Spielen jetzt öfter zu Hause. Weil die Kita gehen, unterstützen sich Eltern wie Juliane Schreiber (links) und Tanja Kürner vermehrt untereinander. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Etliche Erzieherwechsel hat die Krippengruppe der Kita „Parkspielerei“ in Ostfildern durchgemacht. Zwei Mütter wollen das nicht mehr mitmachen.

OstfildernTränen und Geschrei sind derzeit keine Seltenheit, wenn Tanja Kürner und Juliane Schreiber ihre zweijährigen Söhne in der Kindertagesstätte „Parkspielerei“ im Ostfilderner Stadtteil Scharnhauser Park abgeben. Denn sie lassen sie dort meist in der Obhut von Fremden. „17 neue Erzieherinnen haben die Kinder innerhalb von eineinhalb Jahren durchmachen müssen“, sagt Schreiber.

Die Diözese Rottenburg-Stuttgart als Trägerin der Krippengruppe nennt keine konkrete Zahl, wie viele verschiedene Erzieherinnen es gab. Pressesprecherin Manuela Pfann sagt aber: „Es kam im vergangenen Jahr tatsächlich zu einem sehr häufigen Personalwechsel. Gründe waren eine längere Krankheit und eine Schwangerschaft.“ Mit verschiedenen Aushilfskräften sei versucht worden, die Personalausfälle aufzufangen. „In einem Fall wurde eine Erzieherin über eine Zeitarbeitsfirma gewonnen“, so Pfann.

„Wenn es zwei bekannte Gesichter gäbe, dann wäre es ja nicht so schlimm“

Die „Parkspielerei“ bietet Platz für zehn Kinder im Krippenalter und 45 Kindergartenkinder. Die Trägerschaft teilen sich die Stadt Ostfildern und die katholische Kirche. Die Gruppe der unter Dreijährigen befindet sich noch bis Anfang Juli in Trägerschaft der Kirche, danach übernimmt die Stadt. Mit der bisherigen geteilten Trägerschaft sind die beiden Mütter alles andere als zufrieden. „Wir sind schon glücklich, dass die Trägerschaft jetzt wechselt, aber wenn die Stadt gleich mit massiven Fehlentscheidungen in die Aufgabe startet, sind wir natürlich misstrauisch“, sagt Schreiber. Die Fehlentscheidung, von der sie spricht, betrifft eine Erzieherin, die seit Dezember des vergangenen Jahres in der Krippe arbeitet. Die gebürtige Kroatin macht einen sogenannten Anpassungslehrgang. „Sie hat zehn Jahre Berufserfahrung und das merkt man auch“, sagt Kürner. „Die Kinder haben sie schnell ins Herz geschlossen.“ Genau diese Erzieherin soll nun aber wieder gehen. „Die Stadt sagt, sie muss ein Praktikum in einem Hort machen, um den Lehrgang zu bestehen“, so Schreiber. Das stößt bei den Müttern auf Unverständnis. „Seit einem Jahr hören wir erst von der Kirche und dann von der Stadt, es gibt keine Erzieherinnen und der Markt ist leer gefegt“, sagt Schreiber. „Jetzt haben wir mal eine gute und dann wird sie ohne Not weggeschickt.“

Zwar seien es nur drei Monate, aber es sei gerade eine kritische Zeit für die Kinder. „Mitte Mai hat eine weitere neue Erzieherin bei der Kita angefangen, an die müssen sich die Kinder erst noch gewöhnen“, so Kürner. In der Zwischenzeit gebe es nur eine einzige den Kleinen bekannte Erzieherin. „Wenn es zwei bekannte Gesichter gäbe, dann wäre es ja nicht so schlimm“, sagt Schreiber. „Die Stadt kennt die Hintergründe und könnte das Praktikum sicher aufschieben. Das Problem ist also zu 100 Prozent hausgemacht.“

Die Stadt Ostfildern äußert sich zu den Personalangelegenheiten nicht. „Wir werden uns bemühen, eine verlässliche Personalsituation für die Krippe zu schaffen“, sagt Wangner. Die drei Stellen zu besetzen, sei ein Kraftakt gewesen, aber man gehe davon aus, dass sich die Situation bessern werde.

Schreiber und Kürner bezweifeln, dass der Wechsel eine Änderung bringt. „Das Vertrauen ist weg – bei uns und bei den Kindern. So kann das nicht weitergehen. Ich fühle mich, als ob ich meinen Sohn verrate, wenn ich ihn morgens in der Kita abgebe.“

Mütter haben Schreiben verfasst

Um das Problem zu veranschaulichen, haben die Mütter ein Schreiben verfasst, in dem sie die Personalwechsel und die Kürzungen der Öffnungszeiten festgehalten haben. Im März 2018, als Schreiber ihren Sohn in die Kita eingewöhnte, habe es noch drei feste Erzieherin gegeben. „Eine wurde dann krank und musste von verschiedenen Aushilfskräften ersetzt werden“, berichtet Schreiber. Im April und Mai 2018 seien dann die Öffnungszeiten für drei Wochen verkürzt worden. Die Eltern hätten erst Mitte April von der Änderung erfahren und sich gegenseitig mit der Betreuung der Kinder aushelfen müssen. „Zu der Zeit hatten die Kinder auch nur noch eine bekannte Erzieherin“, so Schreiber. Über die kommenden Monate habe es immer wieder ähnliche Vorkommnisse gegeben. „Für insgesamt sieben Wochen wurden die Öffnungszeiten verkürzt“, sagt Schreiber.

Dennoch – sauer sind die beiden Mütter nicht auf die Erzieherinnen oder gar auf die Leitung der Kita. „Im Gegenteil – die Frauen machen alle wirklich gute Arbeit“, sind sie sich einig. „Aber wir kämpfen hier für das Wohl unserer Kinder“, sagt Schreiber. „Und wenn es der erste oder zweite Wechsel von Erzieherinnen gewesen wäre, würden wir uns ja nicht so aufregen. Aber unsere Kinder sind total verunsichert.“ Mittlerweile wolle Schreibers Zweijähriger kaum noch in die Kita gebracht werden, und auch Kürners Sohn klage nach dem Abholen oft, er habe vor Angst geweint. Die Kinder „können aus Sicht von uns Eltern keinen erneuten Erzieherwechsel verkraften“, schreiben die Mütter in einem Appell an die Stadt.

Die beiden Mütter plagen durch die Situation in der Kita Gewissensbisse. „Ich habe oft in der Schule vor einer Klasse gestanden und das Gefühl gehabt, ich lasse meinen Sohn für die Kinder anderer Leute im Stich“, sagt Schreiber. Auch Kürner kennt diese Schuldgefühle. „Es ist ja gesellschaftlich gewollt, dass Mütter arbeiten und sich verwirklichen, aber wenn ich drei Jahre zu Hause geblieben wäre, um mich um mein Kind zu kümmern, hätte ich diese Gewissensbisse nicht“, sagt sie.

Die Stadt Ostfildern als neue Trägerin gelobt Besserung. Sie hat den Erzieherinnen freigestellt, ob sie weiter in der „Parkspielerei“ arbeiten wollen – und fortan für die Stadt arbeiten. Dadurch habe sich die personelle Situation erneut zugespitzt, sagen die Mütter. Am Donnerstag wurde den Eltern mitgeteilt, dass die einzige feste Kraft in der Kita gekündigt habe und nur noch bis Ende Juni dort arbeiten werde. „Wäre die Stadt Ostfildern nicht so fahrlässig mit ihrem Personal umgegangen, wäre die Situation nicht so ausweglos für uns Eltern.“