Längs- oder Schrägparker? Bei dieser Frage zur Neugestaltung der Nellinger Hindenburgstraße wurde nun ein Kompromiss gefunden. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Die Grünen sehen das zentrale Planungsziel, mehr Aufenthaltsqualität, über den Haufen geworfen. Aber die klare Mehrheit des Ostfilderner Gemeinderats votierte für den Kompromiss: 8 von 13 Schrägparkplätzen sollen bei der Umgestaltung der Hindenburgstraße in Nellingen erhalten bleiben. Das Gremium gab damit dem Drängen der Geschäftsleute nach, an diesen, wie sie sagen, bequemer nutzbaren Parkplätzen festzuhalten. Ihre Forderung hatten sie mit 2142 Kunden-Unterschriften untermauert.

Von Harald Flößer

Das Thema hatte in den vergangenen Wochen hohe Wellen geschlagen. Die Pläne des Internationalen Stadtbauateliers Stuttgart (ISA) sahen vor, aus gestalterischen Gründen auf alle 13 Schrägparkplätze zwischen den Einmündungen Bismarck- und Otto-Schuster-Straße zu verzichten. Bei den Einzelhändlern stießen die Planer jedoch auf Widerstand. Längsparken im dichten Verkehrsfluss werde als Stress empfunden, selbst das Ausparken dauere länger, sagt Manuela Schiffner, die Sprecherin der Händler im Bund der Selbstständigen (BdS). Deswegen hatte die Vereinigung drei Wochen lang Unterschriftenlisten in 22 Firmen, Praxen, Büros und Läden ausgelegt. 2142 Kunden unterstützen per Unterschrift das Anliegen des BdS. Angesichts dieses Drucks lenkte die Stadtverwaltung ein und veranlasste bei der ISA eine Alternativplanung. Diese beinhaltet, dass doch acht dieser Schrägparker bestehen bleiben und nur fünf wegfallen. „Wir müssen aufpassen, dass diese Fragestellung nicht ideologisch überhöht wird“, verteidige OB Christof Bolay im Gemeinderat das überraschende Entgegenkommen. Noch im Februar hatte er eine Umplanung als „Salto rückwärts“ abgelehnt.

Theo Hartmann, der Fraktionssprecher der Freien Wähler, signalisierte als Erster Zustimmung: „Wir müssen alle Interessen einbeziehen, besonders die der Kunden, welche in Nellingen einkaufen, Geschäfte erledigen und Arztbesuche machen, und auch die Interessen der Einzelhändler, ohne die wir keine attraktive Einkaufsstraße mehr hätten.“ Aufgabe des Gemeinderats sei es, einen Kompromiss zu finden zwischen mehr Aufenthaltsqualität und Kundenfreundlichkeit. „Keinen besonders gravierenden Einschnitt in die städtebauliche Konzeption“ sieht auch CDU-Fraktionschef Norbert Simianer. Mit der nun gefundenen Lösung würden „die Belange aller weitgehend berücksichtigt“. SPD-Stadtrat Frank Distel sprach von einer schwierigen Abwägung. Im Gegensatz zu seinen Fraktionskollegen lehnte er den Kompromiss ab. Seine Begründung: Das Ausfahren aus Schrägparkplätzen sei „in der Tendenz gefährlicher“.

Scharfe Kritik am neuen Kurs äußerte Grünen-Stadtrat Jürgen Kleih. Es sei seltsam, dass sich der BdS erst jetzt in den Beteiligungsprozess einmische. „Offenbar hat man dort die letzten zwölf Monate verschlafen.“ Angetreten sei man, um mehr Einkaufserlebnis und eine bessere Aufenthaltsqualität in der Hindenburgstraße zu erreichen. Doch nun überlagere „die schräge Diskussion um die Komfortparkplätze zwischen Bismarck- und Otto-Schuster-Straße alle anderen Aspekte“. Kleih bedauerte, dass nun objektive Argumente nicht mehr zählten, „sondern nur das Gefühl, dass hier etwas weggenommen werden soll“. Die Unterschriftenaktion bezeichnete er als „reine Stimmungsmache ohne wirklichen Nutzen“. Natürlich sei man sich im Klaren darüber, „dass der Einzelhandel einen essenziellen Beitrag zu Attraktivität und Qualität leistet“. Doch sei man davon überzeugt, „dass gerade auch der Einzelhandel davon profitiert, wenn potenzielle Kunden sich gerne in der Hindenburgstraße aufhalten.“ Kleih beantragte, den Bereich zwischen Bismarck- und Otto-Schuster-Straße aus dem Planungsbereich herauszunehmen. Denn es sei nicht nötig, Sanierungsmittel zu investieren, um den Status quo zu zementieren. Dieser Antrag wurde jedoch mehrheitlich abgelehnt.

Erst einmal vom Tisch ist der gemeinsame Antrag von Freien Wählern, CDU und SPD, an der Kreuzung Rinnenbach-/Hindenburgstraße einen Kreisel zu errichten. Der Gemeinderat einigte sich auf Vorschlag der Verwaltung darauf, erst eine Verkehrsuntersuchung abzuwarten. Wie berichtet, gibt es Überlegungen, diesen Bereich im Nellinger Westen für Wohnen und Gewerbe zu nutzen.

Ebenfalls grünes Licht gab es für das Vorhaben, im östlichen Bereich der Hindenburgstraße auf Busbuchten zu verzichten. Stattdessen soll es sogenannte Buscaps geben: Zonen auf der Fahrbahn, in denen die Busse halten, um die Fahrgäste ein- und aussteigen zu lassen. Auch das war anfangs ein sehr umstrittenes Thema.