Die Ermittlungen gegen Sozialbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) im Klinikskandal und die Reaktionen im Rat heizen den Streit zwischen Rat und Verwaltung weiter an. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski - Lichtgut/Leif Piechowski

Nach der Aufnahme von Ermittlungen gegen Bürgermeister Werner Wölfle im Klinikskandal ist unklar, wie es weitergeht. Die Fronten zwischen Verwaltung und Gemeinderat verhärten sich.

StuttgartAls am Mittwoch die Staatsanwaltschaft das Büro von Stuttgarts Sozialbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) durchsuchte und Unterlagen beschlagnahmte, war das ein weiterer Paukenschlag im Klinikskandal. Der Vorwurf gegen Wölfle: Untreue zum Nachteil der Landeshauptstadt in seiner Zeit als Krankenhausbürgermeister. Die Frage: Was wusste der heutige Sozialreferent über ein Beratergeschäft mit Kuwait, dessen Volumen von 46 Millionen Euro 20 Millionen Euro in Nebenabreden verdeckt einkalkulierte Provisionen enthielt, ohne dass Leistungen ermittelt wurden? SPD-Fraktionschef Martin Körner fordert seit längerem den Rücktritt Wölfles, Thomas Adler von SÖS/Linke-plus wirft der Verwaltungsspitze Vertuschung vor, CDU-Fraktionschef Alexander Kotz hat vorgeschlagen, Wölfle solle sein Amt ruhen lassen. Die Verwaltung erklärte am Freitag, man prüfe, „welche Konsequenzen das Ermittlungsverfahren haben kann“. Ein Ergebnis gebe es erst in der nächsten Woche. Ähnlich das Regierungspräsidium: Die „komplexen Fragestellungen“ ließen sich bei gewissenhafter Prüfung nicht auf die Schnelle beantworten.

Einem Wahlbeamten, wie es Wölfle als Bürgermeister ist, steht es nicht frei, seinen Dienst einfach ruhen zu lassen. Und die Aufnahme staatsanwaltlicher Ermittlungen reicht für eine Dienstenthebung nicht aus. Auch eine vorläufige Dienstenthebung nach dem Disziplinargesetz ist wohl nur dann möglich, wenn die Vorwürfe so schwerwiegend sind, dass die Aufhebung des Beamtenverhältnisses klar absehbar ist.

Die Mitglieder des Akteneinsichtsausschusses des Gemeinderats, die sich um die Aufklärung der Vorgänge in der Auslandsabteilung des Klinikums mühen, waren am Freitag von der Durchsuchung betroffen. Als CDU-Stadtrat Klaus Nopper am Freitag gegen 8.30 Uhr mit dem Aktenstudium beginnen wollte, konnte er wieder von dannen ziehen. „Akteneinsicht ohne Akten ist schwer“, sagte Nopper. „Elf der 49 Akten waren weg.“ Doch er ist zuversichtlich, dass der Ausschuss seine Arbeit bald fortsetzen kann. Eigentlich sollten Kopien der Akten am Morgen wieder im Rathaus sein. Aber es habe bei der Ermittlungsbehörde „technische Probleme“ gegeben.

Während sich die Mehrheit im Gemeinderat durch die Ermittlungen bestätigt fühlt, ist man in der Verwaltung über einige Äußerungen verärgert. Etwa dass Martin Körner erklärte, er sei der Meinung, „dass Werner eine treibende Kraft bei krummen Geschäften des Klinikums“ gewesen sei. Ein hochrangiges Verwaltungsmitglied sagte kürzlich, es werde „ein Stück kommunalpolitischer Kultur zerschlagen“. In mehreren Fraktionen wiederum spricht man von „Irreführung“ durch die Verwaltung. Ein Streitpunkt ist das Zustandekommen des Aufhebungsvertrags mit dem früheren Klinikgeschäftsführer Ralf-Michael Schmitz. Die Ratsmehrheit fühlt sich durch die Darstellung der Verwaltung, man habe das Gremium wegen Vorgaben von Staatsanwaltschaft und Steuerfahndung nicht über einen brisanten Bericht des Rechnungsprüfungsamts informiert, hintergangen. Deshalb hat die Mehrheit eine Aussprache zur Stellungnahme der Stadt am Mittwoch abgelehnt. Erst will man den eigenen Zwischenbericht in der Sache fertig machen.