Der Weg ins Plochinger Gymnasium steht nicht allen Kindern offen. Foto: Archivfoto: Bulgrin - Archivfoto: Bulgrin

Eltern, die in dieser Woche Post vom Plochinger Gymnasium bekommen, müssen mit schlechten Nachrichten rechnen. Die Schule muss 40 Schüler abweisen, die Briefe sind unterwegs.

PlochingenGlücklich ist, wer in diesen Tagen keine Post aus dem Plochinger Gymnasium bekommt. Denn das Regierungspräsidium Stuttgart hat der Schulleitung in der vergangenen Woche bestätigt, bei der Auswahl der 150 Kinder, die im Herbst an dem einzigen G8-/G9-Gymnasium im Landkreis Esslingen anfangen können, korrekt vorgegangen zu sein. Schulleiter Heiko Schweigert hat deshalb jetzt die Briefe auf den Weg gebracht, mit denen er zu seinem Leidwesen 40 Kinder enttäuschen muss: Sie können nicht am Plochinger Gymnasium starten. In diesen Briefen steht aber auch, welche anderen Gymnasien in der Umgebung noch Platz haben. Die Aufnahmebescheide für die restlichen 150 Kinder, die im September als Fünftklässler im Plochinger Gymnasium loslegen können, werden hingegen erst Anfang/Mitte Mai verschickt.

Wie berichtet, waren in den vergangenen Jahren am Plochinger Gymnasium jeweils sechs bis sieben Eingangsklassen mit bis zu 200 Schülern zustande gekommen. Dass die baulich auf sechs Züge angelegte und räumlich voll ausgelastete Schule in diesem und zumindest auch noch im kommenden Jahr nur jeweils 150 Kinder neu aufnehmen kann, liegt an einem nur einmaligen, aber strukturell bedingten Problem des hochwachsenden G8-/G9-Modellversuchs: Als er eingerichtet wurde, hatten in Plochingen zeitgleich neben vier G9-Klassen auch zwei G8-Klassen angefangen. Letztere haben ihre Jahrgangsmitschüler mit Versetzung in die Klassenstufe acht überholt. Und sie machen auch ein Jahr früher Abitur. Deshalb machen 2020 nur 55 Abiturienten Platz für neue Fünftklässler – was die Schule schon im Vorgriff zur angezogenen Notbremse zwang, um in zwei Jahren nicht gleich 150 Kinder vor den Kopf zu stoßen.

Obwohl die Stadt und die Schule die Eltern auch in den Nachbarkommunen darauf vorbereitet hatten, dass voraussichtlich nicht alle Kinder im kommenden Schuljahr aufgenommen werden könnten, waren 191 Anmeldungen zusammengekommen. Bei dem daraus resultierenden „Schülerlenkungsverfahren“ – sprich der Abweisung von Schülern und ihre Umverteilung auf andere Häuser – hat die Schule die Regie, das Regierungspräsidium Stuttgart übernimmt beratende Funktion und die Rechtsaufsicht. Denn für solche Verfahren gibt es zwar klare Kriterien. Wie sie greifen, hängt aber immer von der Zusammensetzung der jeweiligen Anmeldungen ab. Mit der Bestätigung aus Stuttgart, dass Schweigert „bei der geplanten Anwendung der Kriterien grundsätzlich korrekt verfährt“, nimmt die für alle Seiten unbefriedigende Hängepartie jetzt ein Ende.

Auch Bürgermeister Frank Buß ist über die Abweisungen nicht glücklich und betont, dass sie nicht im Zusammenhang mit dem Beschluss der Stadt stünden, das Gymnasium bei der anstehenden millionenschweren Sanierung auf sechs Züge zu deckeln. Schulleiter Schweigert hatte sich in Anbetracht der anhaltend hohen Schülerzahlen für sieben ausgesprochen. Der Gemeinderat hatte sein Nein unter anderem damit begründet, dass 70 Prozent der Schüler aus den direkten Nachbarkommunen kämen – die sich aber nicht dauerhaft an der Finanzierung des Plochinger Gymnasiums beteiligen wollten.

Zudem gehört das Gymnasium mit seinen rund 1300 Schülern ohnehin schon zu den größten im Land. 180 Schüler werden künftig „das Maß der Dinge“ in den Eingangsklassen sein, verweist der Bürgermeister auf die Zeiten nach der Sanierung. Zumal er auch die Notwendigkeit sieht, in den Klassenstufen fünf, sechs und sieben zumindest in einem Zug ein Ganztagsangebot einzurichten.

Der Gemeinderat hatte sich zugleich aber auch hinter den Wunsch des Gymnasiums gestellt, weiterhin einen acht- und einen neunjährigen Weg zum Abitur anbieten zu dürfen. Dass die Schülerzahlen in den vergangenen Jahren im Plochinger Gymnasium so nach oben geklettert sind, hängt laut Schulleiter Schweigert jedoch nicht daran, dass Plochingen als einziges Gymnasium im Kreis G9 anbieten darf. „Wir haben kaum Schüler, die deshalb von weiter her zu uns kommen.“ Vielmehr drücke sich in diesem Anstieg der landesweit zu verzeichnende Trend zur Schulart Gymnasium aus. Umso mehr ärgert es den Plochinger Bürgermeister Buß, dass die Grundschulempfehlung bei dem Schülerlenkungsverfahren kein Auswahlkriterium sein durfte.