Hier erstellt die Wohnbau Wernau das Carré am Herdweg für Gewerbe und 16 Wohnungen. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Weihnachten sollen die Mieter des Posthochhauses im Neubau feiern können. Danach wird das Postgebäude abgebrochen. An seiner Stelle baut Roßmann einen Drogeriemarkt.

WernauVor vier Jahren herrschte im Post-Hochhaus in Wernau große Aufregung. Mieter, die mehr als vier Jahrzehnte dort wohnen, sollten auf ihre alten Tage ausziehen, weil das Gebäude abgebrochen werden soll. Etwa die Hälfte der Mieter hat das Posthaus an der Kirchheimer Straße inzwischen verlassen, die andere Hälfte wird voraussichtlich im Dezember in den Neubau „Carré am Herdweg“ auf der anderen Straßenseite ziehen. „Keinem einzigen Mieter wurde gekündigt“, freut sich Bürgermeister Armin Elbl, dass die Stadt und die Wohnbau Wernau einen friedlichen Weg gefunden haben. „Ich glaube, dass sich der ein oder andere sogar freut, in einen Neubau ziehen zu können“, meint Elbl. Er selbst hat einen weiteren Grund zur Freude: Wenn das Hochhaus abgerissen ist, wird die Drogeriekette Roßmann an dieser Stelle eine Filiale bauen, auf die zudem noch einige Wohnungen gesetzt werden.

Vorfreude auf die neue Wohnung? Das trifft die Stimmung der Bewohner nicht ganz, man arrangiert sich eben. „Wir haben uns damit abgefunden“, sagt Margarete Bagnatelli (81). Immerhin bleibe sie mit ihrem Mann im Stadtzentrum und ihre alte Wohnung müssten sie nicht mehr renovieren. Ähnlich sieht es Brigitte Weiß (76). Sie ist froh, dass die neue Wohnung in der Nähe liegt, aber vor dem Umzug mit ihrem kranken Mann „graust“ es ihr. Unversöhnlich ist dagegen Friedrich Munz. „Es ist nach wie vor eine Vertreibung“, sagt der 87-Jährige. Den Abbruch des Postgebäudes hält er für unnötig. Wie die andern älteren Bewohner nimmt auch das Ehepaar Munz eine etwas kleinere Wohnung im Carré, sodass die Mieterhöhung im Neubau erträglich wird.

Die Bauarbeiten an der Ecke Herdweg/Kirchheimer Straße schienen einige Monate zäh voranzugehen. Die Sicherung der Baugrube sei wegen der Hanglage schwierig gewesen, erklärt Matthias Schneider, Geschäftsführer der Wohnungsbau-Genossenschaft. Umständlich sei auch, dass der Kran mitten auf der Baustelle stehe, da man die Landesstraße nicht sperren könne. Doch nun liege die Decke auf dem Erdgeschoss und es könne zügig nach oben gehen. Ende Mai soll der vierstöckige Rohbau stehen und Mitte Dezember das Haus bezugsfertig. Weihnachten sollen die Mieter in der neuen Wohnung feiern können.

Die restlichen sieben Mietparteien aus dem Posthaus sollen gemeinsam rüberziehen. „Das ist eine gewachsene Gemeinschaft“, meint Schneider. Bisher sind 16 Wohnungen im Carré geplant und ein Ladengeschäft im Erdgeschoss. Denkbar sei auch, dass im ersten Stock ebenfalls Gewerbe einzieht und es nur 13 Wohnungen werden. Der Neubau kostet die Wohnbau Wernau rund sechs Millionen Euro.

Das Posthochhaus, das die Stadt gekauft hat, soll bis April 2020 von der Bildfläche verschwunden sein. Dann will die Stadt den freien Platz an die Firma Roßmann übergeben. Der Kaufvertrag ist abgeschlossen. Roßmann baut selbst. Ins Erdgeschoss kommt der Drogeriemarkt mit 800 Quadratmeter Fläche. Während der Markt sich trapezförmig über das Gelände erstreckt, wird nur ein Quader vorne an der Kirchheimer Straße in die Höhe wachsen. Im ersten Geschoss hat die Drogerie noch Lagerraum, in zwei weiteren Stockwerken entstehen sechs bis acht Wohnungen. Eine Tiefgarage bietet zwölf Stellplätze, entlang der Schulstraße und auf dem Schotterplatz (ehemals Brutzelhäusle) weitere 24 Plätze. Und sechs weitere Stellplätze erhält die Stadt, wenn sie noch im Laufe 2019 zwei kleine Häuser an der Kirchheimer Straße abbrechen lässt.

Ohne Mittel aus dem Landessanierungsprogramm könnte die Stadt das Postareal nicht neu gestalten. Aber selbst 60 Prozent Zuschuss für Grunderwerb und Abbruch plus Roßmann-Geld reichen nicht. Elbl schätzt, dass 1,5 Millionen Euro an der Stadt hängen bleiben. Elbl ist dennoch froh, dass Jahre nach der Schließung der beiden Schlecker-Märkte ein Frequenzbringer ins Zentrum kommt: „So eine Chance kriegt man nicht jedes Jahr.“