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Thomas Hoppe will in seinem Vortrag am Freitag, 19. Oktober, in Köngen das „Potpourri an reichen und bedeutenden Gräbern“ im Südwesten aufzeigen.

KöngenWenn Thomas Hoppe den Mund öffnet, beginnt für jeden Zuhörer eine Zeitreise. Zurück zu den sagenumwobenen Kelten, ihren prunkvollen Gräbern und geheimnisvollen Goldschätzen. Für den Archäologen sind die frühkeltischen Funde wie alte Freunde. Der Referatsleiter für die Bronze- und Eisenzeit am Landesmuseum Württemberg in Stuttgart hantiert mit Objekten aus den beiden bekanntesten Zeitperioden der Kelten, der Hallstatt- und Latènekultur. Hallstatt ist eine winzige Gemeinde in Oberösterreich, La Tène ein kleiner Ort im Schweizer Kanton Neuenburg. Größere, zusammenhängende Ausgrabungen nach ihren Fundorten benennen – „das machen Archäologen gerne“, sagt Hoppe. Doch um Überbleibsel auszumachen, muss man nicht in die Schweiz oder nach Österreich fahren. Die Region muss sich mit den „Heuneburger Funden“ und den „Fürstengräbern“ von Hochdorf nicht verstecken.

„Ein Puzzle aus Indizien“

Der Verein „KeltenWelten“ bezeichnet die Sammlung des Landesmuseum Württemberg als „Schlüsselfunde der älteren vorrömischen Eisenzeit Mitteleuropas schlechthin“. Auch die Region um Esslingen hat einiges zu bieten. Es war das Jahr 1972, als ahnungslose Kinder auf dem Gelände des Köngener Römerparks spielten. Sie entdeckten seltsame Reste eines Gegenstandes mit wunderschönen Verzierungen. Ehrenamtliche Mitarbeitende schauten sich das daraufhin genauer an. Die Überraschung war groß: Es handelte sich um Reste einer sogenannten Breitrandschale, die etwa aus dem achten Jahrhundert stammt. Ein ganzes Grabensemble wurde gefunden – insgesamt etwa 180 Fragmente sind noch erhalten. Einiges davon musste jedoch rekonstruiert werden.

Auch allgemein ist nicht viel überliefert; die Kelten ließen nicht nur ihre Kultur, sondern auch viele Fragezeichen zurück. „Schriftlich ist nur sehr wenig erhalten. Und auch das, was wir wissen, können wir nur durch die Brille anderer betrachten, etwa der Griechen oder der Römer“, erklärt Hoppe. Für Letztere waren die Kelten Gallier, popkulturell haben hier wohl Asterix und Obelix die meisten Spuren hinterlassen. Doch all das demotiviert den Forscher nicht, im Gegenteil. „Ich will die Geschichten aus den Funden herausbekommen“, sagt der 53-Jährige über seine Passion. Hoppe hat Urgeschichte, Vor- und Frühgeschichte, klassische Archäologie sowie Geologie studiert. Zu Beginn seiner Karriere war er noch in Ägypten und Israel zwecks Ausgrabungen unterwegs. Er erinnert etwas an die Kino-Klischees über Archäologen. „Da ist schon etwas dran. Wenn man dort mit Sonnenhut nach irgendwas gräbt, wirkt das wie in den Filmen“, sagt der Historiker. Mit Gummistiefeln in Sümpfen am Bodensee herumzuwaten, entspreche allerdings weniger dem Bild eines Archäologen. Das gehöre allerdings auch dazu.

Jetzt spielt sich sein Forscher-Alltag zwar zwischen Büro und Bücherreihen ab, doch wehmütig wird der 53-Jährige deshalb nicht. Gerade die Ungewissheit darüber, wie die Kelten denn nun eigentlich gelebt haben, treibt ihn an. „Es ist wie ein Puzzle aus Indizien, das man zusammenstellen muss. Die einzelnen Stückchen ergeben irgendwann ein größeres Bild.“ Beispielsweise wisse man, dass es nicht nur Männergräber bei den Kelten gab. Auch Bestattungen von Frauen wurden pompös inszeniert. Hoppe geht davon aus, dass die „keltoi“, wie die Griechen sie nannten, in keiner streng patriarchalisch organisierten Gesellschaft lebten. Bekannt ist zudem, dass es – wie heute – hierarchische Strukturen gab. Genaues weiß man auch hier nicht, doch die Herausbildung einer Elite lässt sich belegen. Die Herausforderung eines Museums bestehe laut Hoppe im gelungenen Erzählen von Geschichten. „Ein Museum ist nicht bloß die Abstellkammer der Geschichte.“

Von den Prunkgräbern gibt es mehr als 300 in Südwestdeutschland. Kelten-Forscher Thomas Hoppe erklärt, dass jede Ausgrabung zur Zerstörung eines Fundortes beiträgt. Wenn erst einmal alles gesammelt und gekennzeichnet wurde, ist der Ursprungszustand nicht mehr wiederherstellbar. Das Köngener Wagengrab ist hierfür beispielhaft. Die starke Beschädigung des Fundes hat auch damit zu tun, dass es bereits ein antikes Grab war – für die Römer. Sie entdeckten die vergrabenen Schätze nicht.

Mission Definition

Wer Thomas Hoppe danach fragt, wer die Kelten denn eigentlich waren, sollte Zeit mitbringen. Die antiken Bewohnerinnen und Bewohner schwimmen begrifflich in einem trüben Teich, aus dem sich nur schwer ein eindeutiges Bild herausfischen lässt. Ein Volk? Verschiedene Stämme? Aus archäologischer oder sprachwissenschaftlicher Sicht? Am ehesten könne man die Kelten als einen komplexen Verbund antiker Volksgruppen der europäischen Eisenzeit verstehen. Komplex deshalb, da die wenigen gesicherten Funde von hochentwickelten sozialen Gefügen zeugen. „Meine Arbeit langweilt mich kein bisschen“, sagt Hoppe. Wer mit ihm spricht, merkt das schnell.

Hoppe hält an diesem Freitag, 19. Oktober, im Römermuseum in Köngen einen Vortrag über früheisenzeitliche Wagengräber in Süddeutschland. Der Titel lautet „Mit zwei Pferdestärken“ . Einlass ist um 19 Uhr, der Eintritt beträgt acht Euro. Hoppe will das „Potpourri an reichen und bedeutenden Gräbern“ im Südwesten aufzeigen – und Köngen in diesen Zusammenhang einordnen.