheidenden Nachfragemotive“, sagte Hertweck, der auch Vorstandschef der Wüstenrot Bausparkasse ist.

Bausparverträge teilen sich in zwei Phasen auf: Die Sparerinnen und Sparer zahlen regelmäßig Geld ein, um nach einigen Jahren das Recht auf einen niedrig verzinsten Kredit zu bekommen - dadurch haben sie Planungssicherheit, zum Beispiel für den Kauf einer Wohnung. Darüber hinaus erhalten sie Guthabenzinsen.

Die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) nach der Finanzkrise hatte das Geschäft der Bausparbranche jedoch jahrelang unter Druck gesetzt. Günstige Kredite waren nichts Besonderes mehr, sondern eine Selbstverständlichkeit. Doch nach der Zinswende der EZB Mitte 2022 haben sich Immobilienkredite deutlich verteuert - und die Nachfrage nach Bausparverträgen in die Höhe schießen lassen.

Beim Ausblick auf 2024 geben sich die privaten Institute vorsichtig optimistisch: Wegen der leicht gesunkenen Immobilienzinsen erwarten sie kurzfristig eher eine Seitwärtsentwicklung. Mittelfristig seien auch kleine Rücksetzer möglich, sagte Hertweck. Aber: „Die große Zinswende nach unten, die von einigen schon ausgerufen wird, sehe ich noch nicht. Bausparen bleibt attraktiv.“ Etwas positiver blicken die Landesbausparkassen in die Zukunft: Man gehe davon aus, dass sich die bisherige Entwicklung 2024 fortsetze - die Nachfrage nach Bausparverträgen also hoch bleibe, hießs es.

„Bausparvertrag wird immer mehr zum Energiesparvertrag“

Dazu soll auch die voraussichtlich steigende Nachfrage nach Krediten für die Finanzierung von energetischen Sanierungen beitragen. Die Sanierungspflichten in der EU seien zwar vom Tisch, sagte Guthmann. „Da aber durch den steigenden CO₂Preis das Heizen noch deutlich teurer wird, lässt der Druck kaum nach, die eigenen vier Wände energetisch fit zu machen.“ Eine Entwicklung, die auch die Privaten beobachten: „Der Bausparvertrag wird immer mehr zum Energiesparvertrag“, sagte Hertweck.

Die Landesbausparkassen stehen für rund ein Drittel des deutschen Marktes, den Rest teilen sich die privaten Institute. Kernland der Branche ist Baden-Württemberg. Die vier Bausparkassen im Südwesten vereinigen auf sich nach eigenen Angaben fast 60 Prozent des Marktes und vertreten mehr als zwölf Millionen Kundinnen und Kunden. Neben dem Branchenprimus Schwäbisch Hall haben die größte deutsche LBS - die LBS Süd - sowie Wüstenrot und die Deutsche Bausparkasse Badenia ihren Hauptsitz in Baden-Württemberg. Julian Weber

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