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Der Stuttgarter Sozialbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) hat nun auch ein Disziplinarverfahren am Hals. Wölfle hatte es beim Regierungspräsidium selbst beantragt.

StuttgartDas Regierungspräsidium (RP) hat ein Disziplinarverfahren gegen Sozialbürgermeister Werner Wölfle (Grüne, Foto) eingeleitet. Dieses hatte Wölfle selbst bei der Behörde beantragt, nachdem gegen ihn im Zusammenhang mit dem Klinikskandal aus dem Gemeinderat der Vorwurf erhoben worden war, er habe in seiner Zeit als Krankenhausbürgermeister von einem fragwürdigen Geschäft des städtischen Klinikums mit Kuwait mehr gewusst, als er bis dahin zugegeben hatte. Der Schritt des RP folgt auf die nun eingeleiteten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Wölfle wegen des Verdachts der Untreue zu Lasten der Stadt. Das Regierungspräsidium habe „daher auf den Antrag von BM Werner Wölfle ein Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet“.

In der Regel sei mit dem Verdacht einer im Dienst begangenen Straftat der Verdacht eines Dienstvergehens verbunden, so das RP auf Anfrage. Im gleichen Zug hat die Behörde aber das „Disziplinarverfahren unmittelbar nach der Einleitung ausgesetzt“. Dies sei wegen der „Bindungswirkung“ des Strafverfahrens auf das Disziplinarverfahren „üblich“. Je nachdem, wie ersteres verlaufe, behalte man sich aber „weitere Schritte“vor. Was das für Werner Wölfle, der derzeit krank geschrieben ist, bedeutet, ist noch unklar. Grundsätzlich könnte daraufhin zum Beispiel eine vorläufige Dienstenthebung folgen. Ein solcher Schritt wäre nach dem Landesdisziplinargesetz aber an Bedingungen geknüpft. So müssten schwerwiegende disziplinarische Konsequenzen für den Betreffenden schon jetzt absehbar sein. Oder der Dienstbetrieb wäre bei einem Verbleib im Amt wesentlich beeinträchtigt.

Erster Zwischenbericht

Unterdessen hat der Akteneinsichtsausschuss des Gemeinderats, der die politische Aufarbeitung der Vorgänge in der International Unit (IU) des städtischen Klinikums forciert, seinen ersten Zwischenbericht abgeschlossen, heißt es aus Kreisen des Gremiums. In dem Bericht geht es um die Frage, warum die Verwaltung, nachdem man im Dezember 2015 in einem Bericht des Rechnungsprüfungsamtes (RPA) Hinweise auf gravierende Pflichtversäumnisse des damaligen Klinikgeschäftsführers Ralf-Michael Schmitz bei der Kontrolle der IU gefunden hatte, diesen dennoch nicht fristlos gekündigt habe. Stattdessen wurde im März 2016 ein Aufhebungsvertrag abgeschlossen, der bis heute umstrittene „goldene Handschlag“.

Die Mitglieder des Akteneinsichtsausschusses sind mehrheitlich der Auffassung, dass die Rathausspitze nach dem Dezember 2015 die Zwei-Wochen-Frist für eine außerordentliche Kündigung versäumt und dies dem Rat bewusst verschwiegen habe. Als man sich im März 2016 von Schmitz trennte, sei diese Frist abgelaufen gewesen, die Stadt habe nur noch die Alternative der teuren Abfindung gehabt. Auch ein von der Verwaltung beauftragtes Rechtsgutachten vom Februar 2016, welches eine außerordentliche Kündigung für möglich erachtete und den Fristablauf angesprochen habe, sei dem Rat vorenthalten und stattdessen seien nur andere Abwägungsgründe vorgetragen worden. Noch im März 2017 habe Werner Wölfle einem Rathausmitarbeiter erklärt, die mögliche „Verfristung“ gegenüber dem Rat nicht zu erwähnen, da dies Fragen aufwerfe. Die Verwaltungsspitze hat sich schon mehrfach dieser Lesart entgegengestellt. So habe man im Dezember 2015 nur Anhaltspunkte für Pflichtverletzungen des Geschäftsführers gehabt, dies habe auch das Gutachten vom Februar 2016 so dargelegt. Im Zentrum der Abwägung habe ein schneller Neustart im Klinikum, das in Schieflage geraten war, gestanden, was mit einem womöglich Jahre dauernden Arbeitsgerichtsprozess mit hohem Risiko nicht möglich gewesen wäre. Die Staatswaltschaft habe gebeten, den RPA-Bericht nicht weiterzugeben. Der Verwaltung fehlte offenkundig das Vertrauen, dass sich auch der Rat an diese Vorgabe halten würde.

Nach den Vorstellungen des Akteneinsichtsausschusses sollen beide Positionen im Rat am 28. März diskutiert werden. Bis dahin wollen die Grünen ein Sondervotum abgeben, sie sind mit dem Bericht nicht einverstanden. Klar ist, dass der Ausschuss den früheren Klinikgeschäftsführer und den ehemaligen IU-Leiter nicht anhören darf. Ein externes Gutachten der Stadt besagt, dass das Gremium nach der Gemeindeordnung nur vorhandene Akten einsehen, aber selbst keine Beweise erheben darf.