Silbernes Kinderservice der Prinzessin Sophie von Württemberg. Quelle: Unbekannt

Von Thomas Krazeisen

Stuttgart -Lotto kann süchtig machen - aber auch glücklich. Auch ohne einen Sechser sind in Baden-Württemberg regelmäßig Kunst und Kultur, die von jährlichen Überschüssen der Staatlichen Toto-Lotto GmbH profitieren, unter den Hauptgewinnern. Ein erheblicher Teil dieser Überschüsse fließt nämlich in den Wettmittelfonds, mit dem das Land Sport- und Sozialprojekte, die Denkmalpflege und eben Kunst und Kultur fördert.

Auch das Landesmuseum Württemberg mit einer der fünf staatlichen Kunst- und Kultursammlungen kommt in den Genuss dieser Lotto-Fördermittel. Dank dieser Gelder konnte in den vergangenen Jahren eine Reihe von Kulturschätzen erworben werden. Gestern präsentierte das Landesmuseum im Stuttgarter Alten Schloss Beispiele jener Neuankäufe, die zwischen 2008 und 2016 getätigt wurden - insgesamt handelt es sich um 35 Objekte und Objektgruppen, darunter solche von großer Seltenheit und Konvolute mit zahlreichen Einzelstücken. Einige dieser Neuankäufe finden sich in der Schausammlung „LegendäreMeisterWerke“ wieder.

„Die Erwerbungen sind ein wichtiger Teil unserer Arbeit“, erklärte gestern Cornelia Ewigleben, die Direktorin des Landesmuseums. „Unser Fokus liegt auf Württemberg. Seine Kulturgeschichte wollen wir bewahren.“ Wichtigstes Kriterium bei Neuerwerbungen sei daher - vorausgesetzt, die Provenienz ist einwandfrei geklärt und der Preis lässt sich bezahlen -, dass das Objekt zum Sammlungsprofil passt, so die Chefin des bedeutendsten kulturhistorischen Museums des Landes. Dabei blicke man auch in die Zukunft und frage sich, was künftige Generationen interessieren könnte.

Spitzenwerk ohne Spitzenpreis

Dass solche Spitzenwerke mit Württemberg-Bezug nicht immer nur zu Spitzenpreisen zu haben sind, zeigt das Beispiel des Ölgemäldes „Württemberg in der Neuzeit“ von Ferdinand Keller. Das rund zwei mal ein Meter große Bild vom Ende des 19. Jahrhunderts stellt sehr wahrscheinlich einen Entwurf für eine Wanddekoration im ehemaligen Landesgewerbemuseum - dem heutigen Haus der Wirtschaft - dar. Nicht nur als Dokument eines herausragenden, im Krieg verloren gegangenen Monumentalgemäldes ist dieses Werk, das württembergische Könige, Herzöge und Dichter versammelt, von besonderem Wert für das Landesmuseum. Es spiegelt auch das Selbstverständnis des Landes zu jener Zeit und insbesondere den Rang von Kunst, Kultur und Wissenschaft wider. Das Ölbild wurde erst jüngst für etwa 9000 Euro ersteigert - gemessen an seinem immensen kulturhistorischen Wert ist das fast schon ein Schnäppchenpreis.

Nicht ganz so günstig kam man bei einer Auktion vor vier Jahren zum Zug, als man sich gegen ausländische Bieter durchsetzen musste. Doch mithilfe der Lotto-Gelder konnte das Landesmuseum 2013 für 30 000 Euro eine goldene Medaille für das Haus und damit das Land retten. Die Medaille wurde 1823 anlässlich der Geburt des Kronprinzen Karl von Württemberg angefertigt. Sie zeigt auf der Vorderseite die Eltern, König Wilhelm I. von Württemberg und seine dritte Frau Pauline; auf der Rückseite ist Wirtembergia, also die Personifikation Württembergs, mit dem kleinen Kronprinzen auf dem Arm abgebildet.

Ebenfalls aus Lotterie-Erträgen finanziert werden konnte der Kauf eines für die protestantisch geprägte Mentalitätsgeschichte Württembergs aufschlussreichen Werkes des Genremalers Wilhelm Emil Robert Heck sowie eines Gemäldes von Wilhelm Meyer mit einer Innenansicht eines maurischen Palastes neben der Alhambra - wohl ein Auftragswerk König Wilhelms I. für die Ausstattung der Wilhelma. Außerdem ein 22-teiliges Kinderservice, mit welchem sich seine Tochter Prinzessin Sophie von Württemberg spielerisch in die Tafeletikette bei Hofe einüben konnte; das Silber-Service befand sich bis vor einigen Jahren im Besitz des niederländischen Königshauses und wurde 2011 zurück ersteigert. In der Außenstelle des Landesmuseums im Schloss Waldenbuch sind mit den Fotoserien „Topfpflanzen“ und „Stammtische“ Gegenwartswerke von Volker Schrank zu sehen. Sie konnten 2012 ebenfalls mit Mitteln aus dem sogenannten Zentralfonds erworben werden.

Petra Olschowski, Staatssekretärin im baden-württembergischen Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, erklärte gestern im Alten Schloss, es sei „ein Glücksfall, dass das Land den fünf Staatlichen Kunstsammlungen über den Zentralfonds und die Museumsstiftung derzeit jährlich insgesamt fast 4,2 Millionen Euro zur Verfügung stellen und so bedeutende Kulturschätze für das Land sichern kann.“

Aus dem Etat der Museumsstiftung Baden-Württemberg (jährlich circa 3,5 Millionen Euro), in den auch Spielbankabgaben einfließen, werden spektakuläre Ankäufe von Meisterwerken von Weltrang wie dem Fürstengrab von Gammertingen bestritten. Über den Zentralfonds (jährlich knapp 700 000 Euro), der sich aus Lotto- und Landesmitteln speist, können - nicht minder wichtig - Lücken in den Sammlungen geschlossen werden. In einer weit verzweigten Institution wie dem Landesmuseum, das in 27 Sammlungsbereichen mehr als eine Million Objekte betreut, gibt es davon naturgemäß nicht wenige. Umso wichtiger sind für Cornelia Ewigleben auch künftig die vielen treuen Tipper im Südwesten, „unsere heimlichen Mäzene“.