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Gibt es eine verlängerte Busspur am Neckartor? Im Luftreinhalteplan ist diese vorgesehen, wenn dadurch der Schadstoffausstoß reduziert wird.

Stuttgart„Die Busspur am Neckartor kann die Luftbelastung für Anwohnerinnen und Anwohner senken“, fasst das Ministerium die Aussagen eines aktuellen Gutachtens zusammen. Doch es gibt Gegner: Eine Mehrheit im Stuttgarter Gemeinderat und die SSB befürchten, dass so noch mehr Staus entstehen. Wir haben uns das fast 60-seitige Gutachten angeschaut. Kurios: Beide Parteien finden Positionen für ihre Argumente.

Was wurde untersucht?

In dem Gutachten wurden verschiedene Varianten der Busspur unter die Lupe genommen. Zuerst wurde untersucht, wie sich die Varianten auf das Verkehrsgeschehen in der abendlichen Spitzenstunde von 16 bis 17 Uhr auswirken. Fußend auf den Ergebnissen von Simulationsmodellen wurde die Entwicklung der Schadstoffbelastung mit Stickstoffdioxid am Neckartor ermittelt.

Welche Varianten der Busspur gibt es?

In Betracht kommen drei Varianten. Allen ist gemeinsam, dass die Busspur auf dem rechten Fahrstreifen der Stadtauswärtsfahrbahn angelegt wird. Nur die Länge der Busspur variiert. In der ersten Variante beginnt sie kurz nach dem Gebhard-Müller-Platz am Wullesteg und reicht durchgehend bis zur Kreuzung B 14/Heilmannstraße. In der zweiten Variante wird die Busspur vor der Kreuzung Willy-Brandt-/Neckarstraße unterbrochen und gemeinsam mit dem Rechtsabbiegerverkehr in die Neckarstraße genutzt. Drittens: Die Busspur wird vom Wullesteg an mit der Rechtsabbiegerspur gemeinsam genutzt und erst nach der Kreuzung Neckarstraße als eigene Spur geführt.

Was sind die Auswirkungen?

In allen Varianten kommt es zu „teilweise massiven Rückstaubildungen“ im abendlichen Berufsverkehr, stellen die Gutachter fest. Am stärksten sind sie in der ersten Variante mit der langen Busspur.

Was empfehlen die Gutachter?

Nach ihren Berechnungen hat die dritte Variante keine Vorteile gegenüber der zweiten Variante – also der, bei der die eigene Busspur nur im Kreuzungsbereich mit der Neckarstraße aufgegeben wird. Aber auch diese Variante könne das heutige Verkehrsaufkommen „nicht leistungsfähig“ abwickeln. Es werde sich in der Spitzenstunde ein Stau bis zum Charlottenplatz bilden. Aus Sicht der Gutachter ist „die Rückstauproblematik nur bewältigbar“, wenn der Autoverkehr um mindestens zehn Prozent zurückgeht.

Was bedeutet das für die Luft?

Dafür haben die Gutachter dem Ist-Zustand zwei Modelle gegenübergestellt: einmal die Busspur beim heutigen Verkehrsgeschehen und dann bei einem um 25 Prozent reduzierten Verkehr stadtauswärts. Die Stickstoffdioxidmittelwerte gehen allein mit der Busspur nur geringfügig zurück. Deutliche Rückgänge um bis zu sieben Mikrogramm gibt es nur, wenn gleichzeitig der Verkehr zurückgeht. Allerdings liegen die berechneten 2019er-Werte dann noch immer über 62 Mikrogramm pro Kubikmeter. Der Grenzwert selbst beträgt 40 Mikrogramm.

Was meint das Verkehrsministerium?

Ausschlaggebend für die sinkende Luftbelastung sei vor allem, dass „nach der Einrichtung der Busspur voraussichtlich weniger Autos am Neckartor vorbeifahren werden“. Besonders stark würden die Werte an der Wohnbebauung sinken – nämlich um bis zu zehn Prozent. Allerdings seien mit der Busspur „Chancen und Risiken“ verbunden, so das Ministerium: „Um zusätzliche Staus zu vermeiden, müsste der Verkehr um zehn Prozent abnehmen.“ Das hält das Ministerium für möglich. Die Stadt will sich derzeit nicht dazu äußern.

Wie geht es weiter?

Das Land will die Busspur bis zum 8. Juni realisieren. Darüber wird es nun eine Debatte geben – im Rahmen der Stellungnahmen zum Luftreinhalteplan. „Die genaue Wirkung der Busspur wird sich erst nach der Einführung zeigen“, meint das Ministerium.