Oft schwarz-weiß, manchmal auch farbig, aber Hauptsache Menschen: Das mag die Fotografin Bärbel Braun. Foto: Bulgrin - Bulgrin

„Augenblicke“ ist der Titel der Fotoausstellung von Bärbel Braun, die am 9. Mai in der Galerie der Stadt Plochingen eröffnet wird.

PlochingenLandschaften sind gar nicht ihre Sache. Viel lieber hat sie Menschen vor der Linse, Individuen, die in ihrer Einmaligkeit Ausdruck haben, mit denen sie während der Aufnahmen kommunizieren kann und die sie ins rechte Licht setzt. Am besten in der warmen Abendsonne. Fotografieren bedeutet für Bärbel Braun Aktion – mit den Menschen sprechen und sie dazu bringen, ihre Scheu abzulegen und sich zu öffnen. Im richtigen Moment dann auf den Auslöser zu drücken, das ist die Kunst der 58-Jährigen. Gut 30 ihrer Werke zeigt sie ab 9. Mai in der Galerie der Stadt Plochingen.

Es sind vor allem junge Menschen, die Bärbel Braun für die von der Initiative Mahlwerk organisierten Ausstellung abgelichtet hat. Diese Vorliebe hängt natürlich auch mit ihrem Beruf zusammen. Die Plochingerin ist Erzieherin. Und sie liebt Kinder, wie man den Fotografien unschwer entnehmen kann. Vier hat sie mit ihrem Mann selbst groß gezogen und wachsen sehen. Nicht von Ungefähr hat die 58-Jährige ihre Tochter Annika auch für das Titelbild der Ausstellung ausgewählt. Es war einer der „Augenblicke“, so auch das Motto der Schau, den Braun so schätzt: ein junger Mensch vor der Kamera, den sie dazu bewegt hat, etwas von sich preiszugeben. In diesem Fall ist es ihre Tochter, die in einem Korsika-Urlaub gedankenverloren und entspannt die Abendstimmung am Strand genießt.

Ob die kleine Maja, die sich eine Hängematte als Lieblingsplatz im Garten ausgesucht hat, Sofia, die etwas trotzig die Arme verschränkt, oder die beiden Freundinnen, die Rücken an Rücken zeigen, wie nah sie sich sind – hinter jeder Fotografie steckt eine kleine Geschichte. Titel mag sie ihren Werken nicht geben. Ihr ist es viel lieber, wenn sich ihnen ein Betrachter unvoreingenommen nähert.

Schon als Jugendliche hat Braun gerne fotografiert, mit ihrer Yashica FX 3, die sie zur Konfirmation geschenkt bekommen hat. „Auch damals schon am liebsten Menschen“, erzählt die Plochingerin. Meistens hat sie sich für Dias entschieden. „Das war einfach am günstigsten.“ Schon in jungen Jahren hat sie gelernt, in der Dunkelkammer Schwarz-Weiß-Fotos zu vergrößern. Wegen der Kinder hat sie ihr Hobby lange vernachlässigt, doch als die Vier aus dem Gröbsten heraus waren, entdeckte sie ihre Liebe für die Fotografie neu. Bei der VHS belegte sie einen Kurs „Fotografieren mit der Digital-Kamera“. Dazu schaffte sie sich eine digitale Kompaktkamera an. Was dabei herauskam, war eher enttäuschend. „Ich war genervt, dass alles auf den Fotos scharf war“, erinnert sie sich. „Mit Tiefenschärfe zu arbeiten, war schwierig.“ Also hat Braun ihren alten Apparat wieder ausgepackt. Im Internet schloss sie sich einer Community an, die sich dem analogen Fotografieren verschrieben hat. Sie lernte, wie man Schwarz-Weiß-Filme entwickelt, und kaufte sich über e-bay einen Vergrößerer. Die Waschküche wurde zur Dunkelkammer umfunktioniert.

Vor etwa zwölf Jahren stieß Braun auf die Lichtbildnergruppe Esslingen, wo sie auf Leute traf, die sie mit ihrem Wissen entscheidend weiterbrachten. Von Sven Grenzemann, einem mittlerweile verstorbenen Berufsfotografen, habe sie viel gelernt, erzählt die 58-Jährige. Zur ihren Lehrmeistern zählte aber auch Markus Längerer. Irgendwann leistete sie sich eine gebrauchte Hasselblad, eine Klassiker-Kamera im Mittelformat, mit der sie am liebsten unterwegs ist. Mit der Hasselblad entstanden auch die Fotos für die Ausstellung, die meisten in Schwarz-Weiß.

Natürlich muss bei den Aufnahmen handwerklich alles passen, ohne Bearbeitung geht es nicht. „Aber bei mir steht nicht die technische Ausführung im Vordergrund“, sagt Braun. „Viel wichtiger ist mir das Emotionale, wenn etwas vor meiner Kamera passiert.“ Im Vordergrund stehe der Mensch, den sie in einer bestimmten Situation ablichtet. Das Drumherum sei zweitrangig. „Ich verrücke keine Möbel, nur damit es ein schönes Foto gibt“, betont sie. Ihr sei es auch egal, ob ein Fuß mal angeschnitten ist. Denn es gebe etwas viel Wichtigeres: „Ich will den Augenblick.“

Die „Augenblick“-Fotografien von Bärbel Braun sind vom 9. Mai bis 22. Juni zu den üblichen Öffnungszeiten in der Galerie der Stadt Plochingen, Marktstraße 36, zu sehen. Die Initiative Mahlwerk lädt am Donnerstag, 9. Mai, um 19.30 Uhr ein zur Vernissage.