Auf ihre Fahrräder wollen Beate Jacqué-Schaner (links) und Tanja Schaller beim Weg zur Arbeit nicht verzichten. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Tanja Schaller und Beate Jacqué-Schaner radeln täglich zur Arbeit nach Sielmingen. Allerdings könnte aus ihrer Sicht das Netz auf den Fildern besser sein. In unserer Mobilitätsserie stellen wir sie vor.

NeuhausenFast täglich kommt Tanja Schaller mit dem Fahrrad zur Arbeit. „Nur im Winter bei Eisglätte und Schnee geht das natürlich nicht“, sagt die Mitarbeiterin der Familienbildungsstätte Filderstadt in Sielmingen, die in Neuhausen in der Brühlstraße lebt. Ihre Chefin Beate Jacqué-Schaner, ebenfalls aus Neuhausen, radelt die knapp vier Kilometer in die Wielandstraße 8 ebenfalls richtig gerne. „Manchmal kommen wir als Schlammmonster zur Arbeit“, erzählen die beiden Berufspendlerinnen lachend. Denn die Feldwege, über die sie gerne radeln, sind nicht als offizieller Radweg ausgewiesen und werden daher kaum gepflegt.

„Es wäre schön, wenn da noch nachgebessert würde“, findet Tanja Schaller. Denn diesen Weg nutzten auch viele Schülerinnen und Schüler, die das Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium in Sielmingen besuchen. Wenn es lange geregnet hat, fahren die beiden Frauen den Radweg zwischen Bernhausen und Neuhausen bei Thyssen vorbei. „Ärgerlich ist, dass der bei der Firma Thyssen in Neuhausen plötzlich aufhört“, sagt Jacqué-Schaner. „Wenn viele Leute an der Bushaltestelle stehen, müssen wir auf die viel befahrene Bernhäuser Straße ausweichen.“ Das findet die geübte Radlerin „schon manchmal ziemlich gefährlich.“ Außerdem bemängelt sie, dass im gesamten Filderradwegenetz die Beschilderung manchmal nicht optimal platziert sei. Außerdem fehle auf vielen Radwegen der Filder die Beleuchtung. „Wenn ich einen Abendtermin habe, ist das unangenehm.“

Trotz gewisser Lücken sind die zwei Neuhausenerinnen aber mit dem Radwegenetz auf den Fildern sehr zufrieden. Die vielen Radwege seien gerade auch für Berufspendler attraktiv, finden die beiden. „Wenn jetzt die Körschtalbrücke noch für Radler ausgebaut wird, ist auch die Verbindung nach Ostfildern gut“, sagt Jacqué-Schaner. In den Sommerferien startet das Regierungspräsidium das 400 000 Euro teure Bauprojekt und baut das Viadukt für Radler und Fußgänger aus. Ihre Tochter radle vom Körnerweg in Neuhausen, wo die Familie lebt, nach Nellingen. Bislang führt die etwas verzweigte Strecke über Feldwege. Allerdings könnte aus der Sicht von Tanja Schaller in der Ortsmitte Neuhausens noch mehr für Radfahrer getan werden. „Wir haben nirgends Fahrradstreifen“, bedauert sie. Deshalb suchten sich Radler eben Nebenstraßen, auf denen sie sich bewegen.

Auf Nebenstrecken radelt auch Neuhausens Bürgermeister Ingo Hacker jeden Arbeitstag vom Mähdlenweg ins Rathaus. Die wetterfeste Kleidung hat er in einer Tasche am Lenker immer dabei. „Wenn es richtig schüttet, gehe ich die kurze Strecke zu Fuß und nehme den Regenschirm mit. Der Verwaltungschef will auch seine Mitarbeiter und andere motivieren, sich mehr mit dem Rad fortzubewegen. Wenn man dann allerdings zur Arbeit radle, „braucht man am Arbeitsplatz eigentlich eine Dusche.“ Da will er in seiner eigenen Verwaltung noch nachbessern. „Durch das überregionale Filderradwegenetz sind wir gut mit den anderen Filderkommunen verbunden.“ Dass es in Neuhausen kaum ausgewiesene Wege für Radler gibt, sieht er selbst nicht als Defizit: „Es gibt genügend Seitenstraßen, auf denen Radler sicher vorankommen.“

Das Radeln findet der Verwaltungschef sehr entspannend. „Man fühlt sich einfach gleich viel besser, wenn man sich an der frischen Luft bewegt hat“, ist auch Tanja Schaller überzeugt. Das sieht Beate Jacqué-Schaner ebenso, die manchmal sogar zwei Mal von Neuhausen nach Filderstadt und zurück radelt. „Falls es dann mal ganz schlechtes Wetter gibt oder man müde ist, kann das Rad auch mal in den Bus oder in die S-Bahn.“ Allerdings findet sie bei den Buslinien undurchsichtig, „wann man es mitnehmen darf und wann nicht.“

Einige Busfahrer seien da unkompliziert, die anderen ließen die Radler einfach stehen. Da wünscht sich die Neuhausenerin „mehr Verlässlichkeit“. Sie ist überzeugt, dass das Rad in Kombination mit Bus und Bahn viele Berufspendler auch bei weiteren Strecken zum Umstieg vom eigenen Auto bewegen kann.

Stärken und Schwächen

Gute Anbindung an Flughafen und Autobahn

Busverbindungen auf die Filder, nach Stuttgart und Esslingen gut.

Mit der Tiefgarage im Ochsengarten ausreichend Parkplätze.

Barrierefreiheit im Ort ist nicht optimal.

Kein Bürgerbus, der regelmäßig im Linienverkehr fährt.

Radwege könnten besser sein.

Barrierefreiheit in vielen Straßen noch nicht realisiert.

Zahlen und Fakten

Die Gemeinde Neuhausen hat derzeit 11 950 Einwohnerinnen und Einwohner – die Tendenz ist aber steigend. 4775 Einpendlern stehen nach Angaben des Statistischen Landesamts 4795 Auspendler gegenüber. Weil in der Gemeinde viele große Betriebe ihren Sitz haben, gibt es 6292 Erwerbstätige. Dem stehen rund 6500 Arbeitsplätze gegenüber. Durch die Ausweisung attraktiver Gewerbeflächen mit günstiger Verkehrsanbindung und effektiver Wirtschaftsförderung versucht Bürgermeister Ingo Hacker, Unternehmen gute Perspektiven zu bieten. Das zahlt sich durch rosige Zahlen bei der Gewerbesteuer aus. Durch den Anschluss an die S-Bahn wächst die Gemeinde in rasantem Tempo weiter. Allein im Neubaugebiet Akademiegärten entsteht derzeit Wohnraum für 800 Menschen. Daher ist es eine große Herausforderung für den Gemeinderat, die Infrastruktur entsprechend zu vergrößern und neu auszurichten.