Geschäftsführerin Tanja Haenchen und Entwicklungsleiter Klaus G. Wagner präsentieren die neue Dichtung „Servoseal“. Foto: Kaier Quelle: Unbekannt

Von Andreas Kaier

Verbundkunststoffe, für die auch Carbonfasern verwendet werden, sind bei der Herbert Hänchen GmbH & Co. KG in Ostfildern-Ruit ein Schlüssel für neue Lösungen beim Bau von Hydraulikzylindern. Diese Kompetenz hat zur Entwicklung einer neuen Dichtung geführt, die die Vorteile anderer Dichtungssysteme vereint, ohne zugleich deren Nachteile zu übernehmen. „Servoseal“ arbeitet fast völlig verschleißfrei und verliert im Betrieb kein Hydrauliköl. Einsatzbereiche sind vor allem Test- oder Prüfzylinder, es gibt aber auch andere Anwendungen.

Für Klaus G. Wagner, den Leiter der Entwicklung, ist die neue Dichtung „fast schon die Quadratur des Kreises“. Gemeinsam mit Tanja Hänchen, einer der drei Geschäftsführer des Familienunternehmens, das 1925 in Schlesien gegründet wurde und seit 1952 in Ruit seinen Sitz hat, stellte Wagner das neue Produkt öffentlich vor.

Bislang waren sehr kurze Laufwege von Kolben und sehr schnelle Ein- und Ausfahrbewegungen von Kolbenstangen problematisch - die Hydraulikzylinder gingen wegen der starken Reibung sehr schnell kaputt oder verloren je nach Dichtungssystem sehr viel Funktionsöl. Solche Probleme beseitige die Dichtung „Servoseal“, erklären Wagner und Hänchen. Eine Carbonfaser, die in einen Kunststoffring eingearbeitet ist, arbeitet nahezu berührungslos und ist fast völlig dicht. Die Folge: Die Zylinder verschleißen nicht mehr und verlieren kaum Öl. „Man kann die Tropfen höchstens noch einzeln zählen“, sagt Wagner.

„Mit den neuen Dichtungen können wir Anwendungen realisieren, die wir früher nicht machen konnten, hebt der Entwicklungsleiter hervor. Das biete den Kunden ganz neue Möglichkeiten. Eingesetzt werden die neuen Dichtungen vor allem in Hydraulikzylindern, die auf Prüfständen zum Einsatz kommen und besonders hohen Belastungen ausgesetzt sind, beispielsweise beim Test von Flugzeugteilen. Doch „Servoseal“ hat noch weitere Vorteile. Wegen der besonderen technischen Eigenschaften können schlankere und leichtere Zylinder eingesetzt werden, die zudem langlebiger sind. „Alles in allem wird es für den Kunden günstiger“, betonte Wagner.

Tanja Hänchen hofft deshalb, „zusätzliche Marktanteile abgreifen zu können“. Marketingleiterin Sarah Bässler verspricht sich von den neuen Dichtungen „weltweit riesige Wettbewerbsvorteile“. Um diese zu garantieren, sollen die patentrechtlich geschützten Dichtungen ausschließlich in Hydraulikzylinder eingebaut werden, die das Ostfilderner Unternehmen selbst produziert. Doch auch eine Nachrüstung alter Hänchen-Zylinder ist laut Wagner möglich. „Wir müssen aber schauen, ob das wirtschaftlich und technologisch sinnvoll ist.“

Sowohl Hänchen als auch Wagner bekannten sich vor diesem Hintergrund klar zum Standort in Ruit und kündigten für das kommende Jahr weitere Investitionen an. In Ruit und im Zweigwerk im bayerischen Oettingen beschäftigt Hänchen fast 200 Mitarbeiter und macht einen Umsatz von ungefähr 20 Millionen Euro. Vertriebsgesellschaften gibt es neben der Schweiz und Frankreich auch in China.