So kurz möchte es die Rektorin der Deizisauer Schule nicht. Foto: dpa - dpa

Gemeinschaftsschüler in Deizisau sollen auch im Sommer „angemessene Kleidung“ tragen. Darum bittet die Schuleiterin in einem Elternbrief. Nun wird sie als „Moralpolizei“ angegangen.

DeizisauBauchfreie T-Shirts, sehr kurze Hosen, großzügige Dekolletés oder Muscle-Shirts sind an der Gemeinschaftsschule Deizisau nicht erwünscht. Die Bitte nach „angemessener Kleidung“ von Schulleiterin Angela Haberkorn, in einem Elternbrief formuliert, hat nicht allen Eltern gefallen. Die Rektorin spiele sich als „Moralpolizei“ auf, diese Entscheidung ohne Einbindung sei ein „Eingriff in die verfassungsmäßigen Persönlichkeitsrechte“, heißt es in einem Brief an die Eßlinger Zeitung, der mit „Die Eltern der Gemeinschaftsschule“ unterzeichnet war. Wie viele Eltern dahinter stehen, ist jedoch unklar.

Ablenkung durch freizügige Kleidung störe

Schulleiterin Haberkorn steht zu ihrem Vorgehen. Einen ähnlichen Brief habe sie schon im vergangenen Jahr geschrieben. Das Thema werde auch im Unterricht angesprochen, weil es darum gehe, bei den Schülern eine Sensibilität dafür zu entwickeln, wie sie sich präsentieren. Es gehe um die Fragen, wie man mit seinem Äußeren umgehe, welchen Wert man sich selbst gebe. Diese Absicht hat Haberkorn in ihrem Brief auch den Eltern erläutert und sie gebeten, sie dabei zu unterstützen. Sollten sich Kinder nicht an die Aufforderung halten, werde sie mit ihnen sprechen und sie „gegebenenfalls zum Umziehen nach Hause schicken“.

Ein zweites Ziel sei, Konflikte zu vermeiden. Es komme durchaus vor, dass Schülerinnen, die sich freizügig kleideten und dann gehänselt oder in den Bauch gezwickt werden, sich hinterher bei den Lehrern beklagten. Und schließlich, so argumentiert Haberkorn, gingen die Kinder und Jugendlichen nicht ins Freibad, sondern in eine Bildungseinrichtung, an der Konzentration gefragt sei und Ablenkung durch freizügige Kleidung störe.

Offene Auseinandersetzung mit dem Thema

Mit Schülern habe sie ab und zu gute Gespräche über das Thema geführt. Die würden eher positiv aufnehmen, dass man sich um sie kümmere. Direkt über das Thema zu sprechen, so betont Angela Haberkorn, sei auch der bessere Weg anstatt sich anonym über das zu beschweren, was einem nicht passe. Auch über den Elternbeirat hätten unzufriedene Eltern das Thema setzen können. Mit den Schülern, so kündigt die Rektorin an, werde man sich dann auch über den Zeitungsbericht unterhalten, weil man zeigen wolle, dass man sich an der Schule offen über Themen auseinandersetze. Von einigen Eltern habe sie Zustimmung zu ihrem Brief erfahren. Gestern hat die Schulleiterin außerdem ihr Kollegium zu den bisherigen Erfahrungen befragt. Sie hätten bestätigt, dass die Schüler sich besser kleideten, seitdem der Brief vor zwei Wochen verschickt worden sei.

Das Thema sittliche Kleidung taucht alle paar Jahre irgendwo in Deutschland auf. Die Gemeinschaftsschule Deizisau ist nicht die einzige Schule, die auf angemessene Kleidung pocht. Das Stuttgarter Ministerium für Kultus und Sport gibt der Schulleitung aber keine klare Rückendeckung. „Solange der Schulbetrieb oder der Erziehungsauftrag nicht gefährdet sei, kann eine Schulleitung nicht nach eigenen Moralvorstellungen oder eigenem Geschmack Vorgaben setzen“, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Möglich sei jedoch, auf die Schüler „erzieherisch einzuwirken“.

Anonymer Brief ärgert Elternbeirat

Auf Werterziehung und Schulbetrieb weist Haberkorn in ihrer Begründung durchaus hin, allerdings sind ihre Vorgaben recht konkret: „kurze Hosen nicht kürzer als bis Mitte Oberschenkel“. An diesem Punkt findet der Vorsitzende des Elternbeirats, Peter Rädler, den Kurs der Schulleiterin für etwas überzogen. Grundsätzlich teile er aber die Zielrichtung und das Vorgehen der Schule.

Die anonym geäußerte Kritik im Namen der Elternschaft nennt Rädler anmaßend, sie ärgert ihn gewaltig. „Wenn man eine Lösung will, muss man miteinander kommunizieren“, sagt er. Der Elternbeirat sei dazu da, Probleme aufzugreifen und traue sich, auch mal gegenüber der Schulleitung deutlich Position zu beziehen. Er habe mit der Rektorin über den Elternbrief gesprochen und ihr gesagt, dass er die genaue Festlegung der Hosenlänge nicht nötig finde.