(gw) - „Ein Buch, das alles gibt und alles verlangt“, schwärmt die Verlagswerbung, und wer Lize Spit liest, wird zustimmen. In Belgien hat ihr Roman „Und es schmilzt“ (S. Fischer Verlag, 22 Euro) auf Anhieb eingeschlagen: Als Debütantin ein Jahr lang auf Platz eins der Bestsellerliste - das muss man ihr erst mal nachmachen. Und Lize Spit hat diesen Erfolg verdient. Eva heißt ihre Protagonistin, die nach vielen Jahren in das belgische Dorf zurückkehrt, in dem sie aufgewachsen ist. Weshalb sie einen Eisblock im Kofferraum hat, erschließt sich nach und nach - genau wie Evas Jugend: Die Eltern Alkoholiker, die Geschwister genau wie sie selbst vom Leben gebeutelt. Evas einziger Halt ist die Freundschaft mit zwei Jungs. Doch auch die ist alles andere als eitel Freude: Pim und Laurens, die mit ihr „Die drei Musketiere“ bilden, haben es faustdick hinter den Ohren, und mit fortschreitender Pubertät werden ihre Jungsspiele immer heftiger. Nun kehrt Eva nach all den Jahren an jenen Ort zurück, an den sie nie mehr zurückkehren wollte. Und sie wird mit Erinnerungen konfrontiert, die sie sich lieber ersparen würde.

Lize Spits Debütroman ist starker Tobak. Manchmal muss man ganz schön schlucken, doch dieser unverblümte Blick auf eine Provinz, die von Idylle meilenweit entfernt ist, macht die Lektüre so nachhaltig. „Um nennenswert zu werden, muss man etwas Nennenswertes über einen anderen erzählen“, sagt die Autorin. „Mit dem Buch wollte ich zeigen, wie eine Situation außer Kontrolle geraten kann - selbst in einer kleinen Gemeinschaft, wenn die Menschen, die einander kennen, wegschauen. Der Leser wird mitschuldig an den Untaten der Romanfiguren, da er nicht eingreifen kann. Ich habe mich entschieden, auch beim Schreiben nicht wegzuschauen.“