Lara (4), Klara (5) und Lukas (6) beobachten fasziniert, wie schnell Ilaida den leckeren Käse findet. Foto: Kerstin Dannath - Kerstin Dannath

Einmal in der Woche bringt Erzieherin Brigitte Ziehl ihren Hund Ilaida mit in die Kita Burggärtle in Köngen. Der Golden Retriever ist längst der Liebling der Kinder.

KöngenUhäh – das ist ja Stinkerkäse“, der vierjährige Marvin in seinem roten Baseball-Sweater und grauer Jogginghose ist wenig begeistert von dem in appetitliche kleinen Vierecke geschnittenen Käse. Deutlich mehr Entzücken ruft das Stück bei der fünfjährigen llaida hervor. Sie schnuppert aufgeregt in der Luft, macht dann aber ganz brav „Sitz“ vor Marvin, versucht offensichtlich das Käsestück mit ihren braunen Augen zu hypnotisieren und harrt der Dinge die da kommen könnten. Zum Beispiel, dass der Käse auf den Boden fällt – dann würde die Golden Retriever-Hündin wohl ein wenig ihre Contenance verlieren. Denn für Käse tut sie (fast) alles. Einen Tag pro Woche besucht llaida seit Oktober 2018 die Kinder in der Köngener Kindertagesstätte Burggärtle. Ihre Besitzerin ist Brigitte Ziehl, die dort seit Jahren als Erzieherin arbeitet.

Erst nach viel Überzeugungsarbeit gab die Gemeinde als Trägerin der Kita ihr Einverständnis für die „Tiergestützte Pädagogik“, die seitdem offiziell in der Konzeption der Kita verankert ist. Auch mussten alle Eltern ihr Einverständnis geben, dass ihr Kind Kontakt zum Hund haben darf. Der Einsatz erfolgt ausschließlich von pädagogischem Fachpersonal mit einem dafür ausgebildeten Tier. Soziale und emotionale Fähigkeiten sollen mit Hilfe des Tieres vermittelt werden. „Das klappt ganz prima“, sagt Brigitte Ziehl und deutet auf Romy (4), die dem Hund ganz gelassen über den Kopf streichelt: „Romy hatte früher große Angst vor Hunden, llaida hat ihr geholfen, Hunde besser zu verstehen.“

Die Kinder sollen verinnerlichen, dass nicht jeder Hund wie llaida ist, erklärt die Erzieherin. Bereits die Züchterin stellte bei einem Wesenstest fest, dass der Welpe sich hervorragend für Therapiezwecke eignet. Solche Tiere brauchen ein ruhiges Wesen, sollen sehr geduldig, friedfertig und in sich gefestigt sein. Eine sensible, einfühlsame Persönlichkeit ist von Vorteil, zugleich müssen sie resistent gegen Stress und Unruhe um sie herum sein. „llaida war von Anfang an ganz ruhig und wollte meist lieber etwas lernen als draußen auf der Wiese mit den anderen Hunden rumtoben“, erzählt Ziehl, die mit ihr eine Ausbildung zum Besuchs- und Therapiehund bei den Maltesern absolvierte.

Die Kinder im Burggärtle dürfen bei jedem Besuchstag frei entscheiden, ob sie mit dem Hund zusammen sein wollen oder nicht. Die Begegnungen finden in Kleingruppen und meistens im Garten statt. „Da toben sie auch einfach mal mit llaida herum, bauen ihr einen Hindernisparcours oder verstecken sich und der Hund muss suchen“, erzählt Ziehl. Ist das Wetter zu schlecht, geht es in den Mehrzweckraum, die übrigen Räume sind für den Vierbeiner tabu. Der Mehrzweckraum wird nach jedem Hundebesuch gereinigt. „Hygiene ist wichtig“, sagt die Erzieherin, die auch alle Kinder nach der Kontaktzeit mit dem Hund zum gründlichen Händewaschen schickt.

Das Feedback von den Eltern ist positiv. Viele der Kinder sind den ganzen Tag in der Kita, da beide Eltern in Vollzeit arbeiten. Da bleibt meistens keine Zeit für ein Haustier. Die Möglichkeiten, den Hund einzusetzen, sind vielfältig – die Spiele hat sich Ziehl meist selbst überlegt. Da müssen die Kinder würfeln, die Zahl erkennen und bei einer „Sechs“ dürfen sie ein Leckerli in einem vierteiligen Kasten verstecken: Jedes der Teile ist allerdings anders zu öffnen – so werden nicht nur die motorischen Fähigkeiten des Hundes gefördert. Auch die Kinder müssen erst mal herausfinden, wie das Ding aufgeht. Vor kurzem haben die Kinder den Hund gebürstet und das ausgebürstete Haar auf vorher von Hand ausgeschnittene kleine Papierhunde geklebt. „Da war ein Junge dabei, der hat nie etwas ausgeschnitten, aber an diesem Tag hat er es gemacht“, erzählt die Erzieherin stolz.

Oder die Käse-Würfel werden nach ausführlicher Begutachtung inklusive lebhafter Diskussion, wessen Käse jetzt am meisten stinkt, in Zeitungspapier gewickelt und zu Bällen geformt. Jedes Kind muss seinen Ball dann in einen Karton werfen. Wenn alle getroffen haben, gibt ein Kind llaida das Kommando „Such“. Die Kinder sehen mit großen Augen zu, wie der Hund im Nu die leckeren Käsestückchen herausfischt. „Boah, die muss echt eine gute Nase haben“, sagt Lukas (6) staunend. Ein gutes Näschen haben aber auch die Kinder, die manchmal an den verschiedenen Leckerlies riechen dürfen und raten, woraus sie sind. Für „ihre“ Ilaida haben die sie schon selbst Leckerlies gebacken – den Thunfisch-Banane-Mix fanden die Kinder und der Hund am besten.

Nebenbei lernen die Kinder auch, was es heißt, ein Tier zu haben, das versorgt werden muss. Ziehl ist es mit am wichtigsten, dass die Kinder ihre Angst verlieren. „Durch fehlende Erfahrungen und Unwissenheit entstehen oft schon im Kindesalter Ängste, die schwer wieder abzubauen sind. Da wollen llaida und ich gegenwirken.“ Ilaida liegt mittlerweile schnarchend auf ihrem Plätzchen in der Ecke des Mehrzweckraums – als Brigitte Ziehl sich nach dem Gespräch die Leine schnappt und die Jacke anzieht, ist die Hündin aber ganz schnell wieder auf den Beinen. Auf dem Weg nach draußen stehen die Krippenkinder am Fenster – denn auch bei den Kinder unter drei Jahren ist Ilaida ein gern gesehener Gast – zum kuscheln.