Im Oktober protestierten Eltern und Kinder mit einer Mahnwache vor dem Rathaus. Foto: Andreas Kaier - Andreas Kaier

Ohne den Gemeinderat will die Verwaltung Neuhausens künftig die Gebühren für Kindertageseinrichtungen anpassen. Das löst heftige Proteste aus.

NeuhausenÜber die Erhöhung der Kindergartengebühren möchte die Gemeinde Neuhausen künftig unter Ausschluss der Öffentlichkeit entscheiden. Nach den heftigen Protesten von Eltern gegen die geplante Erhöhung bei einer Nachholsitzung im Oktober (wir berichteten), steht nun in der Sitzung am heutigen Dienstag, 19. November, ein Antrag der Verwaltung auf der Tagesordnung. Dieser gravierende Schritt, über den die Gemeinderäte abstimmen sollen, schlägt schon vor der Sitzung in der Fildergemeinde heftige Wellen.

Die betroffenen Eltern sind über die Pläne der Verwaltung empört. Julia Mattausch formulierte es in einem Brief an unsere Redaktion drastisch. Dabei kritisiert sie den Vorstoß von Bürgermeister Ingo Hacker: „Hier wird für mich als Gesamtelternbeirätin eindeutig der Versuch unternommen, unangenehme demokratische Prozesse zu unterlaufen und sich mehr und mehr zum Alleinherrscher zu erheben. Herr Hacker wünscht keine Mitsprache von Seiten der Elternschaft oder des Gemeinderates, dabei ist doch dies eine wichtige Aufgabe und auch unser Recht als Eltern.“ Verena Lutz hofft, „dass die Gemeinderäte dagegen stimmen.“ Sie befürchtet, dass da künftig jede Diskussion im Keim erstickt werden soll.

Votum für höhere Gebühren

Vor der Nachholsitzung am 11. Oktober hatte der Gesamtelternbeirat eine Mahnwache organisiert. Mütter, Väter und Kinder versammelten sich vor dem Rathaus, um gegen die deutliche Erhöhung der Gebühren für Kindertageseinrichtungen zu protestieren. In der Sitzung stimmte die Mehrheit der Gemeinderäte dann aber auch beim zweiten Termin für die aus ihrer Sicht unvermeidbare „Anpassung der Nutzungsentgelte“.

Zur Vorgeschichte: Wegen eines Formfehlers im Sommer hatte der Gemeinderat Neuhausen den Tagesordnungspunkt auf Geheiß der Rechtsaufsichtsbehörde des Landratsamts wiederholen müssen. In der langen Sitzung vor der Sommerpause war der Tagesordnungspunkt auf den Folgetag verschoben worden. Offenbar hatte die Verwaltung dabei aber vergessen, die Öffentlichkeit einzuladen.

Nun beantragt die Verwaltung, dass das sensible Thema künftig ganz hinter verschlossenen Türen bearbeitet wird. Die Elternvertreter würden gehört und infomiert. In der Vorlage zu Punkt 7 lautet der Beschlussvorschlag: „Die Verwaltung wird ermächtigt, die Anpassung der Nutzungsentgelte für die kommunalen Kindertageseinrichtungen entsprechend der Empfehlungen der Kirchen und der kommunalen Landesverbände ohne weitere Beschlussfassung durch den Gemeinderat zu vollziehen.“ Sowohl die Gemeinde Neuhausen als Träger von Kindertageseinrichtungen als auch die freien Träger von Kindertageseinrichtungen setzten ihre Nutzungsentgelte beziehungsweise Elternbeiträge in den Kindertagesstätten entsprechend dieser Empfehlungen fest. Um die Gremienarbeit „effizienter“ zu gestalten, soll künftig auf eine Diskussion im Gemeinderat verzichtet werden. Bürgermeister Ingo Hacker war gestern für eine Stellungnahme zu diesem Thema nicht zu erreichen. Seine Pressesprecherin Elke Eberle verwies auf die Vorlage. Weitere Informationen gebe es in der Sitzung des Gemeinderats. „Rein rechtlich gibt es da keine Bedenken“, sagt Peter Keck, Pressesprecher des Landratsamts, auf Anfrage unserer Zeitung.

Diskussionsstoff in den Fraktionen

In den Fraktionen wird das Thema noch diskutiert. Mariela Herzog (Freie Wähler) wollte sich gestern noch nicht zu dem Antrag äußern, da sie und ihre Kollegen noch über das Thema sprechen müssten. Für Marius Merkle (CDU) ist dagegen klar, dass er nicht für den Antrag stimmen wird. „Wir sind gewählte Gemeinderäte, deshalb müssen wir unseren Kopf auch für Themen hinhalten, die unbequem sind.“ Merkle und seine Fraktion haben für die Erhöhung votiert. Gerade in so einem Fall findet es der CDU-Fraktionschef wichtig, „das den betroffenen Eltern auch zu vermitteln.“ Gerade bei den Entgelten für Kindertageseinrichtungen will sich Merkle Entscheidungsspielraum vorbehalten: „Deshalb machen wir Politik.“ Auch Roman Krieger, Fraktionschef der SPD, möchte im Sinne der Transparenz nicht auf die Diskussion über die Elternbeiträge im Gemeinderat verzichten: „Es darf einfach nicht sein, dass dieser Diskurs nicht mehr öffentlich stattfindet.“

„Auf gar keinen Fall“ wird Gabriele Probst (IGL) für den Antrag stimmen – da spreche sie auch für ihre gesamte Fraktion. Ihren Unmut über diesen Vorstoß von Bürgermeister Ingo Hacker habe sie schon im Ältestenrat kundgetan. „Wir sind als Politiker gewählt, dass wir uns mit den betroffenen Bürgern auch über unbequeme Themen auseinandersetzen.“ Ein so wichtiges Thema an die Verwaltung zu delegieren, sei zwar rechtlich möglich, „aber da beschneiden wir unsere demokratischen Entscheidungsprozesse.“