Hier flitzen die Züge künftig mit 250 km/h Richtung Ulm. Für die Neckartalbrücke brauchen sie zwei Sekunden. Foto: Ait Atmane - Ait Atmane

Die Arbeiten an der Neckartalbrücke bei Wendlingen für die ICE-Schnellstrecke Stuttgart-Ulm kommen voran. Gewitter haben die Baustelle bisher verschont

Wendlingen Neben der Autobahnbrücke Wendlingen wächst zurzeit Tag für Tag ihre kleine Schwester für den ICE, die Eisenbahnüberführung Neckartal. Sobald über dem Neckar ausbetoniert ist, wird der Bautrupp die Kreisstraße in Richtung Unterensingen überbrücken. Dann müssen höhere Fahrzeuge einen anderen Weg nehmen. Um die 20 Mitarbeiter arbeiten an der Baustelle „Neckartalbrücke“ für die neue Bahntrasse. Der Trupp der ARGE Max Bögl/Leonhard Weiss mache alles von A bis Z, sagt Peter Wer, der Projektleiter dieses Abschnitts: baggern, Stahlträger platzieren, Bewehrung, Verschalung, Beton gießen. Den mit Abstand höchsten Arbeitsplatz hat der Kranführer, von dem man nur die Füße durch den Glasboden seines Führerhäuschens in gut 20 Metern Höhe sieht.

Hochwasser hat Bau nicht verzögert

Zehn Meter über dem Neckarwasser, auf Höhe der Autobahn, arbeitet eine Handvoll Männer an der Armierung. Weitere hölzerne Schalungsteile liegen bereit. Sie haben eine leicht geschwungene Form, wie die Flügeltür eines Autos: Das prägt die Form des Hohlkastens und gebe der Brücke, wie auch weitere geschwungene Linien, eine „ein bisschen anspruchsvolle Architektur“, sagt Wer – nicht alles nur schlicht rechtwinklig wie an der sechsspurigen Autobahnbrücke daneben. Die Bahnbrücke wird mit ihren zwei Gleisen und 13,5 Metern Breite auch deutlich schmaler und filigraner.

Nach der Brücke wird die Trasse auf einem Erdwall verlaufen, der noch aufgeschüttet wird. Der Blick in Richtung Alb zeigt das Widerlager der nächsten Brücke, die über die Bahnlinie Plochingen-Tübingen führen wird, und noch ein Stück weiter entfernt das Portal des Albvorlandtunnels. Nach unten blickt man dagegen auf eine Überschwemmungsfläche; zwei Mal hatte die Baustelle schon Hochwasser. Im Januar bekam der Kran „nasse Füße“ – aber der könne das verkraften, er sei auf Pfählen verankert, sagt der Projektleiter. Da damals gerade Baustellenpause war, hat sich das nicht auf den Zeitplan ausgewirkt. Ebenso sind die heftigen Gewitter der jüngsten Zeit an dem Standort vorbeigegangen. Es gilt nach wie vor, dass die Brücke bis Ende dieses Jahres fertig sein soll.

Zwischen Erdbodenhöhe und Unterkante Brücke – einschließlich der provisorischen Träger, die später wieder abgebaut werden – sind drei Meter Abstand einzuhalten: Das ist die Schneise für Fledermäuse, eine Auflage für den Naturschutz.

800 Kubikmeter Beton

Der Brückenabschnitt von der Kreisstraße bis zum Neckar ist bereits fertig betoniert, den trapezförmigen Hohlkasten unter der Platte, auf der später die Gleise verlegt werden, kann man begehen. Hier, „im Herzen der Brücke“, ist es angenehm kühl und halbdunkel. Im Boden sind Klappen eingebaut, über die die Widerlager kontrolliert werden können – auch später während des Betriebs. Wie es sich anhören und -fühlen wird, wenn dann ein Zug mit 250 km/h drüberfährt, malt man sich lieber nicht aus. So schnell werden die Züge an dieser Stelle schon sein, bestätigt Jan Dambach, Pressesprecher für das Projekt Stuttgart-Ulm: Gleich nach dem Bahnhof nähmen sie volle Fahrt auf, dann gehe es ohne Halt bis Ulm durch. Über die 136 Meter lange Brücke Neckartal werden sie in knapp zwei Sekunden rauschen. Unter dem fertigen Teil der Brücke wird jetzt schon die Trägerkonstruktion abgebaut, um dann im Anschluss über die Kreisstraße wieder eingesetzt zu werden. Auch die großen Stahlträger, die im März über den Neckar gelegt wurden, bleiben nicht auf Dauer. Wenn der Beton ausgehärtet und die Spannglieder gespannt sind, haben sie ausgedient.

Rund 800 Kubikmeter Beton werden für diese Brücke verbaut. Die Kosten kann der Projektsprecher nur für den gesamten Abschnitt 2.1 mit beiden Brücken und dem erforderlichen Gleisumbau in Oberboihingen und Wendlingen beziffern: rund 24 Millionen Euro.