Ausschnitt des Gemäldes „Bewohner 2“ von Thomas Heger. Foto: Eberle - Eberle

Nichts ist auf Zeit oder für immer auf der Netzhaut eingebrannt, aber die „Nachbilder“ von Thomas Heger entwickeln sich in der Erinnerung über das Gesehene hinaus.

OstfildernWas bleibt, wenn man die Augen schließt? Welche Reize, welche Erinnerungen werden Teil unserer ureigenen Geschichte? Thomas Hegers „Nachbilder“ sind derzeit in der Städtischen Galerie Ostfildern zu sehen. Diese Nachbilder hüllen sich in den Schein des immer Gleichen, leicht Variierten, und alle zusammen sind eine Welt. Dabei ist jedes Bild einzigartig, in sich geschlossen, gerade so wie jeder intensiv erlebte Moment für jeden Einzelnen einzigartig ist. Seine Untersuchungen webt Thomas Heger ein in einen unerschöpflichen, mal abstrakten, mal gegenständlichen Kosmos aus Lineaturen und Flächen und Farben, und inmitten von allem stehen unverrückbar und zart Gefäße und bewegen sich Menschen voll Energie.

Alles steht in engem Kontext zu allem anderen. Aus Farben und Formen generieren sich in Hegers Bildern Landschaften. Sie entwickeln sich allerdings auf dem zweidimensionalen Bildgrund nicht zwingend in eine sowieso nur imaginäre Tiefe, Heger spielt mit Brüchen und linearen Entwicklungen, mit Erwartungen und Gewohnheiten. Die Figuren sind Menschen aus dem Jetzt, etwa der einkaufende Nachbar von nebenan, die Mitschülerin auf dem Heimweg, Flaneure, Menschen mit einem Ziel und Menschen ohne. Sie sind seltsam isoliert. Aber sie stehen in dynamischen Beziehungen zu anderem und im Raum. In diesen Beziehungen bewegen sich die Figuren, aus ihnen lösen sie sich oder sie verschwinden gleich ganz. Sie finden ihren Weg auf einem Bündel aus Linien, baden in Farben, agieren als Läufer oder Freischwimmer.

Der Prozess steht im Mittelpunkt

Manchmal stehen mitten in einer Fläche im Bildraum die Silhouetten von nur angedeuteten, durchscheinenden, überdimensional großen Gefäßen. Ihre Größe und Unverrückbarkeit und Fragilität steht im Kontrast zu den kleinen, bunten, agilen und mobilen Figuren. Es gibt keine wirkliche Hierarchie in Thomas Hegers Bildwelt, vielleicht können die Gefäße im imaginären Raum Orientierung und Halt bieten gegen das Chaos in der unübersichtlichen Welt, wie markante Gebäude oder große Bäume in einer Stadt. Heger interessiert sich für Grenzbereiche, für Momente der Spannung und des Konfliktes, für das Unklare im Klaren, für Scheinbares und Unscheinbares. Und für den Horizont als ideales Gestaltungselement und als Ort, an dem die Sehnsucht die Hoffnung und die Zuversicht trifft. Nichts ist abgeschlossen und auf ewig durchleuchtet und fertig definiert. Heger stellt den Prozess, die Bewegung, in den Mittelpunkt seiner Bilder und der Rezeption. Denn auch der Betrachter findet sich inmitten der Bildwelten in eben diesem Prozess der Verunsicherung, des Versuchs der Verortung, der Bewegung.

Thomas Heger wurde 1961 in Giengen an der Brenz geboren. Er studierte an der Freien Kunstschule Stuttgart und an der Akademie der Bildenden Künste ebenfalls in der Landeshauptstadt. Er arbeitet als Dozent unter anderem in Tübingen, Nürtingen und Stuttgart.

Bis 17. September, Öffnungszeiten: dienstags und donnerstags 15 bis 19 Uhr, samstags 10 bis 12 Uhr und sonntags 15 bis 18 Uhr.