Highlight der Saison: Die Flammenden Sterne locken jedes Jahr 50 000 Zuschauer nach Ostfildern. Foto: Bulgrin - Bulgrin

In Konstanz steht das Seenachtsfest mitsamt Feuerwerk auf der Kippe. Die Flammenden Sterne in Ostfildern dagegen scheinen für die nächsten fünf Jahre gesichert.

OstfildernPyrotechnik-Begeisterte pilgerten 70 Jahre lang jeden August nach Konstanz, um das größte Seefeuerwerk Deutschlands nicht zu verpassen. Jetzt droht dem Seenachtsfest das Aus, wie die Stuttgarter Zeitung am Mittwoch berichtete. Damit reagiere CDU-Oberbürgermeister Ulrich Burchardt auf die Verhängung des Klimanotstands durch den Gemeinderat im Mai. Da stellt sich die Frage, wie es um die Zukunft eines ganz ähnlichen Events in Ostfildern bestellt ist: nämlich der Flammenden Sterne.

„Drei Tage, drei Feuerwerke, ein Sieger“, wirbt der Veranstalter auf seiner Homepage. Seit 16 Jahren wetteifern Pyrotechniker aus aller Welt drei Abende lang darum, wer den 50 000 Besuchern das beste Feuerwerk bietet. Am Ende entscheidet das Publikum. Dieses Jahr soll die Veranstaltung vom 16. bis 18. August stattfinden. Organisiert wird sie von der Gesellschaft für Marketing- und Presseservice aus Leinfelden-Echterdingen, kurz MPS. Geschäftsführer Jürgen Wünsche verurteilt die Berichterstattung über das Seenachtsfest als „populistisch“: „Die Medien reduzieren die Debatte auf den bekanntesten Aspekt: das Feuerwerk.“ Dabei gehe es dem OB um das Gesamtkonzept der Veranstaltung: Sie soll kleiner werden und weniger touristisch.

Obwohl Feuerwerke lange nicht so umweltschädlich seien, wie behauptet. Laut MPS-Geschäftsführer Wünsche würden die Grenzwerte für Feinstaub sogar deutlich unterschritten: Bei einem vergleichbaren Feuerwerk in Konstanz habe das Umweltbundesamt eine Feinstaubkonzentration von 20 Mikrogramm gemessen. Erlaubt ist in Deutschland laut Umweltbundesamt ein Tagesmittelwert von 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft. In Ostfildern selbst fallen laut Chef-Pyrotechniker Joachim Berner an allen drei Veranstaltungstagen insgesamt 150 Gramm Feinstaub an. „Allerdings werden die Raketen in 200 Metern Höhe abgeschossen“, betont Wünsche. „Da verflüchtigt sich der Feinstaub komplett.“ Außerdem seien die Großfeuerwerke nicht das Problem. „Die machen nur 2,5 Prozent aller Feuerwerke in Deutschland aus, den Rest verböllern Privatleute mit ihren Sylvesterkrachern.“

"Pyrotechnik-Branche mit dem Rücken zur Wand"

Diese Argumente haben wohl auch die Stadt Ostfildern überzeugt, denn laut Wünsche hat sie ihren Vertrag mit MPS gerade um fünf Jahre bis 2024 verlängert. Auch von Heilbronn, Freudenstadt, Weil am Rhein und Gera, wo MPS ebenfalls Events veranstaltet, seien keine Klagen gekommen. „Trotzdem steht die Pyrotechnik-Branche mit dem Rücken zur Wand.“ Deshalb wolle sie nun mittels eines Gutachtens beweisen, dass der Feuerwerk-Feinstaub biologisch abbaubar sei.

Die Vertragsverlängerung mit Veranstalter MPS will Ostfilderns Oberbürgermeister Christoph Bolay nicht bestätigen. „Ich widerspreche aber auch nicht“, lenkt er ein. „Die Fortführung des Feuerwerks steht derzeit jedenfalls nicht in Frage.“ Allerdings rudert Bolay sofort wieder zurück: „Wenn man sich mit Klimawandel befasst, muss alles auf den Prüfstand kommen – auch die Flammenden Sterne.“ Deutlich kritischer bewertet Margarete Schick-Häberle, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Ostfilderner Gemeinderat, das Feuerwerk. „Konstanz ist auf dem richtigen Weg“, lobt sie. „Wenn man das Klima schützen will, muss man eine Diskussion über Feuerwerke führen.“

Schützenhilfe erhält die Grünen-Politikerin vom BUND. Gerhard Pfeifer, Geschäftsführer des Regionalverbands Stuttgart, verurteilt Sylvester als den „schwärzesten Tag im Jahr für die Umwelt“. Dieses Event sei nicht mehr zeitgemäß, weil umweltschädlich – und das gleich in mehrfacher Hinsicht: „Am Neujahrstag gehen die Feinstaubwerte in Stuttgart immer durch die Decke“, beklagt Pfeifer. Außerdem würden Stickoxide, Kohlenmonoxide und Kohlenwasserstoffe in großen Mengen freigesetzt. Diese Gase hätten zwar keine Auswirkungen auf das Klima, verdreckten aber die Luft und gefährdeten die Gesundheit. Erschwerend kämen Lärm, Müll, Verletzungs- und Brandgefahr hinzu. Darum Feuerwerke ganz aus den Städten verbannen will Pfeifer aber nicht. Stattdessen sucht er den Kompromiss: ein zentrales Feuerwerk statt privater Böllerei an allen Ecken und eine Überprüfung von Großfeuerwerken auf ihre Umweltverträglichkeit.

Diesen Qualitätsansprüchen dürften die Flammenden Sterne genügen. Denn Veranstalter MPS legt großen Wert auf Nachhaltigkeit: Anfahrt der Besucher mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Recycling des Abfalls und Kooperation mit Dienstleistern aus der Region sind nur einige Punkte der Umweltoffensive.