Die Geldgeber setzen auf Produkte aus Graspapier. Foto: Jacques - Jacques

Die Oberlenninger Firma Scheufelen freut sich über weitere Investoren. Die Papierfabrik hatte zuvor mit ihren Graspapierprodukten Schlagzeilen gemacht.

LenningenDrei weitere Investoren setzen auf die Oberlenninger Firma Scheufelen. Namen will Ulrich Scheufelen allerdings nicht nennen. Mit den neuen Geldgebern verbunden ist eine deutliche Erhöhung des Eigenkapitals. Der Fondsgründer Jochen Wermuth hat das Potenzial der Graspapierprodukte erkannt und die Investorensuche vorangetrieben: „Wie freuen uns, dass wir einen weiteren Anstoß geben, damit die Papier- und Verpackungsindustrie weltweit nachhaltiger wird“, sagt er. Das neue Kapital wird für den Ausbau der Produktion eingesetzt und dient insbesondere dazu, mehr Graspapier für den Einzelhandel und den Lebensmittelbereich herzustellen.

Mit Graspapier, das mit bis zu 50 Prozent Naturfasern aus sonnengetrockneten Gräsern und anderen Einjahrespflanzen produziert wird, hatte das Unternehmen seit Mitte 2017 für eine kleine Revolution auf dem Papiermarkt gesorgt. Die Rohstoffe lassen sich nicht nur kostengünstiger herstellen als die üblicherweise in der Papierproduktion eingesetzte, aus Bäumen gewonnene Zellulose. Im Gegensatz zu deren Herstellung werden auch bis zu 50 Prozent weniger Energie und Chemikalien benötigt. Der deutlich geringere Kohlendioxidausstoß und die Einsparung von Wasser sind weitere Pluspunkte. Zudem stammen die Fasern aus pestizid- und herbizidfreien Flächen.

Eingesetzt wird Graspapier beispielsweise für Wellpapp- und Faltschachteln, Notizblöcke, Bücher, Schreib- und Geschenkpapier. Neben Schalen für Gemüse und Obst, die Scheufelen seit Längerem für Lebensmittelketten und Discounter fertigt, produziert das Lenninger Unternehmen jetzt auch Tüten aus Graspapier. Ein Abnehmer ist der Lebensmittel-Discounter Norma. Wie Ulrich Scheufelen sagt, laufen derzeit aufwendige Versuche auch für andere Discounter, Lebensmittel-und Drogeriemärkte. „Plastik soll schrittweise zurückgedrängt werden. Darin sehen wir ein großes Potenzial für uns.“

Gleiches gilt für Vorstöße, künftig eine Verpackungssteuer auf Einweggeschirr zu erheben, wie sie der Tübinger Gemeinderat vor Weihnachten auf den Weg gebracht hat. „Diese Entwicklung kommt uns entgegen“, sagt Ulrich Scheufelen. „Graspapier bietet umweltbewussten Lebensmittelherstellern, Einzelhandelsketten und deren Kunden einen ökologischen Mehrwert“, meint Geschäftsführer Stefan Radlmayr.

Kläranlage wird umgerüstet

Die neue Investitionsrunde ermögliche, auf diesem spannenden Weg weiterzugehen: „Wir setzen alles daran, die nachhaltigsten und gleichzeitig konkurrenzfähigsten Frischfaserpapiere der Branche herzustellen und unseren Beitrag zu einer nachhaltigeren Verpackungswelt zu leisten“, sagt der Geschäftsführer.

Die Kläranlage ist ein Knackpunkt bei der Umstellung des Unternehmens auf Graspapier: „Wie müssen dort keine großen Veränderungen vornehmen, aber kleine Eingriffe schon“, sagt Ulrich Scheufelen. Der Grund: Graspapier bringt eine andersartige Abwasserbelastung mit sich als Zellstoff. „Während wir Zellulose gereinigt angeliefert bekommen, hat Gras Begleitstoffe wie Proteine“, erklärt Scheufelen. Weil sie leicht löslich und optimales Bakterienfutter seien, müssten sie entfernt werden. Bei der wissenschaftlichen Erforschung konnte die Papierfabrik auf das Fraunhofer Institut zählen.

Positiv vermerkt Ulrich Scheufelen, dass die Firma jetzt schon eine sehr große Kläranlage mit einer großen Kapazität hat. Dennoch müsse sie umgebaut werden. „Das machen wir stufenweise.“ Begonnen werden soll damit dieses Jahr. Auch die Maschinen nach der Graspapierproduktion zu reinigen, ist für die Belegschaft nach wie vor ein größeres Thema. „Wir versuchen, mit Vorschaltstufen die Abläufe zu vereinfachen“, erklärt Scheufelen.