Eine besondere Tänzerin, ein besonderer Ort, ein besonderer Moment: der Abschied von Sue Jin Kang im Opernhaus Stuttgart am 23. Juli 2016 Quelle: Unbekannt

Die Nürtinger Ruoff-Stiftung zeigt den Tänzer und Choreografen Roman Novitzky als Fotografen.

NürtingenGefeiert als Erster Solist des Stuttgarter Balletts, gefeiert als Choreograf – und nun holt die Ruoff-Stiftung in Nürtingen Roman Novitzky auch noch auf die Kunstbühne: Erstmals gilt dem Fotografen Novitzky eine umfassende Ausstellung.

Hildegard Ruoff lässt sich nicht mit lauten Tönen blenden. „Ein Mensch muss mich interessieren“, sagt sie, „eine Arbeit muss mich interessieren.“ Das braucht mitunter Zeit. Aber wenn sich Ruoff für eine Sache und für einen Menschen entschieden hat, „wird man unheimlich reich beschenkt – mit Aufmerksamkeit“. Die 2017 gestorbene Stuttgarter Objekt- und Bühnenkünstlerin Rosalie hat es so erlebt – 2015 hatte Hildegard Ruoff sie zu einer „Werkstatt-Ausstellung“ eingeladen, zu einem Einblick in die Bildwelt hinter den großen Rosalie-Auftritten.

Aus der Aufmerksamkeit folgt für Hildegard Ruoff Interesse an und Engagement für einen Dialog mit und über Bilder. „Da kann ich sehr konsequent sein“, sagt die Lenkerin der Fritz-und-Hildegard-Ruoff-Stiftung in Nürtingen. Und überraschen. Etwa mit der Ausstellung „Der tanzende Blick. Roman Novitzkys Stuttgarter Ballett“.

„Das interessiert mich“, sagt die Hüterin des künstlerischen Lebenswerks des Bildhauers, Malers und Zeichners Fritz Ruoff knapp. „Wir glauben doch alle, wir wissen, wie Tanz aussieht, wie er wirkt, was Ballett ausmacht. Und dann erleben wir über diese hochspannenden Arbeiten von Roman Novitzky, was noch alles zu entdecken ist. Das ist großartig.“

Roman Novitzky ist im Stuttgarter Ballett mit seiner Kamera nahezu überall dabei – im Ballettsaal ebenso wie bei den Vorstellungen im Opernhaus und Schauspielhaus oder auf den weltweiten Tourneen. Und auf einer Tournee begann denn vor Jahren auch jener Weg, der Novitzky nun auch in der Kunst der Fotografie ins Rampenlicht führt.

„Tänzer, Choreograf, Fotograf – es kommt ganz selten vor, dass jemand in all diesen Bereichen talentiert ist“, sagt Reid Anderson, Intendant des Stuttgarter Balletts. „In der Welt des Musicals“, so Anderson weiter, „würde man so jemanden einen ,triple threat’ nennen – jemand, der sehr gut singen, tanzen und schauspielern und vor allem die ganze Show zusammenhalten kann.“ Und Reid Anderson präzisiert: „So einer ist Roman Novitzky. Er ist immer bereit, hart zu arbeiten, willig, alles auszuprobieren, und hat dann auch noch das Talent, das Wissen, den Instinkt und vor allem die notwendige Demut, seine Arbeit – egal in welchem Bereich – erfolgreich durchzuführen. Das ist ziemlich einzigartig!“ Das Wort Demut ist wichtig. Als Tänzer hat Novitzky mit Choreografen wie Mauro Bigonzetti oder Edward Clug zusammengearbeitet, aber auch Marco Goecke ist hier zu nennen. Und so spiegelt der Dialog des Fotografen Novitzky mit dem Stuttgarter Ballett zugleich in besonderer Weise die Arbeit von Reid Anderson.

Novitzky nähert sich vorsichtig, umsichtig, verschweigt in seinen Aufnahmen auch nicht die Möglichkeit, dass er sich falsch entschieden haben könnte, dass er den Bruchteil einer Sekunde früher oder später hätte auslösen müssen. Ebenso wenig verschweigt Novitzky die enorme Anstrengung hinter der gefeierten Ballett-Leichtigkeit. Doch gerade das erzeugt in eigenwilligem Widerspruch die bildnerische Eigenkraft.

Nicht selten wird aus den Szenerien ein pures Linienspiel – immer noch ist da Friedemann Vogel im Ballettsaal, immer noch Alicia Amatriain in „Bolero“ allein auf der Bühne. Aber zugleich durchmessen Vogels Arme den Raum, wird Amatriains Körper zur schneidenden Vertikale. „Das interessiert mich natürlich besonders“, sagt Hildegard Ruoff. Und: „Jetzt bin ich einfach ungeheuer neugierig auf das, was hier entsteht.“

Die Ausstellung wird an diesem Sonntag, 6. Mai, um 11 Uhr in der Stiftung in Nürtingen (Schellingstraße 12) eröffnet und dauert bis 24. Juni. Öffnungszeiten sind donnerstags (außer feiertags) von 15 bis 18 Uhr und sonntags von 14 bis 18 Uhr.