Bauen in der Region ja, aber nicht auf den besten Böden, so sieht es die Schutzgemeinschaft Filder. Foto: Bulgrin Foto: EZ

Die Schutzgemeinschaft Filder will dem weiteren Verbrauch guter Ackerböden nicht länger zusehen. Kommunen sollten umdenken, das Land ein Schutzgesetz erlassen.

Filder – Den ertragreichen Filderboden zu bewahren, das schreibt sich die Schutzgemeinschaft Filder schon seit gut 50 Jahren auf die Fahnen.Oft ging es gegen Ausbaupläne des Flughafens und jahrelang gegen den Bau der Messe. Nun will die Schutzgemeinschaft den Flächenverbrauch der Kommunen bremsen, die derzeit nach neuen Wohnbau- und Gewerbearealen gieren. Seit dem Jahr 2000 gingen in der Region Stuttgart mehr als 6000 Hektar landwirtschaftliche Fläche verloren. Ein Kurswechsel ist nicht erkennbar. Allein Filderstadt wolle bis zum Jahr 2030 rund 130 Hektar Fläche verplanen, berichtet Professor Willfried Nobel, der sich seit Jahrzehnten mit Siedlungsökologie befasst.
Steffen Siegel, der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft, fürchtet, dass die Kommunen nun so viele Flächen zubauen, wie man vor zehn Jahren im gemeinsamen Kampf gegen die zweite Startbahn gerettet hatte. „Der Boden ist für alle Zeit kaputt“, betont Siegel, deshalb dürften Gutachter Boden nicht nur als eines von mehreren Kriterien werten, wenn es um die Ausweisung von Bauland gehe. „Wir müssen grundsätzlich umdenken und enkelverträglich handeln.“ Wenn neue Baugebiete für 1000 Einwohner entstünden, wie derzeit in Siegels Heimatgemeinde Neuhausen, dann komme eine Spirale in Gang, weil auch neue Einrichtungen wie Kindergärten und Schulen benötigt würden.
Für den Ökologieprofessor und SPD-Regionalrat Nobel geht es um nicht weniger als einen Paradigmenwechsel: Weg vom Primat des Wachstums. Bei dieser Forderung sieht er Papst Franziskus hinter sich, der gegen die Wachstumsgläubigkeit des Kapitalismus wettert. Und die „planetaren Grenzen“, von denen das Nachhaltigkeitskonzept der Vereinten Nationen (UN) spreche, müsse man auf die Region Stuttgart herunterbrechen. Das würde bedeuten, dass die hervorragenden Agrarböden der Filder die höchste Schutzstufe genießen. Nobel: „Umwidmung in Bauland, Verkehrsflächen und naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnehmen müssen ausgeschlossen bleiben.“ Eigentlich stehe der Schutz der „Vorrangflur“ im Programm der Landwirtschaftsverwaltung des Landes. Notwendig wäre aber, dass der Gesetzgeber Bodenschutzgebiete ausweise.
Deshalb sammelt die Schutzgemeinschaft Filder unter dem Titel „Beste Böden bewahren“ Unterschriften, die der Landesregierung vorgelegt werden sollen. Außerdem, so kündigt SG-Pressesprecherin Gabi Visintin an, wollen man im Vorfeld der Kommunalwahlen 2019 die Parteien und Kandidaten fragen, wie sie es mit dem Bodenschutz halten.
Dass die Schutzgemeinschaft ein schwieriges Terrain beackert, ist den Vorstandsmitgliedern klar. Überall wird über fehlende Wohnungen geredet. Für Willfried Nobel ist das aber kein Grund auf den Fildern zu bauen. Denn in der gesamten Region Stuttgart gebe es einen Puffer, der den Bau von 70 000 Wohneinheiten erlauben würde. Doch in der Praxis sieht es anders aus: So arbeiten Filderkommunen und Regionalverwaltung mit Zielabweichungsverfahren, wenn der Flächennutzungsplan ihren Vorstellungen widerspricht. Und die Flächen entlang der neuen S-Bahntrasse von Bernhausen nach Neuhausen gelten als ideale Baufläche. Nobel fordert dagegen, die Teilfortschreibung des Flächennutzungsplans Filder zu stoppen.
Am Freitag, 29. Juni, lädt die Schutzgemeinschaft um 19 Uhr zu einer Veranstaltung ins Bürgerzentrum Bernhausen, Hauptstraße 2, ein. Vier Impulsvorträge zum Thema „Beste Böden bewahren“ gehen der Diskussion voraus. Die Redner: Ökologieprofessor Willfried Nobel, der ehemalige Bauernobmann Walter Vohl, BUND-Vorsitzende Brigitte Dahlbender und SG-Vorsitzender Steffen Siegel.