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Nach der Insolvenz von Scheufelen wagen die Graspapier-Spezialisten in Oberlenningen einen schlanken Neustart mit nur noch 26 Mitarbeitern.

LenningenGenau ein Jahr nach dem Neustart mit Graspapier setzt die Oberlenninger Papierfabrik Scheufelen nun auf die Durchwachsene Silphie und andere mehrjährige Pflanzen. Sie sollen den ökologischen Zellstoff für Verpackungen liefern. Das aus Nordamerika stammende Energiebündel, das in einem Jahr bis zu drei Meter hoch wächst, gibt dem Unternehmen seinen Namen: Silphie-Paper heißt die Firma, die am 1. Juli an den Start gegangen ist. Als geschäftsführender Gesellschafter fungiert wie bei der Scheufelen GmbH, die im Februar Insolvenz angemeldet hatte, Stefan Radlmayr.

Statt ehemals 100 Mitarbeitern werden in dem Unternehmen, das nun als zartes Pflänzchen gegründet wurde, nur noch 26 beschäftigt. Darunter sind vier Auszubildende. In einer Betriebsversammlung bekamen diejenigen, die nicht übernommen werden, die Kündigung. Wer bleiben darf, hängt laut Stefan Radlmayr unter anderem von sozialen Gesichtspunkten ab. Dazu sei auch der Betriebsrat gehört worden. Die Scheufelen GmbH wird indes durch den Insolvenzverwalter Philipp Grub abgewickelt.

Silphie-Paper ist eine Forschungs- und Entwicklungsgesellschaft. Entsprechend der deutlich reduzierten Zahl an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kommt nicht wie bisher die große, sondern die kleinste und zudem älteste Papiermaschine 2 zum Einsatz. Pro Tag können so 30 bis 50 Tonnen Papier hergestellt werden. Zum Vergleich: Zu Spitzenzeiten verließen das Lenninger Tal täglich mehr als 600 Tonnen.

In das neue Unternehmen soll das Know-how einfließen, das man durch die Graspapier-Entwicklung erworben hat. Stefan Radlmayr und Ulrich Scheufelen, der dem Unternehmen beratend zur Seite steht, setzen darauf, dass die Durchwachsene Silphie ein homogeneres und festeres Papier liefert. Außerdem soll die Faser den kompletten Verzicht auf Holzzellstoff ermöglichen. Weil die CO2-Bilanz von Produkten immer wichtiger wird, spricht gemäß Stefan Radlmayr viel für den Korbblütler. Die Pflanze binde pro Jahr und Hektar acht Tonnen Kohlenstoff. Die gleiche Fläche Wald hingegen nur 3,5 bis fünf Tonnen. Die gelb blühende, aus Nordamerika stammende Silphie kann in Baden-Württemberg angebaut werden und ist auch für Insekten wie Bienen attraktiv.

Was die Investoren angeht, hält sich Stefan Radlmayr zum jetzigen Zeitpunkt bedeckt. Der Hauptgeldgeber sei er. „Wir haben Partner gefunden, die bei unserem Vorhaben mitziehen wollen“, sagt er. Ziel sei, marktorientiert zu forschen, um mittel- bis langfristig in Lenningen wieder Wurzeln schlagen zu können. „Wir starten nicht mit einem Triumphgefühl“, betont der geschäftsführende Gesellschafter. Für diejenigen, die nicht bleiben können, bedeute der Verlust des Arbeitsplatzes einen harten Schlag.

Wichtig sei es, in Lenningen Jobs zu schaffen und mit dem neuen Unternehmen in wirtschaftlich ruhigeres Fahrwasser zu kommen. Den Traditionsstandort der Papierproduktion, an dem zur Jahrtausendwende noch rund 1000 Mitarbeiter beschäftigt waren, möchte Stefan Radlmayr als Keimzelle für die Papierherstellung erhalten. Das neue Projekt schließt außer Lenningen noch andere Standorte ein. Perfekt würde im Übrigen das von Grünen und CDU im Koalitionsvertrag vorgesehene Laubholzinstitut des Landes passen.

Das neu gegründete Unternehmen Silphie-Paper beansprucht nur rund ein Drittel des Areals. Deshalb begrüßt Stefan Radlmayr die Bemühungen der Gemeinde Lenningen und der Scheufelen Grundstücksgesellschaft, Ideen für die Zukunft des riesigen Firmengeländes zu entwickeln.