Eine filigrane Konstruktion, die ganz ohne Stützen auskommt: Wie ein „Goldenes Band“ könnte sich der von Werner Sobek entworfene Steg über die B 14 ziehen. Visualisierung: Werner Sobek, Stuttgart Quelle: Unbekannt

Stuttgart (eh) - In die Debatte über die Zukunft der Stuttgarter Kulturmeile hat das Staatsministerium jetzt auch eine Idee eingebracht: Über die als trennende Verkehrsschneise empfundene B 14 könnte doch ein Steg gebaut werden. Der Entwurf von Architekt Werner Sobek sieht ein „Goldenes Band“ vor. Doch dieser Vorschlag stößt auf Kritik.

Links und rechts der Konrad-Adenauer-Straße im Herzen Stuttgarts reihen sich verschiedene Kultureinrichtungen der Stadt und des Landes aneinander - voneinander getrennt durch eine mehrspurige Bundesstraße. Seit Jahren schon wird darüber diskutiert, wie Fußgänger die achtspurige Verkehrsschneise, über die täglich mehr als 100 000 Fahrzeuge rollen, überwinden können. Ambitionierte Pläne wurden geschmiedet: Zwischen Charlottenplatz und Gebhard-Müller-Platz sollte die B14 in einem Tunnel verschwinden. Bis auf den zur Fußball-WM 2006 fertiggestellten kleinen „Deckel“ vor dem Wilhelmspalais, für den der Wilhelm-Hofmann-Steg abgerissen wurde, hat sich jedoch wenig verändert. 2009 wurden die Pläne für den fast 80 Millionen Euro teuren Tunnel schließlich begraben. 2011 dann präsentierte die Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung (DASL) Skizzen für einen „City-Boulevard“ zwischen Marienplatz und Gebhard-Müller-Platz: Einige Fahrspuren der Stadtautobahn sollten zurückgebaut werden, dadurch würden breite Mittelstreifen entstehen, auf den Fußgänger unter Baumreihen flanieren könnten. Auch diese Pläne wurden zu den Akten gelegt. Die Stadt will stattdessen im nächsten Jahr einen Wettbewerb für die Neugestaltung der B14 zwischen Gebhard-Müller-Platz und Österreichischen Platz durchführen. Als Grundlage dafür sammelt sie derzeit „ergebnisoffen“ Ideen ein - zum Beispiel gestern Abend bei einer öffentlichen Diskussion im Stadtmuseum.

Dabei brachte auch das Staatsministerium eine Idee ein. Herzstück eines möglichen Kunst- und Kulturquartiers ist demnach der von Werner Sobek entworfene Steg. Die filigrane Konstruktion für Fußgänger und Radfahrer soll sich vom Landtagsparkplatz, der dafür entfallen würde, zur Musikhochschule als „Goldenes Band“ über die B 14 ziehen - ultraleicht, ganz ohne Stützen, mit einer Metallbeschichtung und einem Geländer aus Glas. Es handle sich nicht um eine Brücke im klassischen Sinn, sondern vielmehr um Kunst im öffentlichen Raum, meint Sobek. Die Kosten für diese begehbare Installation werden auf sieben Millionen Euro taxiert. Die Begeisterung für den Steg ist im Staatsministerium so groß, dass man gar eine Beteiligung an den Kosten in Aussicht stellt.

Doch die Zustimmung fällt nicht so groß aus wie von den Initiatoren wohl erhofft. Die SPD-Fraktion im Stuttgarter Rathaus etwa lehnt die Idee, über die B14 wieder einen Fußgängersteg zu bauen, strikt ab. „Das wäre ein Rückschritt und kein Fortschritt für Stuttgart“, meint Fraktionschef Martin Körner. Die Sozialdemokraten präferieren eine ebenerdige Fußgängerquerung zwischen Eugenstraße und Oper. „Die Kulturmeile wird nur dann attraktiver, wenn wir den Fußgängern mehr Raum geben, und zwar ebenerdig, nicht unter oder über der Erde.“

Der Verein „Aufbruch Stuttgart“, zu dessen Gründungsmitgliedern übrigens auch Sobek gehört, kritisiert, dass der Bau eines Steges, sei er auch noch so attraktiv, nur eine kleine Lösung darstelle. Nötig sei aber der große Wurf - der Umbau der B-14-Verkehrsschneise zu einem menschengerechten, einladenden Stadtraum, in dem sich auch Fußgänger und Radfahrer wieder wohlfühlen können, so der Vereinsvorsitzende Wieland Backes.