„Fit am Arbeitsplatz“ heißt ein Programm, das Foto: Medius-Kliniken - Medius-Kliniken

Trotz Fachkräftemangels bauen die Medius-Kliniken ihr Personal auf. Mit einem umfassenden Programm werden Mitarbeiter gefördert und betreut.

Kreis Esslingen Was braucht Ihr? Das wurden die Mitarbeiter der Medius-Kliniken auf Workshops gefragt, an allen drei Standorten Ruit, Kirchheim und Nürtingen, in allen Berufsgruppen, auf allen Hierarchieebenen. Dabei ging es nicht nur ums Geld, sondern um Arbeitszeitmodelle, Karrieremöglichkeiten, Gesundheitsvorsorge, Kinderbetreuung und nicht zuletzt um Wertschätzung. „Wir haben nicht nur einen Strauß mit einzelnen Maßnahmen, sondern ein nachhaltiges Konzept, um als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben“, sagt Elvira Benz, die stellvertretende Geschäftsführerin der kreiseigenen Krankenhäuser. Der Fachkräftemangel im Krankenhausbereich zeige sich immer stärker. Aber selbst in diesem umkämpften Markt haben die Medius-Kliniken im vergangenen Jahr ihr Personal um 76 Vollkräfte aufstocken können und zählen nun 2198 Stellen. Zählt man die Köpfe, dann wurde Anfang dieses Jahres die 3000er-Grenze überschritten.

Eine Personallücke gebe es zwar noch, sagt Michael Grubwinkler, Leiter des Personalmanagements, doch bislang habe man keine Station schließen müssen wie manch andere Klinik. Wirtschaftlich arbeitet der Klinikverbund erfolgreich: Seit Jahren gewinnt er mehr Patienten und schreibt schwarze Zahlen. „Ohne Mitarbeiter erreiche ich dieses Ergebnis nicht“, betont Benz.

Eine Rundmail reicht nicht

Mit dem Zertifikat „Beruf und Familie“ haben die Kliniken vor drei Jahren begonnen, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. „Uns hilft das Audit, weil wir einen Fahrplan haben“, sagt Benz. Zudem könnten die Mitarbeiter überprüfen, ob der Betrieb seine Zusagen einhalte. Schon beim Bewerbungsgespräch zeigt die Klinik mit einer speziellen Broschüre, was sie zu bieten hat. Dieser Informationsfluss soll nicht abreißen. Eine Rundmail reiche nicht aus, um alle Zielgruppen zu erreichen, erklärt Pressesprecherin Iris Weichsel. Deshalb hängen Info-Boards in den verschiedenen Arbeitsbereichen. Auch die Putzfrau muss vom neuen Angebot Kinderferiencamp erfahren, sagt Weichsel. Das Camp ist ein Baustein, um Beruf und Arbeit besser unter einen Hut zu bringen, es kam im vorigen Sommer gut an.

Gesundheit und Prävention sind ein weiterer Schwerpunkt in der Mitarbeiter-Pflege. Die Patienten werden älter, sind mehrfach erkrankt und häufiger schwergewichtig. Immer kürzer werdende Liegezeiten führen zu einer Arbeitsverdichtung, weil in der kurzen Zeit intensiver behandelt werde, erläutert Benz. „Fit am Arbeitsplatz“ heißt das Präventionsprogramm. Mitarbeiter des Ruiter Vitalcenters touren durch die Kliniken und bieten drei Trainingseinheiten an, die auf den Arbeitsplatz ausgerichtet sind. Danach können die Angestellten zehn Mal kostenlos im Vitalcenter trainieren und sollten anschließend eigenständig weiter machen. Hinter dem Projekt „Five business“ verbirgt sich ein Übungsgerät, das durch die Abteilungen reist. Geräteparks in Nürtingen und Kirchheim, Betriebssport und ein Leasingmodell für 100 E-Bikes runden das Gesundheitsangebot ab. Das hochwertige Rad, das sich im Laden nicht jeder leisten würde, habe einen Boom ausgelöst, berichtet Grubwinkler. Zum Vorsorge-Konzept gehört zudem, dass auch junge Mitarbeiter über Betriebsrente und Berufsunfähigkeits-Versicherung informiert werden.

Immer ein Thema in der Klinik ist der Abruf aus der Freizeit, weil jemand ausgefallen ist. Das honoriert die Personalabteilung mit Gutscheinen für den Einkauf oder eine Massage.

Personalentwicklung wird in den Medius-Kliniken groß geschrieben. Die Klinik-Akademie offeriert seit Jahren einen dicken Katalog mit Kursen. „Fort- und Weiterbildung sind mit Blick auf den medizinischen Fortschritt existenziell“, sagt Grubwinkler. Leitungen von Stationen und Funktionsbereichen sollen in Kursen lernen, wie sie Belastungssituationen besser meistern können. Denn bei ihnen wirken sich die schwierigen Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen aus. Für Oberärzte ist ein Traineeprogramm Pflicht, bei dem sie lernen, wie gute Führung funktioniert. Genau wie Chefärzte und Pflegedirektoren nimmt auch Elvira Benz an der Führungswerkstatt teil. Zuallererst gilt es jedoch, Mitarbeiter zu gewinnen. Die neue Rekrutierungskampagne für Pflegeschüler setzt auf Social-Media-Kanäle und einen Kino-Clip. Damit die Azubis Gutes über ihre Firma verbreiten, veranstalteten die Kliniken 2018 erstmals einen Azubi-Tag mit Olympiade. Wiedereinsteiger in der Pflege lockt man mit Unterstützungsprogrammen. Gepflegt werden auch langjährige Mitarbeiter, die mit Geschenkboxen geehrt oder in den Ruhestand verabschiedet werden.

Nicht mit Prämien abwerben

Arbeitskräfte im Ausland zu gewinnen, versuchen die Kliniken ebenfalls, zum Beispiel in Serbien und auf den Philippinen. Sie werden bei Behördengängen und der der Wohnungssuche unterstützt, außerdem erhalten sie Sprachkurse für die medizinische Terminologie. Was die Klinikleitung jedoch ablehnt, sind Abwerbeprämien. „Das heizt nur die Spirale an“, sagt Elvira Benz. Ausnahme bildet eine Prämie, die Mitarbeiter bekommen, wenn sie neue Kollegen werben. Dass ihr gesamtes Mitarbeiter-Programm erfolgreich ist, schließt die stellvertretende Geschäftsführerin daraus, dass viele Mitarbeiter, die das Haus verlassen haben, wieder zurückkehren. „Das ist bemerkenswert und geschieht nicht des Geldes wegen, sondern wegen anderer Faktoren“, glaubt Benz.

3000 Mitarbeiter in den Medius-Kliniken

Stellen: Die Medius-Kliniken – sie gehören dem Landkreis Esslingen – sind einer der größten Arbeitgeber im Kreis. Anfang des Jahres wurde die 3000er-Grenze geknackt. Auf Vollstellen umgerechnet werden an den drei Standorten Kirchheim, Nürtingen und Ruit 2180 Stellen gezählt, das sind etwa 100 mehr als im Jahr 2016. Die Kliniken bilden etwa 200 Azubis aus.

Patienten: Die Zahl der Patienten steigt seit Jahren kontinuierlich. 2018 wurden 48 619 Patienten gezählt, rund 650 mehr als im Jahr 2017. Seit der Trendwende im Jahr 2013 – seither schreiben die Kliniken schwarze Zahlen – hat die Zahl der Patienten laut Geschäftsführer Thomas A. Kräh um knapp 20 Prozent zugenommen. Insgesamt verfügen die Medius-Kliniken über 1040 Betten.