Mit höchstem Feingefühl und Können bläst Jan Garbarek sein Sax. Foto: Guri Dahl - Guri Dahl

Selten nähert sich Jan Garbarek im Stuttgarter Theaterhaus dem reinen Jazz. Die traumhaften Wanderungen, die dieser Mann auf seinem Saxofon unternimmt, nähren sich weit eher vom melancholischen Schatz norwegischer Folklore, greifen mitunter lateinamerikanische Stile auf, zelebrieren esoterischen Klangzauber.

StuttgartEin großes, helles Trapez spannt sich über der Bühne im Stuttgarter Theaterhaus, Fläche für zarte Farbverläufe, vom ätherisch kühlen Blau ins sinnlich schwere Rot hinein, vollendeter Hintergrund für die Musik von Jan Garbarek. Der Klang seines Saxofons, seine weit atmenden verhallten Melodien eröffnen Garbareks Stuttgarter Konzert vor nahezu ausverkauftem Haus – ein Markenzeichen des Norwegers seit Jahrzehnten schon. Garbarek ist inzwischen 71 Jahre alt, betrat die Jazzbühne 1969, veröffentlichte seither zahlreiche Alben und arbeitete mit vielen Künstlern zusammen.

Selten nähert er sich im Theaterhaus dem Jazz in seiner reinsten Form. Die traumhaften Wanderungen, die dieser Mann auf seinem Instrument unternimmt, nähren sich weit eher vom melancholischen Schatz norwegischer Folklore, greifen mitunter lateinamerikanische Stile auf, zelebrieren esoterischen Klangzauber. Nur einmal steigern Jan Garbarek und sein Perkussionist Trilok Gurtu sich in ein Zusammenspiel hinein, bei dem der sanft wiegende Klang-Vorhang gleichsam zur Seite schwenkt und den Blick freigibt auf Vorbilder wie John Coltrane und Charlie Parker. Gewoben ist dieser Vorhang freilich mit höchstem Feingefühl und Können. Jan Garbarek präsentiert sich zudem als äußerst zurückhaltender Bandleader, lässt seinen Begleitern viel Raum, in dem sie ihre eigene Stilvielfalt ausschreiten können. Den größten Raum gibt Garbarek Trilok Gurtu. Der Inder bestreitet nahezu die Hälfte des Konzerts als Solist oder im Duett mit Garbarek, führt dessen Musik sehr nahe an die diffusen Bereiche der Esoterik, überzeugt dabei aber mit seinem Können und der klanglichen Vielfalt, die er den Becken, Trommeln, Resonanzkörpern entlockt, mit denen er sich umgibt. Gurtu spielt zwei lange Tabla-Soli, führt ganz ohne elektronisches Instrumentarium in unwirkliche Tiefen und haucht dem elegischen Kosmos des Jan Garbarek sogar ein wenig Humor ein.