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„Abheben und anderes Malheur“ heißt die Ausstellung von Ramon Leyendecker. Im Rahmen der Reihe „Kunst in Zell“ zeigt der Künstler Skulpturen und Malerei.

ES-ZellAbheben und anderes Malheur“ – den ungewöhnlichen Titel der neuen Ausstellung der Initiative „Kunst in Zell“, die im Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung, Außenstelle Esslingen, eröffnet wurde, bezog Außenstellenleiterin Elisabeth Moser auf das berufliche wie auf das private Leben eines jeden Einzelnen: „Wenn man mit hochfliegenden Ideen aufwartet, kann man immer mal wieder auf die Schnauze fallen“, formulierte sie die Wahrscheinlichkeit eines Absturzes nach einem Höhenflug drastisch, „das kann schmerzhaft sein, das kann man aber vielleicht auch mit Humor nehmen.“

Kulturamtsleiter Benedikt Stegmayer beschrieb Ramon Leyendeckers Gestalten als „entrückte Figuren, nicht leicht zu fassen, prekär, weil sie eine menschliche Verletzlichkeit oder Schutzlosigkeit darstellen, und weil viele der Momente, die der Künstler zeigt, flüchtige Momente sind, die nur einen Übergang darstellen.“ Leicht, frei und losgelöst scheinen die plastischen Figuren vor dem gemalten Himmel zu schweben. Stegmayer zitierte Ramon Leyendecker, der unterschiedliche Folgen des Abhebens benennt: „Man hat den Boden unter den Füßen verloren. Man sieht die Welt von oben und damit anders. Man entledigt sich der Sorgen und Niederungen des Lebens. Man weiß nicht mehr genau, wo unten und oben ist. Man hat die Schwere überwunden. Man ist dem Himmel näher. Man schwebt in anderen Gefilden.“ Und nicht jeder muss, wie der von Leyendecker aus Serpentinstein gearbeitete „Ikarus“, abstürzen und scheitern, nachdem er voller Hoffnung losflog und im Übermut zu hoch empor stieg. Immer wieder verwendet Ramon Leyendecker uralte Weinstöcke, knorrig, verdreht, verwachsen, mit aufgesprungener, schorfiger Rinde, die nur noch im Entferntesten daran erinnern, dass sie einst als junge Reben Blätter, Trauben und Wein hervorbrachten. Viele dieser alten Weinreben haben etwas Figürliches, das Leyendecker schnitzend verstärkt und in Skulpturen verwandelt: Metamorphosen. Manche gießt er später in Metall, andere überträgt er mit Acryl auf Leinwand und verfremdet sie. Dieser Dialog zwischen Natur und Mensch, zwischen Skulptur und Malerei ist leicht skizziert, mit sicherer Hand und einem guten Auge für Proportionen schnell hingeworfen und doch so treffend, exakt und sicher ausgeführt. Der Künstler arbeitet mit dem Material, nie gegen es. Er lässt ihm seine Kraft und seine Ursprünglichkeit. Mit nur wenigen Eingriffen legt er Hand an. So entstehen dynamische, nicht festgefügte Werkzyklen, die sich abwandeln und weiterentwickeln. Und die den Betrachter auffordern, weiterzudenken.

Kulturamtsleiter Benedikt Stegmayer lobte die von Edward-Errol Jaffke vor 26 Jahren ins Leben gerufene Initiative „Kunst in Zell“, die das Ausstellungsprogramm mit seiner großen Vielfalt ehrenamtlich stemmt: „Wir haben hier eine wichtige Veranstaltungsreihe im Kunstbereich, die einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zum Kulturleben der Stadt leistet.“ Dass die frühere Landesakademie für Fortbildung und Personalentwicklung an Schulen zum 1. März in der Außenstelle Esslingen des Zentrums für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) aufgegangen ist, kann auch Folgen haben für die Initiative, die gemeinsam mit dem Akademie-Team seit vielen Jahren regelmäßig solche ambitionierten Ausstellungen in das Tagungsgebäude an der Steinbeisstraße holt. Bei der Eröffnung der jüngsten Schau versicherte Elisabeth Moser, vorher Akademie-Direktorin, jetzt Außenstellenleiterin: „Ich werde mich dafür stark machen, dass wir das fortführen können.“

Zu sehen ist die Ausstellung bis zum 4. Oktober am Standort Esslingen des Zentrums für Schulqualität und Lehrerbildung, Steinbeisstraße 1. Der Eintritt ist frei, geöffnet ist montags bis donnerstags von 8.30 bis 16.30 Uhr und freitags von 8.30 bis 14 Uhr.